Logopädie - ab welchem Alter sinnvoll?

vom 29.10.2011, 08:24 Uhr

Vor einiger Zeit habe ich einen Jungen kennengelernt, der damals etwa drei Jahre alt gewesen ist. Inzwischen ist er wohl knapp vier Jahre alt. Aus verschiedenen Gründen besteht kein Kontakt mehr. Mir ist aber bereits beim Kennenlernen aufgefallen, dass das Kind mehrere Buchstaben verwechselt oder nicht richtig aussprechen kann. Die Eltern hatte ich auch darauf hingewiesen, aber sie haben alles schön geredet und selbst im Kindergarten, die dort eine eigene Logopädin als stundenweise Hilfskraft zur Verfügung haben, hat man gesagt, dass erst ab einem Alter von vier bis fünf Jahren eine solche Sprachtherapie stattfinden sollte.

Ich bin da aber echt skeptisch gewesen, weil es eben nicht nur ein Buchstabe war, denn der Kleine nicht aussprechen konnte, sondern mehrere. Auch das eher locker-lässige Verhalten der Eltern, dies sei nicht alles ganz so schlimm, fand ich erschreckend. Gut, damit müssen die Eltern selbst zurecht kommen, aber das Kind ist letztendlich die leidtragende Person.

Ab welchem Alter wird eine solche Sprachtherapie wirklich empfohlen? Sollte man als Eltern, wenn man im Kindergarten keine Hilfe erhält, sich selbst um eine Sprachtherapie kümmern? Wie sieht es mit den Kosten aus? Werden diese von der Krankenkasse getragen oder müssen die Eltern diese selbst zahlen?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Auch wenn der Kindergarten da (oftmals) keine Hilfe ist, sollte man mal mit dem Kinderarzt sprechen, ob so ein "Sprachfehler" in diesem Alter noch als normal gilt. Denn oftmals ist es so, dass man sich als Außenstehender mehr Gedanken macht als die Eltern, die ihr Kind jeden Tag hören und den Sprachfehler gar nicht mehr mitbekommen.

Dann kann man auch als Elternteil einfach mal zu einem Logopäden gehen und das Kind vorstellen. Egal in welchem Alter. Der Logopäde wird auch genau wissen, ob sowas behandlungsbedürftig ist oder ob sich das in der Regel von alleine wieder gibt.

Ein Kind mit 4 Jahren muss noch nicht perfekt sprechen. Es verwechselt schon mal Buchststaben. So hat mein Sohn schon sehr früh schön gesprochen. Aber wenn er ein Wort mit "Gr" sagen sollte, sagte er "Dr". Er sagte also nicht grün, sondern drün. Er kam in den Kindergarten und dann auch noch ausgerechnet in die "grüne Gruppe". Als er dann von den Kindern angesprochen wurde hat er es sich dann selber beigebracht. Ich konnte mit ihm reden wie ich wollte. Da hatte ich sogar das Gefühl, dass er extra "drüne Druppe" sagte. Irgendwann kam er und sagte "grüne Gruppe".

Es gibt auch viele Kinder, die nicht Kindergarten, sondern Tinderdarten sagen. Da wird das K zum T und das G zum D. Auch das gibt sich in der Regel ca mit dem 5. Lebensjahr. Aber um ganz sicher zu gehen, kann man einen Termin beim Logopäden machen, der sich das Kind einmal anhört. Sowas wird auch von der Krankenkasse bezahlt, wenn es erst einmal ein Beratungsgespräch ist. Wenn der Logopäde dann sagt, dass es notwendig ist, zahlt die Krankenkasse auch weiter.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Mein Sohn wird in ein paar Monaten 3 Jahre alt. Sprachlich hängt er der "Norm" hinterher. Besonders deutlich wurde uns das, als er vor gut einem Monat in den Kindergarten kam. Man sollte sein Kind natürlich nicht unter Druck setzen und ich denke, dass vergleichen mit anderen Kindern ist auch nicht immer so förderlich. Unsere Kinderärztin ist auf das Problem gut eingegangen. Sie lässt dem Kleinen bis zur U7a Zeit. Sie sprach davon, dass Jungs oft Wortsammler sind und die Wörter erst nach und nach "rausbrechen". Ein bisschen können wir dem auch schon zustimmen. Seit er in den Kindergarten geht ist er sprachlich viel aktiver geworden und hat viele neue Wörter gelernt.

Das im Kindergarten nicht reagiert worden sein soll, kann ich persönlich nicht verstehen. Die Erzieherin unseres Sohnes kam gleich nach der Eingewöhnungszeit auf mich zu und berichtete mir von ihrem Eindruck und empfahl mir nach dem Ergebnis der U7a Untersuchung auf jeden Fall, wenn noch nötig, einen Logopäden aufzusuchen und mit dem Kleinen ggf. eine Sprachtherapie zu machen. Sie meinte weiter, dass es schon relativ früh sinnvoll sein kann. Er müsste schließlich jetzt aufholen, damit er den Anschluss nicht verpasst. Sie informierte mich darüber das dies auf jeden Fall kostenfrei sei und man keine Skrupel haben sollte dieses "Angebot" auch anzunehmen. Es würde mehr Kinder betreffen als man denkt. Aber viele Eltern würden das auf die leichte Schulter nehmen und lieber sagen: "Mein Kind hat sein eigenes Tempo. Das kommt schon irgendwann von alleine.", bedingt sei dies richtig, aber Logopäden könnten einen wesentlichen Reiz schaffen zum aktiven Sprachgebrauch.

Also für uns heißt es jetzt, wie bereits geschrieben, warten bis zur U7a. Wenn die Ergebnisse vorliegen (der Kleine ist dann etwas über drei Jahre alt), und eine gezielte Sprachförderung notwendig sein sollte, würde ich dies mit meinem Kind auch auf jeden Fall in Anspruch nehmen. Schaden kann es nicht. Und letzen Endes sollten doch alle Eltern nur das Beste für ihre Kinder wollen. Schön reden hilft dem Kind leider nicht.

» LifeLines » Beiträge: 213 » Talkpoints: 4,50 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich habe ein Praktikum in einer sprach therapeutischen Praxis gemacht und da war von 3-11 Jahren alles dabei. Die meisten Kinder waren so zwischen 5 und 7 und das hat den einfachen Grund, dass solche Fehler oft bei der Untersuchung für die erste Klasse entdeckt werden und dann wird eine Sprachtherapie auch bei kleineren Fehlern empfohlen, damit man diese möglichst früh aufarbeiten kann.

Ich denke nun nicht, dass man mit 3 zu jung dafür ist. Es kommt natürlich auf die Fehler an, denn einiges ändert sich eben im Laufe der Zeit noch, aber erhebliche Fehler sollte man dann schon anfangen zu beseitigen. Das dauert eben auch immer relativ lange, bis die Sprache wieder "normal" und in Ordnung ist und daher ist es sicherlich keine schlechte Idee, damit so früh wie möglich anzufangen. Höchste Eisenbahn wird es dann wie gesagt, wenn bei der Voruntersuchung für die Grundschule noch Fehler festgestellt werden, denn die Sprachfehler verhindern eben auch oft, dass man in der Schule richtig klar kommt und daran sollte man dann schon arbeiten.

Das mit den Kosten ist natürlich ziemlich heikel. Ich war nun in einer richtigen Praxis und da kostet so eine Sitzung von 45 Minuten über 30 Euro. Das wird aber wohl zum Teil von der Krankenkasse finanziert, es kommt eben auch auf die Notwendigkeit an. Im Kindergarten muss man das wohl nicht bezahlen, allerdings sind dort meistens viele Kinder auf einem Haufen und dadurch sinkt auch die Qualität der Einzelbetreuung und damit eben wahrscheinlich auch der Erfolg.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Mesmerizing hat geschrieben:Im Kindergarten muss man das wohl nicht bezahlen, allerdings sind dort meistens viele Kinder auf einem Haufen und dadurch sinkt auch die Qualität der Einzelbetreuung und damit eben wahrscheinlich auch der Erfolg.

Ich habe selbst ja auch in einem Kindergarten gearbeitet, der eine zusätzliche Förderung durch eine Logopädin angeboten hatte. Die Einrichtung selbst war sehr groß, es gab vier Gruppen für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren und etwas abgetrennt noch eine Kinderkrippe mit drei Gruppen, also für die ganz Kleinen. Nun wurde die Sprachtherapie aber nicht für jedes Kind abgehalten, sondern bei denen es sehr auffällig war. Damals waren es relativ wenige Kinder, die zu der Logopädin gegangen sind und entsprechend viel Zeit hatte sie.

Bezahlt wurde sie glaube ich vom Träger. Ich habe es nicht mehr ganz in Erinnerung, weil diese Arbeit leider schon einige Jahre her ist. Sicherlich ersetzt diese Art der Förderung nicht die eigentliche Therapie, aber immerhin ist es ein guter Ansatz gewesen und einigen Kindern konnte schon dadurch sehr gut geholfen werden. Da waren auch dreijährige Kinder dabei gewesen.

In meinem Fallbeispiel war es schon so, dass das Kind sehr viel "durcheinander gebracht" hat und vieles einfach falsch ausgesprochen hat. Die einzelnen Buchstaben konnte das Kind schon anwenden, aber es waren eben nicht nur zwei Buchstaben, die verwechselt wurden, sondern schon erheblich mehr und gerade zu Beginn habe ich das Kind kaum verstanden. Das kam erst mit der Zeit, wenn man sich daran gewöhnt hatte und das kann es doch auch nicht sein.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Es kommt ganz darauf an, was für ein Sprachfehler es genau war. Lispeln und das falsche Aussprechen von "sch"-Lauten ist beispielsweise bis zum Schulbeginn noch als normal anzusehen. Eine richtige Dyslalie (Artikulationsstörung) sollte aber nach Möglichkeit schon früher behandelt werden. Die Sprachentwicklung ist mit 4 Jahren so gut wie abgeschlossen.

Einzelne Laute können dann natürlich immer noch therapiert werden, aber spricht das Kind gänzlich unverständlich, ist es sehr frustrierend für das Kind und sollte von daher früher behandelt werden. Wie früh es tatsächlich Sinn macht, hängt ganz vom Wesen und der Kooperationsbereitschaft des jeweiligen Kindes ab. Ich habe die Erfahrung gemacht, es ist am besten sich mehrere Meinungen einzuholen (von Logopäden, Kinderärzten und Erziehern).

» Sunaika » Beiträge: 323 » Talkpoints: 3,50 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Also mit einem Alter von drei Jahren haben viele Kinder noch Probleme mit der Aussprache, da geht es bei unserer Tochter gleich. Aber mit diesem Alter finde ich die Logopädie noch ein wenig übertrieben. Viele können mit diesem Alter noch fast gar nicht richtig sprechen. Der Sohn von meiner Kusine hat eigentlich erst in der Schule das Sprechen richtig gelernt.

Aber ich kenne auch viele Eltern die das nicht einsehen wollen und mit ihren Kindern zum Logopäden gehen. Eine Bekannte hat das auch mit ihrer fast dreijährigen Tochter gemacht und der Logopäde hat gefragt was sie möchte. Dass die Kinder mit diesem Alter noch nicht alles richtig aussprechen ist doch ganz normal. Aber diese Mutter hat es nicht eingesehen und noch ein paar verschiedene aufgesucht, doch sie bekam von jedem das gleiche zu hören.

Das Beispiel von meiner Kusine finde ich vielleicht ein wenig übertrieben und würde, wenn es gravierende Probleme sind, vermutlich so zwischen vier und fünf Jahren damit beginnen. Außer es sind halt die typischen Kleinkindprobleme die sich sowieso mit der Zeit geben.

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» torka » Beiträge: 4376 » Talkpoints: 7,91 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Generell braucht man eine Überweisung vom Kinderarzt. Viele Kinderärzte sind da aber leider Gottes nicht so Überweisungsfreudig und man hört immer, "das wächst noch raus". Das ist oft ziemlicher Quatsch.

Um auf deinen Fall zurück zu kommen. Kinder mit 3 Jahren können oft noch viele Buchstaben nicht richtig aussprechen, das ist ganz normal (darunter gehören z.B. S, Sch, oft auch K Laute). Wenn das Kind aber nuschelt und es sehr undeutlich spricht bin ich auch dafür das Kind einer Logopädin vorzustellen. Du hast ja geschrieben, im Kindergarten wäre eine und die hätte gesagt es sei noch nicht nötig.

Wenn es sich allerdings in einigen Monaten nicht ändert, würde ich zu einer anderen Logopädin gehe und sie auch nochmal um Rat fragen.

» Lady86 » Beiträge: 671 » Talkpoints: 12,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Mein Sohn geht auch zur Logopädin. Als er drei Jahre alt war, waren wir bei der Vorsorgeuntersuchung U7a und da wurde eine Sprachentwicklungsverzögerung festgestellt. Er hat kaum Sätze gesprochen und viele Buchstaben verwechselt. Die Kinderärztin meinte dann, er würde wahrscheinlich nicht so gut hören und hat uns zu einem HNO-Arzt überwiesen, der speziell auf Kinder mit Sprachstörungen spezialisiert ist. Der hat uns dann wiederum an eine Logopädin überwiesen, weil mein Sohn keinerlei Probleme mit dem Gehör hatte. Dort haben wir dann erst einmal 10 Behandlungen bekommen. Mittlerweile geht er seit einem halben Jahr einmal wöchentlich hin und seine Sprache hat sich schon immens verbessert.

Die Kinderärztin hätte mir die Sprachtherapie nicht verschrieben, weil sie eben auch der Meinung war, dass sich das Ganze herauswachsen würde. Die sind da immer etwas sparsam, was die Überweisung an Logopädie angeht. Die Logopädin hat aber selbst gesagt, dass man am besten so früh wie möglich kommt. Manche Kinder sind mit drei Jahren schon bereit und machen gut mit, andere eben noch nicht. Das ist bei jedem Kind anders, aber einen Versuch ist es meiner Meinung nach auf jeden Fall wert. Bei uns hat es echt super geklappt und ich bin auch echt froh, dass der HNO damals so gut reagiert hat. Dem haben wir das zu verdanken. Wenn du der Meinung bist, dass dein Sohn eine Therapie beim Logopäden gut tun würde, würde ich persönlich noch eine weitere Meinung einholen.

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» MeL.G » Beiträge: 4918 » Talkpoints: 16,81 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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