Macht das Betreuungsgeld die Kitas unattraktiver?

vom 13.10.2012, 20:39 Uhr

Ich hatte letztens eine Studie gelesen wonach Deutschland in einem europäischen Quervergleich in punkto unter 3-jährige Kinder in eine Kinderbetreuungsstätte zu geben um einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, einen der letzten Plätze einnahm. Spitzenreiter waren, was ja jetzt wenig verwundert, die skandinavischen Länder wie Dänemark und Schweden, wo rund 80% der jungen Mütter ihre unter 3-jährigen Kinder in Betreuung geben und selbst ihrem Beruf nachgehen. In Deutschland bewegt sich diese Zahl um die 30%.

Als Teilgrund für die wenige Akzeptanz der Kinderbetreuungsstätten für unsere Kleinsten wird unter anderem das doch mehr oder minder komfortable Betreuungsgeld angeführt. Ich persönlich empfinde diese Entwicklung als keine so gute, stehen ja somit Betreuungsgeld und Kitas in unmittelbarer Konkurrenz. Wie seht ihr denn diese Entwicklung, seit ihr da auch schon mittendrin und warum, oder würdet ihr auch stets das Betreuungsgeld einer Krippenbetreuung vorziehen?

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» mareike78 » Beiträge: 96 » Talkpoints: 25,44 »



Meine Kinder sind ab dem ersten Lebensjahr bereits in Betreuung gewesen. Zuerst bei einer Tagesmutter, später in der Kita. Zum Glück gibt es in unserem Bundesland genug Betreuungsmöglichkeiten.

Schon aus finanziellen Gründen würde das Betreuungsgeld für uns nicht in Frage kommen. Die ausgelobten 100 Euro ersetzen nun weder eine Teilzeit- noch eine Vollzeitstelle. Meiner Ansicht nach stellt dieses Betreuungsgeld nur einen Anreiz für Mütter oder Väter dar, zu Hause zu bleiben, wenn der Lebenspartner gut verdient. Es ist eine typische Zuwendung für Besserverdienende. Familien, die auf zwei Einkommen angewiesen sind und diejenigen, die von Arbeitslosengeld 1 oder 2 leben müssen, haben nichts davon.

Außerdem stiehlt sich der Staat aus der Verantwortung, genug Kindergartenplätze einzurichten und speist dafür die Eltern mit einem Bruchteil der eigentlich entstehenden Kosten ab.

» Ariola » Beiträge: 693 » Talkpoints: 4,96 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Tja, ich denke auch, dass diejenigen, die es eigentlich am nötigsten bräuchten, mal wieder gar nichts davon hätten. Beispielsweise eine alleinerziehende Mutter, die Hartz IV bezieht. Solche Leute befinden sich oft in dem Teufelskreis, dass sie keinen KiTa-Platz bekommen, solange sie keinen Job haben, da es eben nicht genügend Plätze gibt, und anderseits bekommen sie auch keinen Job, wenn die Betreuung ihres Kindes nicht sichergestellt ist. Wenn diese Mütter nun also zu Hause bleiben müssen und das Betreuungsgeld bekommen, dann wird es ja mit Sicherheit aufs Hartz IV angerechnet, genauso wie Kindergeld und Elterngeld eben auch, haben sie also keinerlei Nutzen davon.

Bei Familien, die zwar ein Einkommen haben, das aber zu niedrig ist und die so auch aufstockendes Hartz IV benötigen würden, wenn die Mutter zu Hause bliebe, wäre es natürlich das gleiche.

Das Betreuungsgeld würde also nur denjenigen etwas nützen, bei denen das Einkommen des Vaters so hoch ist, dass die Mutter zu Hause bleiben kann, ohne dass die Familie dann auf staatliche Unterstützung angewiesen ist. In Deutschland wird seit Jahren die soziale Ungerechtigkeit kritisiert, aber neue finanzielle Unterstützungen für Familien werden komischerweise immer wieder so konzipiert, dass die Ärmsten, also hauptsächlich Hartz-IV-Familien, nichts davon haben. Genauso ist es ja mit dem Kindergeld, dass zwar zweimal erhöht wurde, aber im Endeffekt eben auch nur für Kinder, deren Eltern kein Hartz IV beziehen, da es bei diesen ja leider voll angerechnet wird.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Dass das Betreuungsgeld dafür sorgt, dass mehr Mütter oder Väter zu Hause bleiben, glaube ich ehrlich gesagt nicht. Was sind schon hundert Euro gegenüber einem Gehalt aus einer Teilzeit- oder sogar Vollzeitstelle? Letztendlich soll natürlich mitunter bewirkt werden, dass Eltern nicht den Rechtsanspruch wahrnehmen, der für Kinder ab zwei Jahren gedacht ist und eben ab kommenden Jahr für Kinder im Kleinstkindalter. Letztendlich wird das Betreuungsgeld schon eher als etwas gesehen, was mehr der Bundesregierung als denn den Eltern selbst dient.

In Deutschland ist es ja auch noch verpönt, ein Kind im Alter unter drei Jahren überhaupt in eine Fremdbetreuung zu gehen. Erst langsam wird es scheinbar dahingehend sein, dass dort ein Umdenken stattfindet und insofern wird es schon sein, dass das Betreuungsgeld ein Anreiz sein kann. Allerdings wird es eben entweder die falschen Leute zu Hause bleiben lassen oder aber es wird erst gar nicht für Empfänger von Arbeitslosengeld II zum Beispiel geben.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der arbeiten möchte und vielleicht auch muss, oder eine Stelle wieder antreten kann, nachdem die Elternzeit abgelaufen ist, zu Hause bleiben wird, nur weil er ein Tropfen auf den heißen Stein bekommt. Auf dem Land scheint es sich noch geringfügig anders zu verhalten, dort sind auch meist noch die Großeltern greifbar, die sich auch um die Erziehung und Betreuung kümmern können. Aber auch da wird es immer mehr gewünscht und erwünscht, dass man Betreuungsplätze unter drei Jahren zur Verfügung hat. Nicht umsonst wirbt wiederum die Bundesregierung für die Tätigkeit als Tagespflegeperson und auch nicht umsonst werden Krippen errichtet, Einrichtungen ausgebaut. Da eine direkte Konkurrenz zum Betreuungsgeld zu sehen, kann ich nicht wirklich nachvollziehen, es wird auch keine leerstehenden Kindertagesstätten und Krippen nach jetziger Einschätzung geben. Da wird das Betreuungsgeld auch nicht helfen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich muss ehrlich zugeben, dass ich für das Betreuungsgeld bin. Ich würde meinen Sohn erst mit 2 Jahren in die Kita tun. Ich bekomme aber nur ein Jahr lang Elterngeld. was mache ich in dem anderen Jahr?

Das Betreuungsgeld würde es mir schon erleichtern. Da ich selbst Erzieherin bin weiß ich wie die Gruppen für Kinder unter 2 Jahren aufgebaut sind und ich würde mein Kind in solch eine Gruppe nicht tun. Die Kolleginnen dort haben mehr eine Beaufsichtigende Funktion als eine Fördernde, da das kaum möglich ist. 10 Kinder oder mehr mit 2 Leuten und die sind alle unter 3, teilweise können sie noch nicht mal laufen. Da lasse ich mein Kind lieber noch etwas zu Hause.

» Lady86 » Beiträge: 671 » Talkpoints: 12,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich falle derzeit nicht in das Betreuungsgeld, da meine Kinder alle nun in die Grundschule gehen. Meine Kinder sind damals aber auch mit 2 Jahren in den Kindergarten gegangen und so hätte ich auch entschieden, wenn es damals schon das Betreuungsgeld gegeben hätte, da ich arbeiten gehe und auch keine andere Möglichkeit wie Oma oder Opa hatte. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, das gerade Kinderreiche Familien ihre Kleinkinder dann lieber zu Hause betreuen lassen, um einen Vorteil aus diesem Betreuungsgeld zu ziehen.

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» alkalie1 » Beiträge: 5526 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Wenn ich bedenke, dass ich damals für 2,5 Jahre finanziell abgesichert war, als meine Kinder zur Welt kamen. Und da habe ich pro Kind um die 300 Euro pro Monat bekommen. Heute werden halt 150 Euro angeboten. Es ist einfach eine Entscheidung über die Haushaltskasse und nicht, was für das Kind eventuell eine gute Lösung ist.

Am Ende will man damit die Kindergrippen entlasten, da die gar nicht für den Bedarf gerüstet sind. Also muss man Anreize schaffen, damit die jungen Eltern ihre Kinder zu Hause lassen. Übrigens gab es eine ähnliche finanzielle Lockaktion schon vor Jahren in Thüringen. Allerdings kassierte dann die Kindertagesstätte den Zuschuss, wenn man sein Kind trotzdem hin brachte. Behielt man es bis zum dritten Geburtstag zu Hause, dann bekam man das auch bezahlt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich weiß jetzt nicht wie hoch dieses Betreuungsgeld für die jeweilige Familie ausfällt, wenn man das Kind nicht in die KITA gibt, weil ich selber aus Österreich bin. Der Ansatz, denjenigen Müttern, die ihr Kind nicht in die KITA geben, ein Betreuungsgeld zu geben, ist ein guter, jedoch würde ich sehr wahrscheinlich, wenn ich in Deutschland leben und von diesem Gesetz betroffen wäre, mich gegen das Betreuungsgeld und für die Arbeit entscheiden, da ich bei der Arbeit mehr Geld heraus holen kann, welches ich ja auch zur Sicherung der Existenz benötige.

Was bringt es mir als Alleinerzieherin, wenn ich lediglich jeden zweiten Monat eine Familienbeihilfe und das Betreuungsgeld und eventuell noch Notstandshilfe bekomme? Da gehe ich doch lieber arbeiten und ich denke, bei uns ist es der Fall, dass dreijährige Kinder gleich viel für die Betreuung bezahlen, wie Kindergartenkinder, da sie ja nach dem neuen Gesetz auch gleich gestellt sind. Also ich habe den normalen Kindergartenbeitrag bezahlt. Der belief sich monatl. auf 40 Euro, also wesentlich günstiger als eine andere Betreuung für jüngere Kinder.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


@ wirreszeug: Das Betreuungsgeld wären 100 Euro im Monat. Klar wenn man Alleinerziehend ist, würde ich auch arbeiten gehen um die Existenz zu sicher. Mein Mann und ich sind verheiratet und haben einen 8 Monate alten Sohn. Bis nächsten Februar bekomme ich Erziehungsgeld, danach würde ich nichts mehr kriegen. Ich möchte meinen Sohn aber nicht mit 1 Jahr in die Kita bringen (wenn man denn einen Kita Platz bekommt). Somit würden uns die 100 Euro im Monat schon helfen, ganz davon abgesehen, dass ich meinen Sohn lieber zu hause betreuen würde. Er ist für die Kita angemeldet, wenn er 2,6 Jahre alt ist. Ich denke ab 2 Jahren ist es früh genug, sein Kind in die Kita zu geben.

» Lady86 » Beiträge: 671 » Talkpoints: 12,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Danke für die schnelle Information. Ja ich würde es ebenfalls so machen, wenn ich die Wahl hätte. Denn wenn ich so oder so nicht vorhabe, mein Kind in die KITA zu geben ist doch 100 Euro Betreuungsgeld ein gutes Angebot. Ich finde generell, dass es mehr entlohnt werden sollte, wenn Frauen auf die eigenen Kinder sehen, es ist ja schließlich auch eine Art "Arbeit", oder?

Du hast übrigens Recht, wenn du dein Kind so lange es geht zu Hause behältst. Ich selber hab die Kleine schweren Herzens ebenfalls in die KITA gegeben, als sie zweieinhalb war, weil ich einfach arbeiten gehen musste, um über die Runden zu kommen. Ich war aber von diesen Einrichtungen, die mehr darauf besonnen waren, die Kinder körperlich zu versorgen und zu beaufsichtigen, als zu fördern, auch ziemlich enttäuscht und muss dir deshalb Recht geben. Es ist gut, wenn das Kind so lange wie möglich bei der Mutter bleibt. Die ersten drei Lebensjahre sind dabei meiner Meinung und Erfahrung nach besonders wichtig.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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