Blicke von Menschen deuten - könnt ihr es?

"Schau mich nicht so an" - so was hat bestimmt schon fast jeder von uns gehört oder gesagt. Aber warum sagt man es? Was bedeutet denn ein Blick, wenn man so etwas sagt oder gesagt bekommt? Könnt ihr Blicke so richtig deuten? Könnt ihr einen wirklich freundlich lächelnden Blick von einem ironisch lächelndem Blick unterscheiden? Welche Blicke könnt ihr wirklich gut deuten und bei welchen seid ihr euch nicht so sicher?

Kommt es bei euch auf den Menschen an, ob ihr den Blick deuten könnt? Könnt ihr dann auch jeden Blick richtig deuten? Wie ist es bei euch selber? Kann man leicht eure Blicke deuten?

Ich würde von mir behaupten, dass ich Blicke anderer Menschen schon recht gut deuten kann. Laut meinen Eltern hatte ich schon immer ein gewisses Talent dafür, andere Menschen einzuschätzen. Mir merkte man schon als Kind an, ob mir ein Mensch sympathisch war oder nicht. Ein freundliches Lächeln kann ich schon von einem ironischen oder auch von einem falschen Lächeln unterscheiden. Das finde ich nicht weiter schwierig. Schwierig finde ich dann dem Umgang mit solchen Menschen, wenn ich erkenne, dass das Lächeln nicht ernst gemeint ist, fällt es mir auch oft schwer, freundlich zu bleiben. Im Beruf ist das aber nicht gerade förderlich.

Bei mir ist es leider auch so, dass man meine Blicke in der Regel recht gut deuten kann. Ich habe es noch nicht wirklich geschafft, zu lernen, in allen Situationen ein Pokerface aufzusetzen, so sieht man mir recht schnell an, ob mich ein Kommentar gekränkt hat oder ähnliches. Ich würde mir oft wünschen, dass man mir meine Gefühle bei meinem Blick nicht ansehen könnte. Aber leider schaffe ich es nicht wirklich, immer eine gleichgültige Mine aufzusetzen.

Blicke deuten können die wenigsten. Mir wurde schon oft unterstellt, dass ich unheimlich böse gucken würde oder feindselig und ich hatte nicht das geringste gegen die Person. Und beim Nachdenken drehe ich immer die Augen nach oben und da wurde mir gesagt, ich solle nicht immer mit den Augen rollen -das wäre ein Zeichen von Desinteresse. Unglaublich, zumal ich ja interessiert gewesen sein muss, sonst hätte ich nicht nachgedacht.

Und weil ich weiß, dass viele Menschen bei mir die Blicke nicht deuten können, versuche ich es auch nicht bei anderen. Und wenn mir was auffällt, dann frage ich gezielt nach, ob derjenige gerade sauer, böse oder was auch immer ist. Aber meistens ist es dann wie bei mir und man denkt nur nach oder ist gerade bei was anderem. Viel Auskunftfreudiger finde ich da Mimik und Gestik und nicht allein den Blick.

Ich bin nicht sehr empathisch und vermutlich liegt es genau daran, dass ich die Blicke von anderen Menschen nicht besonders gut deuten kann. Ich frage mich oft, warum man nun so oder so guckt und was man damit ausdrücken beziehungsweise vielleicht ja auch verbergen möchte.

Bei Menschen, die ich wirklich gut kenne, schaffe ich es eigentlich ganz gut zu erkennen, was deren Blicke gerade bedeuten sollen. Das liegt aber eben daran, dass ich aus vielen vorhergegangenen Situationen schon ausreichend viele Erfahrungswerte gesammelt habe, wodurch ich mir schon einige Gesichter und ihre Bedeutung gemerkt habe. Nur bei Fremden funktioniert dieses erfahrungsbasierte Prinzip natürlich nicht, da ich ja keine Erfahrung mit ihnen habe. Und dann habe ich auch wieder sehr große Probleme damit, ihre Blicke zu deuten.

Ich denke, dass ich recht gut darin bin, die Blicke anderer Menschen zu deuten, allerdings fällt mir das natürlich tatsächlich bei den Menschen leichter, denen ich auch entsprechend nahe stehe und die ich sehr gut kenne, wie beispielsweise meinen Partner. Es kommt hin und wieder vor, dass ich irgendetwas frage, was sich um eine Unternehmung oder das Kochen eines bestimmten Essens oder irgendetwas anderes dreht, das mit einer entsprechenden Motivation oder Lust zu tun hat. Seine Reaktion darauf entspricht nicht immer der Aussage seines Blickes, und hin und wieder bin ich mir sicher, dass er eigentlich gar nicht so gerne will, aber mir zuliebe zusagt. Er versucht dann auch, wirklich überzeugend zu sein und bekräftigt auf meine Nachfrage hin auch nochmal, dass er wirklich nichts dagegen hat. Aber wenn ich ihm dann sage, dass ich ihm doch ansehe, dass er keine wirkliche Lust hat, dann gesteht er das wiederum ein.

Mit meiner besten Freundin geht es mir genauso, und in ihrem Fall ist es auch so, dass ich sie ohne Worte verstehen kann, weil ihre Blicke alles sagen, auch, wenn sie noch so undeutlich und ungenau sein mögen. Sowohl bei meinem Partner als auch bei meiner besten Freundin handelt es sich um Menschen, die ich schon sehr lange kenne und denen ich schon immer sehr nah war, mit denen ich viel geredet habe, die mir sehr viel von sich erzählt und sich erklärt haben. Beide kenne ich vermutlich einfach sehr gut und ich kann sie insofern auch gut einschätzen. Außerdem vertreten wir häufig dieselbe Meinung oder Einstellung in Bezug auf verschiedenste Sachverhalte und reagieren auch ähnlich oder sogar gleich, sodass sich schon daraus meine hohe Treffsicherheit in Bezug auf das Deuten der Blicke dieser beiden Personen ergeben wird.

Ich kenne aber auch einen oder zwei Menschen, bei denen ich mir tatsächlich nie sicher bin und die ich als wirklich gute Schauspieler bezeichnen würde, weil sie genau den Blick haben, den sie haben wollen, wenn sie mir irgendetwas als Wahrheit verkaufen möchten, das nicht der Wahrheit entspricht, wobei dahingestellt bleiben möge, aus welcher Motivation heraus hier nun nicht die Wahrheit gesagt werden will und ob das nun eher gut für mich ist oder eben nicht. Manchmal verunsichern mich solche Menschen, aber nur, wenn ich sie wirklich gar nicht einschätzen kann. Der Normalfall besteht für mich wohl eher darin, eine recht hohe Treffsicherheit in Bezug auf das Deuten der Blicke meiner Mitmenschen zu haben und manchmal eben wirklich komplett richtig zu deuten, in jedem Fall, was sich aber eben nur auf wenige Menschen bezieht, denen ich sehr nahe stehen muss, um das zu können.

Bei mir selbst ist das wohl etwas anders, aber das dürfte an meiner medizinischen Vorgeschichte und insbesondere meinen vielen Operationen an meinem Schädel und Gesicht liegen. Ich höre häufiger solche Fragen wie, warum ich so vorwurfsvoll gucke, dabei bin ich überhaupt nicht vorwurfsvoll eingestellt. So fragte mich erst kürzlich mein Chef, weshalb ich ihn so vorwurfsvoll anschaue, nur, weil er sagt, dass er jetzt Kaffeetrinken geht. Ob es sich dabei bei ihm allerdings um eine willkommene Vorlage für ein Scherzchen handelte und sich daraus nur ein netter Dialog ergeben sollte oder ob er wirklich einen vorwurfsvollen Blick meinerseits wahrgenommen hat, kann ich nicht beurteilen, denn das habe ich ihn nun nicht gefragt.

Mein Partner deutet meine Blicke allerdings auch häufiger mal falsch, allerdings interessanterweise erst, seit wir zusammen sind. In den vielen Jahren zuvor, in denen wir nur eng befreundet waren, ist ihm das nicht passiert und ich glaube, dass er wohl eher aus irgendwelchen Befürchtungen und eigenen Ängsten heraus diese Fehlinterpretationen an den Tag legt und weniger, weil meine Mimik nichts anders hergibt, denn es hat ja schon jahrelang hervorragend funktioniert mit dem Lesen meiner Blicke. Mein Vater sagt hingegen häufiger, dass ich traurig schauen würde, aber auch das halte ich eher für eine Art Sorge, die nicht angebracht ist und aus einer Art eigenen Angst heraus resultiert, denn ich bin in diesen Situationen nicht traurig, und wenn ich es bin und mich jeder andere darauf anspricht, kann ich mir sicher sein, dass mein Vater das übersieht.

Ich kann bei einigen Menschen die Blicke deuten, bei einigen aber auch nicht. Bei mir kommt es immer auf die Person drauf an, denn es ist ihrgendwie unterschiedlich. Bei meiner besten Freundin ist es so, dass ich ganz genau, was sie meint, wenn sie so guckt. Ich weiß, was sie mir sagen will und auch was sie meint. Sie weiß auch ganz genau, wie es sich mit meinen Blicken verhält.

Ich habe aber auch eine Freundin, bei der ich einfach nicht weiß, was sie mir mit dem Blick sagen will oder was eben nicht. Ich glaube, dass das darin, dass ich sie einfach noch nicht so lange kenne. Meine beste Freundin kenne ich schon seit der Geburt und weiß dadurch alles über sie. Diese Freundin kenne ich aber erst seit erst einigen Monaten und ich lerne sie und ihre Blicke gerade erst kennen. Ich denke aber auch, dass ich sie mit der Zeit auch schon allein durch die Blicke verstehen kann.

Bei Menschen, die ich gar nicht kenne ist das aber ganz anders. Ich weiß überhaupt nicht, was sie meinen. Es ist sehr schwer für mich zu deuten, was sie meinen. Ich glaube, dass ich die Menschen erst mal kennen muss um mehr über sie zu wissen und auch wissen, wie sie in einigen Situationen gucken.

Bei mir selber ist es auch sehr unterschiedlich, ob man weiß was ich mit meinen Blicken meine. Es gibt Freunde, die wissen, was ich ihnen mit den Blicken sagen will, aber andere kommen gar nicht drauf und realisieren gar nicht, dass ich ihnen mit den bestimmen Blick etwas sagen will. Es ist also sehr unterschiedlich. Ich glaube aber nicht, dass irgendjemand jeden Blick deuten kann, denn um Blicke zu deuten, sollte man was über die Person wissen und auch wissen wie sich in verschiedenen Situationen verhält und wie sich dort guckt.

Leute, die ich gut kenne, kann ich durch ihre Blicke oft verstehen und ich kann oft erahnen, was sie denken oder fühlen. Auch wenn sie einen schlechten Tag habe, sehe ich das ihnen oft an. Ich kann meine Gefühle und Gedanken oft gut verstecken, aber manchmal merkt man mir sehr an, ob es mir gut oder schlecht geht.

Aber das merken auch nur die Freunde, die mich sehr gut und lange kennen. Gedanken fremder Personen kann ich nur selten lesen, weil es sehr schwer ist, sie richtig einzuschätzen, ohne jemals gesehen zu haben, wie sie auf bestimmte Situationen reagieren.