Kollegialität vs. Feindschaft in der Schule

vom 13.10.2012, 18:30 Uhr

Ich habe einen Mitschüler in meiner Klasse, mit dem ich sehr schwer zurecht komme. Ich würde ihn als arrogant, und fast schon narzisstisch charakterisieren, da er sehr von sich selbst überzeugt ist, und seine Mitschüler nicht wirklich respektiert. Zwar könnte man aufgrund der Tatsache, dass ich ihn nicht mag, vermuten, dass das eine subjektiv verzerrte Wahrnehmung ist, jedoch wird er auch von den anderen so beschrieben. Zwar ist er intelligent, aber dennoch ein schlechter Schüler, da er sich kaum Mühe gibt, was auch mit seiner Persönlichkeit zusammenhängen könnte.

Er macht keine Referate, Hausübungen, etc. da er seine Zeit nicht für solche Sachen "verschwenden" will. Er zeigt seine Verachtung anderer Mitschüler oft offen, indem er diese beleidigt. Seine Arroganz zeigt sich auch darin, dass er Leistungen anderer nicht respektiert. Er fühlt sich vermutlich als "intelligenter" als alle anderen. Zwar will ich nicht Schulnoten als Indikator für Intelligenz benutzen, dennoch würde ich sagen, dass insbesondere im Fach Deutsch die Schularbeitsnoten von Intelligenz zeugen. Wenn jemand eine bessere Note in diesem Fach hat, so sagt er nur, dass er trotzdem bessere Texte schreiben würde, als xyz. Der Eindruck, den ich euch vermittelt will, ist also der einer sehr arroganten und von sich selbst überzeugten Person.

Kürzlich hatte ich nun einen Zusammenstoß mit ihm, als ich eine von ihm erstellte Website für unseren Abiturientenball kritisierte, da sie einige Mängel aufwies. Daraufhin reagierte er überraschend aggressiv, und drohte sogar, mir eine "reinzuhauen". Seitdem beruht die Verachtung also auf Gegenseitigkeit. Trotzdem fragt er mich immer noch wöchentlich unverfroren, ob er meine Hausübung kopieren darf. Es ist sicher nachvollziehbar, dass ich dies ungern mache, was keiner genaueren Erklärung bedarf. Bei uns im Klassenzimmer ist es generell kein Problem, die Hausaufgaben zu bekommen. Die einen kopieren aus Faulheit, andere aus Überzeugung. Wenn ich beispielsweise in Mathematik ein Thema beherrsche, so sehe ich keinen Sinn darin, noch 5 Beispiele nach dem Schema E zu rechnen, das ist für mich reine Zeitverschwendung. Da wir fast alle Hausaufgaben am Laptop machen, ist das auch kein Problem.

Ich versuche, mich gegenüber allen Mitschülern loyal zu verhalten, da dies den Schulalltag erheblich erleichtert. Deshalb versuche ich auch, mich nicht darüber aufzuregen, wenn er beispielsweise meine Hausaufgaben als seine ausgibt, da es prinzipiell ja egal ist. Im Gegenteil, Hausaufgaben werden bei uns so leicht gewichtet, dass sie sich maximal mit einem Grad auf die Note auswirken. Da in ca. 20% der Fälle der Lehrer ohnehin bemerkt, dass kopiert wurde, wirkt sich ständiges Kopieren sicherlich schlechter auf seine Note und vor allem auf seinen Ruf aus, als wenn er dauernd vergessen würde.

Es soll jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass ich dieser Person, die ich eigentlich hasse, die Aufgaben aus Angst oder Respekt überlasse, ich verhalte mich da eher lethargisch. Dennoch habe ich das Gefühl, dass das Ganze ein bisschen zu viel des Guten ist. Gegenseitige Verachtung einerseits und Kollegialität andererseits widersprechen sich ja irgendwie (Anmerkung: Ich weiß nicht, ob er mir seine Aufgaben geben würde, habe noch nie danach gefragt). Was meint ihr? Objektiv betrachtet ist es sicherlich vollkommener Irrsinn, gehassten Menschen bei ihren Lügen zu unterstützen, nur gewichtete ich dem Ganzen noch nie erheblichen Stellenwert. Findet ihr, dass Kollegialität so weit gehen sollte, oder dass hier eine Grenze überschritten ist?

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» mendacium. » Beiträge: 750 » Talkpoints: 17,61 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich glaube, wir Alle kennen solche "Stinkepeter" aus den verschiedensten Lebensbereichen. Manch eine Person kann gut mit so etwas umgehen und distanziert sich. Manch andere Person kann das weniger gut, besonders, wenn wie bei dir, Repressalien oder Gewaltandrohung mitschwingen. Meine Ansicht ist, dass das definitiv zu weit geht und du eigentlich das "Hausaufgaben-schnorren" knallhart abblitzen lassen solltest. Aber ich denke ebenso, dass es sich in der Realität schwer realisieren lassen kann. Ich meine, wer wird schon gern bedroht oder aggressiv angeraunzt? Ob den Worten auch wirklich Taten folgen würden, kann man als Außenstehender nicht beurteilen. Es gibt durchaus solche Menschen, die zwar viel reden, aber dann, wenn es drauf ankommt, nicht handeln. Allerdings gibt es auch Jene, die in dieser Hinsicht skrupellos sind und eben auch Schläge verteilen, wo sie mit Worten nicht weiterkommen.

Wenn dein Mitschüler der Meinung ist, er schreibe sowieso bessere Texte und sei generell intelligenter als der Rest der Klasse, ist es doch eigentlich unpassend, wenn er von euren Aufgaben abschreibt. Aus seiner Sicht profitiert er ja nicht davon, im Gegenteil, er kopiert etwas von Menschen, die er für unfähiger hält. Er spart sich zwar dadurch Arbeit, vertut aber eine Gelegenheit, durch seine "genialen" Texte beim Lehrer zu glänzen. So ganz will mir diese Logik nicht einleuchten. Ich denke eher, dass es am Neid auf Andere liegt und an großer Unsicherheit, die er mit seiner unmöglichen Art überspielen will.

Ich denke, Kollegialität sollte auch immer zum großen Teil auf Gegenseitigkeit beruhen. Wenn man sich gegenseitig hilft, um besser oder effizienter zu arbeiten, bringt das für alle Vorteile. Gibt nur die eine Person und die Andere nimmt nur, hat das meiner Meinung nach ein ungleiches Verhältnis. Du verhältst dich kollegial, das stimmt, nur er leider nicht. Und wenn man da den Standpunkt vertritt "So nicht!" muss das nicht unbedingt etwas damit zu tun haben, dass man die Person nicht mag/hasst, sondern damit, dass man Grenzen setzt. Es ist also keineswegs verwerflich, auch einmal "Nein" zu sagen. Man muss sich nicht ausnutzen (und dann auch noch beleidigen!) lassen. Dort seine individuellen Grenzen zu stecken ist glaube ich ein Thema, dass man erst lernen muss. Manch Einem ist es unangenehm auch mal etwas abzuschlagen. Wie man mit solchen Situationen umgeht, muss jeder für sich selbst wissen. Auch die Umsetzung ist ein weiterer, teilweise schwieriger Schritt.

» TheDutchess » Beiträge: 537 » Talkpoints: 0,67 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich denke, dass man nicht zu jedem Menschen automatisch gleich nett sein sollte, auch wenn dieser ein Kollege ist oder in dieselbe Klasse geht. In deinem Fall heißt das, dass du ruhig deutlich machen darfst, dass du ihn nicht leiden kannst. Das Klassenklima kannst du damit ja gar nicht negativ beeinflussen, weil er sich selber ja schon ausschließt, indem er ein unsoziales Verhalten an den Tag legt.

Der junge Mann scheint einiges an Selbstbewusstsein zu besitzen und kann dementsprechend mit euch und gerade auch dir machen, was er will. Ich denke, wenn ihr als Klasse zusammenhaltet, sollte man ihm auch gemeinsam keine Aufgaben mehr zur Verfügung stellen. Er droht mit Schlägen, aber ihm dürfte auch klar sein, dass er so langfristig nichts erreichen kann.

An deiner Stelle würde ich mich mit den anderen Klassenkameraden besprechen und ihm keine Aufgaben mehr geben. Wenn er dann mit Schlägen droht, bleibt ihr einfach in der Gruppe oder reagiert einfach mit ein paar passenden Worten. Immerhin dürften die leichten Aufgaben ja kein Problem sein, wenn er doch eh alles kann. Dann dauert es ja auch nicht lange. Ich würde den Kerl auf jeden Fall nicht für Ernst nehmen. Solche Menschen gibt es zwar, aber man sollte auch zeigen, wenn man jemanden nicht mag und wenn man ihn nur ignoriert. Du bist doch auf ihn nicht angewiesen und kannst machen und tun, was du willst, später wirst du ihn vielleicht nie wieder sehen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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