Zwischenmenschliche Harmonie ein Indikator für Zuneigung?
In dem Beitrag Gesellschaftliches Tabu Kinder ungleich zu lieben? erwähnte ich schon einen Bericht, den ich mal gesehen habe. Dort behauptete ein Psychologe auch, dass es gesellschaftlich nicht akzeptiert wäre, zuzugeben, dass man ein Kind mehr oder weniger liebt als das andere. Daher würden nur die wenigsten Eltern das wirklich zugeben und grundsätzlich behaupten, dass sie alle vorhandenen Kinder gleich lieben würden, auch wenn das nicht stimmen würde.
Der Psychologe schlug stattdessen vor, die Eltern nach der zwischenmenschlichen Harmonie zu fragen, da das ein Indikator für Zuneigung wäre. Es wurden dann tatsächlich die Eltern gefragt, mit welchem Kind diese denn eher harmonieren würden und eher auf einer Wellenlänge liegen würden, wobei da die Eltern da viel eher dazu bereit waren, Unterschiede bei den Kindern zuzugeben. Das wurde dann von dem Psychologen direkt so interpretiert, dass die zwischenmenschliche Harmonie ein Zeichen für Zuneigung wäre und je harmonischer das Verhältnis zu einem Kind wäre im Vergleich zu den anderen, desto mehr würde man das eine Kind mehr lieben als die anderen.
Ich sehe das ein wenig kritischer. Mag sein, dass man nur ungern zugibt, dass man ein Kind eben mehr liebt als das andere, aber nur wegen ein paar schwierigen Phasen (siehe Pubertät oder Schule) liebt man doch nicht ein Kind mehr als das andere oder doch? Würdet ihr sagen, dass zwischenmenschliche Harmonie ein Indikator für Zuneigung ist? Oder ist diese Theorie kompletter Schwachsinn?
Ich habe drei Kinder und liebe jedes Kind anders. Trotzdem liebe ich keines mehr oder weniger. Aber ich habe auch fünf Hunde und zu jedem ist die Beziehung anders. Das ergibt aber auch keine Reihung, die einen Hund emotional wertvoller macht als den anderen.
Wobei ich eine gleiche Wellenlänge und ein möglichst harmonisches Miteinander auch überhaupt nicht mit Liebe oder Zuneigung verbinde. Mein Mann und ich sind wie Feuer und Wasser. Würden wir uns nicht lieben, wir wären niemals miteinander befreundet. Trotzdem wollen wir keinen anderen Menschen an unserer Seite.
In gewisser Weise würde ich das schon sagen. Man muss sich das ja nur mal vorstellen, wenn man einen Teenager zu Hause sitzen hat, der meint die Eltern wären blöd, Dinge macht, die man selber nicht mag und dann noch jeden Tag zur großen Rebellion aufruft. Wenn man neben so einem, eher anstrengend wirkenden Kind, ein kleines, scheinbar lieberes Kind hat, mit dem man in dem Moment mehr harmoniert kann es schon sein, dass man es in dem Moment lieber hat.
Klar wird man direkt als Rabeneltern beschimpft wenn man offen sagt, dass man das eine Kind dem anderen bevorzugt. Aber das ist komplett normal und auch wenn hier wieder einige schreien "ich mache das nicht und liebe alle meine Kinder gleich" so ist das einfach nicht möglich, alleine von der eigenen Psyche her. Jeder hat in einer Familie ein Lieblingskind welches einem näher ist als andere und folglich wird es anders geliebt als andere oder auch ein Stück mehr.
Abstellen kann man das nicht und auch das "man darf es die Kinder nicht spüren lassen" passiert ganz unterbewusst alleine. Oder wurde euch von euren Eltern gesagt, dass ihr der letzte Abschaum seit? Mit Sicherheit nicht, es wurden nur die Geschwister bevorzugt, haben mehr Freiheiten genossen oder auch mehr bekommen und den Rest hat man sich als Kind selbst zusammengereimt und dann für sich festgestellt, dass man weniger geliebt wird als Geschwisterkind X.
Ich halte die Theorie auch für nicht unbedingt direkten Schwachsinn aber doch sehr fragwürdig. Denn je nach Phase ist man mal enger mit seinem Kind und mal wieder nicht. Entsprechend wird das auch immer unterschiedlich angegeben werden, aber nur wenn das Kind sich gerade distanziert heißt es doch nicht, dass die Eltern es weniger Lieben.
Jeder liebt sein Kind auf seine Art und Weise und muss damit zurecht kommen, wenn man einen Flegel Zuhause hat der nur Stress und Ärger macht, dann ist es mit der Liebe schon ein wenig schwerer und der Zwischenmenschlichen Harmonie, als wenn Töchterchen artig nach Hause kommt, da ohne Meckern alles macht was an Aufgaben übertragen wurde und Vorbildlich Punkt 8 Uhr im Bett liegt jeden Abend.
Nimmt man die zwei Kinder die durchaus in einer Familie vorkommen können, dann man man ganz unterbewusst das einfachere Kind lieber weil man weniger Aufwand und Geschrei damit hat, als mit dem anstrengenden Teil der eben nur Mist baut. Ist das denn so verwerflich? Immerhin sind Eltern auch nur Menschen und wieso sollten sie nicht etwas bevorzugen dürfen, wenn es andere nicht Eltern doch auch machen und dort nicht direkt gebrüllt wird?
Irgendwie wird hier immer argumentiert, dass ausgerechnet die besonders braven und umgänglichen Kinder die sind, die von den Eltern besonders geliebt werden. Dabei sind das normalerweise die Kinder, die immer einfach mitlaufen und wenig Beachtung finden.
Die Gedanken der Eltern beschäftigen dagegen die Kinder, die nicht so umgänglich und unproblematisch sind. Sie sind es, die die Aufmerksamkeit erhalten, um die sich gesorgt werden und deren Wohlgeraten und Wohlergehen den Eltern besonders am Herzen liegt. Sie bekommen mehr Liebe ab.
Zumal Liebe und Zuneigung von Eltern sowieso immer da sind. Auch Mörder werden geliebt. Ihr verhalten wird nicht verstanden oder gar als richtig angesehen. Aber die Liebe von Eltern endet deshalb nicht. Man liebt normalerweise seinen Nachwuchs trotz seiner Fehler.
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