Zumutung, ein Kind fünfsprachig zu erziehen?

vom 30.04.2016, 21:49 Uhr

Meine Nachbarin X ist sehr motiviert und ehrgeizig. Sie hat einen zweijährigen Sohn und fordert und fördert ihn wo sie nur kann. Sie ist der Ansicht, dass man einem Kind sehr viel und nahezu alles beibringen könnte, solange es eben auf spielerische Art und Weise geschieht.

So erzieht sie ihren Sohn zum Beispiel fünfsprachig und bringt ihm einige Sprachen sogar spielerisch bei. So hat sie zum Beispiel Karten, wo Körperteile, Tiere oder Utensilien abgebildet sind und die er dann in der jeweiligen Fremdsprache benennen muss. Auch Märchen und andere Geschichten werden ihm in verschiedenen Sprachen vorgelesen, sodass nahezu jede der fünf Sprachen vertreten ist, die sie ihm beibringen möchte. X ist nicht der Ansicht, dass sie ihren Sohn überfordern würde und meint, dass Kinder in diesem Alter alle Informationen aufsaugen wie ein Schwamm das Wasser.

X stößt dabei mit ihrem Verhalten auf Kritik. So befürchten manche Nachbarn in unserem Haus, dass X ihr Kind einfach überfordern würde und dass sich X Verhalten negativ auf die kindliche Psyche und Entwicklung auswirken würde. Ist es tatsächlich eine Zumutung ein Kind fünfsprachig zu erziehen oder kann das auch gut gehen? Würdet ihr so ein Konzept bei eurer Erziehung übernehmen oder haltet ihr das für falsch?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich empfinde es schon als eine Zumutung. Nur weil ein Kind in den ersten Jahren alles aufsaugt wie ein Schwamm, muss man ihm noch lange nicht mit Informationen zuknallen. Schließlich sollten Kinder in erster Linie auch Kinder sein und es auch ausleben können. Ich stelle es mir trotz der spielerischen Methode, mit der deine Nachbarin hantiert, trotzdem nicht kindgerecht vor.

» BubbleGum » Beiträge: 139 » Talkpoints: 1,36 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Man kann ja nicht unbedingt davon ausgehen, dass man dann die 5 Sprachen auch perfekt kann und wenn dies nicht der Fall ist wäre das schon sehr fragwürdig, wenn man dieses Halbwissen an ein Kind weiter gibt. Ich denke, dass es durchaus spannend für ein Kind sein kann, wenn man einem Kind auch erzählt, was die ein oder andere Sache in einer anderen Sprache heißt.

Generell bin ich nicht absolut dagegen, es kommt auf das Kind drauf an und dass man es eben nicht aus einem Druck heraus macht. Man kann dem Kind aber durchaus ein paar Wörter in einer anderen Sprache beibringen und wenn es dann 5 ähnliche Sprachen sind ist es doch auch in Ordnung. Wobei es sicherlich schnell zu einer Überforderung kommt beim Kind, wenn man es falsch angeht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



@Ramones: Die 5 Sprachen sind Russisch, Polnisch, Weißrussisch, Englisch und Deutsch. Jetzt darf jeder für sich entscheiden und abwägen wie ähnlich sich diese Sprachen untereinander sind und ob ein Kind in dem Alter damit schon überfordert wäre. Ich erachte es auch als sehr schwer so viele unterschiedliche Sprachen wirklich komplett vermitteln zu können. Eine Sprache wird immer vernachlässigt werden und ich vermute, dass bei der einen oder anderen Sprache nur Begriffe wie "Hund" oder "Katze" dauerhaft eingeprägt werden können und die Grammatik dabei total vernachlässigt wird. Eine vollständige Kommunikation in dieser Sprache in dem jeweiligen Heimatland wird wohl kaum möglich sein.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Kann denn die Mutter all diese Sprachen oder lernt sie sie praktisch mit dem Kind zusammen? Für mich ist mehrsprachige Erziehung nur dann sinnvoll, wenn diese Sprachen auch daheim gesprochen werden. Und zwar so gut wie flüssig. Sonst bringt man seinem Kind erstens nur ein paar Wörter bei, was so gut wir gar nichts bringt. Ich kann auch ein paar türkische Schimpfwörter und "Ich liebe Dich". Deshalb kann ich noch lange nicht türkisch sprechen.

Und wenn man es selber nicht gut kann, bringt man seinem Kind auch noch Fehler bei. Die muss das Kind später wieder ausmerzen, wenn es die Sprache tatsächlich mal anwenden will. Und das soll wohl sehr schwer sein.

Es gibt einen Sketch von Anke Engelke, der genau solche Erziehungsmethoden thematisiert. Zwei Frauen sitzen auf der Parkbank, in der Nähe spielen ihre Kinder. Die eine schwärmt von ihrem klugen Kind, das sie fünfsprachig erzieht und das damit super zurechtkommt und ganz toll zwischen den Sprachen hin- und herswitchen kann. Da kommt das Kind angelaufen, es gab Streit mit einem anderen Kind.

Die Mutter antwortet dann ungefähr so: "You have to vertragen dich mit the other kinder. Go and say Entschuldigung, tout de suite". Was sie sagt ist eigentlich länger und dann kommen eben noch spanische Wörter drin vor oder so. Auf jeden Fall zum Totlachen. Wobei es echt traurig ist, wenn Kinder wirklich so erzogen werden. Das kann doch nur verwirrend sein.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich fände es auch nicht gut, wenn ich in meinem Umfeld mitbekommen würde, dass jemand versucht, seinem zweijährigen Kind gleich 5 Sprachen beizubringen. Ich denke, dass das Kind durchaus schnell überfordert ist und es einfach falscher Ergeiz der Mutter ist. Das Kind ist doch noch viel zu klein für so vieles verschiedene Begriff für ein und das selbe Teil.

Ich denke auch, dass es sich durchaus negativ auf das Kind auswirken kann. Und es bringt dem Kind dann ja auch gar nichts. Ich würde dann eher schauen, dass das Kind vielleicht zweisprachig aufwächst. Diese beiden Sprachen kann es dann vielleicht irgendwann sehr gut und auch fließend sprechen. Davon hat das Kind dann sicherlich mehr, als 5 Sprachen beigebracht zu bekommen und diese aber alle nur bruchstückhaft bis gar nicht sprechen zu können.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


@Bienenkönigin: Meine Nachbarin selbst spricht fließend Russisch und hat dort wohl auch studiert und ist dort aufgewachsen. Wie lange sie in Deutschland ist weiß ich gar nicht, aber sie spricht auch gutes Deutsch, wenn auch mit Akzent. Ihr Mann kommt aus Polen, sodass das Kind von ihm eben dessen Muttersprache mitbekommt. Wie der Bezug zum Weißrussischen zu Stande kommt weiß ich gar nicht, ich kenne diese Sprache nicht und kann auch nicht sagen, ob diese Sprache grammatikalisch und vom Wortschatz her mehr dem Polnischen oder dem Russischen ähnelt.

Zusätzlich bringt sie ihrem Kind eben Englisch bei. Wie gut sie allerdings Englisch spricht, weiß ich nicht. Englisch wird hier aber auch in der Schule beigebracht, teilweise schon ab der Grundschule, sodass ich da nicht so sehr das Problem sehe.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich sehe es wie Bienenkönigin, eine mehrsprachige Erziehung ist nur dann sinnvoll in meinen Augen, wenn das ganze dann auch entweder Zuhause oder in der Krippe gesprochen wird. Einzelne Vokabeln halte ich für lächerlich, denn was soll das Kind damit anfangen können? Eine Unterhaltung in der jeweiligen Sprache ist damit nicht möglich und was soll es hinterher angeben wenn es darum geht sich zu bewerben, denn das sind nicht einmal Grundkenntnisse.

Mein Sohn wird dreisprachig erzogen. Zuhause wird nur deutsch geredet, aber in der Krippe ist das ganze ein wenig anders, da wir in der nähe von Frankreich wohnen gehen dort auch französische Kinder hin. Ansonsten gibt es noch Englisch, aber das ist weniger verbreitet und wird auch eher spielerisch beigebracht, damit sie sich hinterher in der Schule leichter tun. Das mit dem Englisch ist halt mit dabei, wirklich Wert lege ich darauf nicht.

Mit dem französisch leuchtet es mir ein, denn die Kinder wollen sich auch zusammen unterhalten und entsprechend bekommen die französischen Kinder auch deutsch beigebracht. So wirklich sprechen kann er es nicht, er versteht einzelne Begriffe und das war es momentan auch schon. Das würde sich vermutlich erst bessern, wenn er entsprechend länger sich damit befasst und auch älter ist.

In dem Alter ist das jedenfalls noch zu früh. Wenn er übrigens das ganze nicht versteht, dann probiert er einfach aus was der Gegenüber gemeint haben könnte hält entweder das Spielzeug hin oder möchte sein Brot teilen. Irgendwie verstehen sich die Kinder immer, egal ob diese schon länger in der Einrichtung sind oder erst neu dazu gekommen sind. Somit kann das ganze also nicht "so wichtig" sein.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Sicher ist es klar, dass ein kleines Kind solche Sprachen leichter lernt und dass es wichtig ist, mit einer mehrsprachigen Erziehung früh anzufangen. Aber trotzdem finde ich fünf Sprachen schon sehr übertrieben. Ein Kind soll doch noch immer ein Kind sein und auch wenn dieses Wissen spielerisch vermittelt wird, so ist es doch auch ein Lernen und Abfragen, wenn das Kind dann die Begriffe in den verschiedenen Sprachen aufsagen muss.

Außerdem sehe ich auch die Gefahr dabei, dass die Mutter und/oder der Vater die Sprachen nicht perfekt sprechen und das Kind so falsche Dinge beigebracht bekommt, die vielleicht mehr schaden als nützen. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass das Kind so gar nicht richtig zuordnen kann, was welche Sprache ist und Dinge durcheinander wirft. Ich würde so etwas in meiner Erziehung sicher nicht so machen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich hätte die Sorge, dass mein Kind von den vielzähligen Fremdsprachen so dermaßen voll von Informationen ist, dass die wichtigste Sprache nämlich Deutsch nicht zu 100% beherrscht wird und es im Laufe der Jahre diesbezüglich Schwierigkeiten geben könnte.

Auf der anderen Seite denke ich aber auch das es nicht verkehrt ist dem Kind bereits im frühen Lebensalter eine Fremdsprache beizubringen. Ich möchte hierbei aber noch einmal betonen, dass eine Fremdsprache vielleicht sinnvoll ist und nicht fünf Fremdsprachen.

Als erste Fremdsprache könnte man zum Beispiel Englisch nehmen, da viele englische Begriffe auch im Deutschen Raum gebraucht werden wie zum Beispiel das Wort Computer. Meine beste Freundin arbeitet als Erzieherin im Kindergarten und dort wird auch bereits die englische Sprache beigebracht und das finde ich auch gut. Früher oder später müssen die Kinder eine Fremdsprache lernen warum also sollte man damit nicht früh beginnen, um den Kind so einen kleinen Vorteil zu verschaffen.

Jedoch bin ich auch der Meinung, dass man das Kind einfach auch mal Kind sein lassen sollte. Dementsprechend finde ich es gut, dass man die Fremdsprachen auf spielerische Art und Weise vermitteln möchte. Man sollte es aber auch hier nicht übertreiben und keinen Zwang ausüben.

In erster Linie sollte das Kind die Sprache von dem Land beherrschen in dem es lebt. Denn das sprechen einer Sprache ist die eine Sache. Früher oder später kommt die Schrift dazu und da könnten dann doch einige Probleme auftauchen.

» VNESS18 » Beiträge: 66 » Talkpoints: 36,19 »


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