Zeigen wollen, dass man jemanden liebt, ohne das zu sagen?

In meiner Familie war es bisher immer völlig normal, dass man relativ emotionslos miteinander umgegangen ist. Meine Eltern zeigen sich bis heute kaum Zuneigung und dass man jemanden liebt, wurde bisher auch kaum gesagt. Von daher hatte ich auch immer riesige Hemmungen, meiner Mutter zu zeigen, dass sie mir wichtig ist oder ihr gar das zu sagen.

Meiner Freundin geht es nun recht ähnlich. Sie möchte ihrer Mutter zum Geburtstag gratulieren und ihr eben auch zeigen, dass sie ihr wichtig ist und am liebsten auch etwas sehr Nettes sagen, zumal sich die beiden aufgrund der Entfernung nur sehr selten sehen. Dabei fragte sie mich um Rat, da sie meinte, dass sie nicht wüsste, wie sie das ihrer Mutter sagen oder zeigen könnte, ohne die drei Worte aussprechen zu müssen.

Wart ihr schon einmal in so einer Situation, dass ihr jemandem sagen oder zeigen wolltet, dass ihr ihn liebt, ohne dabei die berühmten Worte auszusprechen, da die Überwindung für euch zu groß war? Was kann man in so einem Fall tun?

Das fällt wirklich schwer, wenn man es nicht gewohnt ist. Bei mir war das auch so, gerade auch weil meine Eltern mir gegenüber kaum Emotionen zeigen. Ich habe mir dann aber irgendwann gedacht, dass ich es einfach sage, weil man ja nie weiß, wie lange die eigenen Eltern so leben und sie haben dass dann auch erwidert.

Wenn sie sich nicht traut das Ganze mal zu sagen, kann sie ihr ja ein Gedicht schreiben oder einen besonderen Brief. Sie kann ihr aber auch ein besonderes Geschenk machen, was die beiden verbindet und dann eben sagen, was sie für sie empfindet. Letztendlich muss man sich aber einfach trauen.

Bei mir war das noch nie der Fall. Ich sage meinen Eltern immer, dass ich sie lieb habe. Eigentlich immer, wenn wir uns verabschieden oder telefonieren. Mir ist das auch sehr wichtig. Als Kind war ich erstaunt, dass andere Mädchen das nicht zu ihren Müttern gesagt haben, wenn sie aus dem Haus gegangen sind. Gerade als Jugendliche war mir das wichtig, da meine Mutter so nach einem Streit auch wusste, dass ich sie lieb habe und sie mich. So hat man sich eher vertragen.

Es gibt aber bestimmt auch viele Arten so was zu zeigen. Wenn man beispielsweise Dinge tut, die die Person gerne mag. Bei Müttern ist das oft Hilfe im Haushalt oder vielleicht auch kochen. Wenn man Dinge von alleine macht, ohne dauernd deswegen ermahnt zu werden. Oder man kauft auch mal zwischendurch Blumen, dass kommt bestimmt auch gut an.

Als ich noch ein Kind war, gab es in meiner Familie eigentlich nur "handfeste" Liebesbeweise, die Worte "ich hab dich lieb" sind, soweit ich mich erinnere, in dieser Form nie gefallen. Aber das bedeutet natürlich nicht, dass ich in einer lieblosen oder gefühlsarmen Umgebung groß geworden bin! Jedenfalls habe ich von meiner erwachsenen Seite her nicht den Eindruck, dass ich meine Gefühle nicht ausdrücken kann oder mit verbalen oder sichtbaren Liebesbeweisen Probleme hätte.

Anstatt diese Worte zu äußern, haben meine Eltern mit uns beispielsweise schöne Ausflüge gemacht, wir haben gemeinsam gebastelt oder im Garten gewerkelt oder es gab auch mal ein kleines Geschenk außer der Reihe. Bis heute bin ich es daher gewohnt, solche Gesten als Liebesbeweise zu verstehen. Heutzutage bringt mein Vater immer noch meine Lieblings-Semmeln vom Bäcker mit, und ich lade ihn regelmäßig zum Sonntag-Mittagessen ein. Dass es dabei nicht nur um den Austausch von Kalorien geht, ist uns beiden auf unausgesprochene Weise natürlich klar.

Von daher bin ich der Meinung, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, jemandem zu zeigen, wie viel einem die Person bedeutet und kann vollkommen verstehen, dass manchen Leuten die entsprechenden Floskeln nur schwer über die Lippen kommen. Wer im Gegensatz jedoch vor allem mit verbalen Liebesbekundungen groß geworden ist, kann tatkräftige Liebesbeweise natürlich auch falsch verstehen oder gar nicht als solche interpretieren.