Zahlen die Niedriglöhner die Rente der Reichen?

vom 14.11.2017, 08:56 Uhr

Neulich kam auf ARD eine neue Doku über die Probleme mit der Rente in Deutschland. Das deutsche Rentenniveau ist nach Mexiko offenbar eines der niedrigsten. Was mich besonders überrascht hat, war das offenbar die Niedriglöhner die Renten der reichen Bevölkerung tragen. Begründet wurde dies damit, dass die reicheren in der Regel länger leben. Im Schnitt beziehen sie doppelt so lange Rente, wie ärmere Menschen. Das deckt sich mit der Beobachtung, dass privat Versicherte in der Regel eine bessere Lebenserwartung haben, als Kassenpatienten.

Durch den früheren Tod der Niedriglöhner wird quasi die Rente der Reichen mitfinanziert. Wir sind auch noch eines der letzten Länder, in denen die Beamten derartige Privilegien haben und gar nicht in die Rentenkasse einzahlen müssen. Das fördert dieses Prinzip natürlich noch zusätzlich. Wusstet ihr, dass die Niedriglöhner durch ihren frühen Tod die Reichen mitfinanzieren? Denkt ihr nicht, dass es auch in Deutschland allmählich an der Zeit ist, dass sich beim Rentensystem etwas ändert?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Beamte sind halt Beamte und damit anders als ein normaler Angestellter. Aber um dir diesen Zahn zu ziehen, auch da wird weniger eingezahlt für die Pensionen als notwendig wäre und nur auf kommunaler Ebene wird das so geregelt, dass auch das abgeführt wird für den einzelnen Beamten was dieser hinterher auch bekommt. Sprich da gleicht es sich aus und daher auch die Milchmädchenrechnung der Wirtschaftsweisen, dass Beamter billiger sind als Angestellte - man verschiebt das Problem nur nach hinten raus und spätestens 2040 kommt es auch in diesem Bereich zum großen Knall wie auch bei den gesetzlichen Renten.

Problem ist hier nicht das längere Beziehen, sondern einfach die Grundlage der Rentenkasse. Nicht nur für die reichen müssen mehr Zahler aufkommen, bereits bei den kleineren Renten finanzieren hier rund 4 Arbeitnehmer einen Rentner, da die Kassen leer sind. Bei den reichen sind es halt mal 10 Rentner. Aber was machen die reichen nach der Tabelle? Richtig sie zahlen mehr Steuern auf ihre erhaltene Rente, da das eine Steigerung seit 2005 beginnend ist, dass wir bei aktuell 72% Steuerpflichtigen Anteil der gesetzlichen Rente liegen. Bis 2040 sind wir dann bei 100% angekommen, damit unter dem Strich nach diesen Abzügen noch das Existenzminimum abgedeckt ist, müssen mehr Arbeitnehmer heran die das finanzieren. Nur eben nicht nur bei den reichen, sondern bei allen.

Selbst was du heute einzahlst in die Rentenkasse musst du mal sehen. Im Monat sind das bei dem durchschnittlichen Verdiener 250 Euro im Monat. Damit daraus die Grundsicherung von 900 Euro wird, brauchst du schon 5 die dafür aufkommen. Also kann man sich auch von dem Gedanken verabschieden, dass man für seine eigene Rente arbeitet, denn hinterher wirst du nicht nur von dir die monatlichen 250 Euro bekommen, sondern mehr da andere für dich zahlen dürfen.

Nur kommen keine Zahler nach da es weniger Kinder gibt oder allgemein weniger Zahler mit einzahlen, wird es knapp in der Rentenkasse. Erhöhungen gibt es auch da die gestemmt werden müssen, dazu allgemein das steigende Lebensalter und nicht nur bei den reichen. Kompensieren möchte man es damit, dass das Rentenbeginnalter nach oben angepasst wird und angepasst wurde. Damit kann man eine Lücke stopfen, noch dazu nimmt man die Mehreinnahmen aus der Steuer auch z.T. dafür her, dass man das Loch was die Politik mit ihren Griffen in die Rentenkassen für andere Zwecke, zu kitten. Es ist eine Rechnung die nicht aufgehen wird, man verschiebt allgemein das Problem nur weiter nach hinten, aber ein Problem haben die Renten schon seit vielen vielen Jahren, als sich ein gewisser Herr Kohl mehrmals daran bedient hat.

Damit du eine Rente in der Höhe der Grundsicherung bekommst, brauchst du einen Stundenlohn von derzeit 12 Euro. Berechnet ist das auf der Basis, dass du direkt nach der Schule eine Ausbildung machst und in das Berufsleben einsteigst. Wer studiert und damit das nach hinten schiebt, der braucht auch automatisch mehr über die Zeit, die er vorher verloren hat. Dann im Gegensatz kannst du dir den Mindestlohn hinlegen der bei derzeit knapp unter 9 Euro liegt, in einigen Branchen bei 12 Euro. Da sieht jeder Laie der kein Mathegenie ist, dass diese Rechnung nicht aufgeht und die reichen von denen du hier sprichst, zahlen auch mehr ein jetzt und finanzieren damit z.B. einen Rentner alleine oder auch mal zwei von dem was sie monatlich abführen müssen.

Im Umkehrschluss kannst du aber auch sagen, dass es immer Reiche und Arme geben wird, wobei die Armen mehr werden und die Reichen immer mehr haben. Auch das Geld der Reichen wechselt hier die Generationen, nur wird darauf dann Steuer erhoben und keine Rentenbeiträge die abgeführt werden müssen da das zwei komplett unterschiedliche Dinge sind. So kann es natürlich sein, dass hinterher 20 Angestellte mit Niedriglohn einen Rentner finanzieren dürfen. Oder du hast auch dann wieder die Reichen am Start, die alleine mit ihren Abgaben einen oder mehrere Rentner finanzieren dürfen. Dadurch das das Gefälle mehr wird, hast du natürlich mehrere aus dem Bereich Mittelstand und Arme als Reiche.

Wie du darauf kommst, dass Privatversicherte eine höhere Lebenserwartung haben als gesetzliche musst du mir auch mal erklären. Jeder kann und darf in die Private, aber nicht jeder darf und kann in die gesetzliche. Meinst du es ist gesundheitlich sehr förderlich, wenn du nicht in die gesetzliche darfst und dafür dann deine 1000 Euro Monatlich in die Private abführen darfst, nebenbei in Vorkasse treten und hinterher über Beihilfe etwas erstatten lassen? Beamte sind auch der Klassiker in der Privaten, einfach da sie dort in jüngeren Jahren weniger zahlen als wenn sie in eine Private gehen. Auch da ist ein Umbruch, es werden mehr ältere eingestellt die mit ihren Vorerkrankungen in der Privaten abgelehnt werden oder Aufschläge zahlen, dass sie in der freiwilligen gesetzlichen besser aufgehoben sind.

Vom Leistungskatalog her sind manche Privaten Versicherungen deutlich schlechter als gesetzliche Kassen und nein, Private Patienten werden auch nicht mit Vorrang behandelt höchstens bei Terminvergaben. Im akuten Notfall sind wir alle gleich, ob nun gesetzlich, Privat oder auch gar keine Krankenversicherung. Ansonsten warten Private Patienten in der Klinik durchaus mal länger bis sich jemand erbarmt sie zu behandeln, da der Chefarzt gerade keine Zeit hat und nur der Assistenzarzt Zeit hätte der den Herrschaften nicht gut genug ist oder sie gar nicht erst antatschen darf.

Dann kannst du auch gerne mal das Verhältnis ansehen wer gesetzlich ist und wer Privat, welche Masse das ausmacht. Klar ergibt sich ein anderes Verhältnis wenn nur 2 Millionen in der Privaten sind und dagegen 78 Millionen Menschen in der gesetzlichen Kasse. Sterben in der Privaten 3 Leute weg oder werden 90 Jahre alt, dann heben sie den Schnitt durchaus von der Rechnung mehr, als wenn da bei der gesetzlichen passiert die die Mehrheit darstellt. Ganz einfache Rechnung die auf dem Papier für die Statistik stattfindet und hier direkt den Eindruck erwecken soll, dass man automatisch direkt seine 90 Jahre alt wird nur weil man Privatversichert ist.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Erstens sind Beamte nicht reich. Sie verdienen weniger als Menschen mit ähnlicher Qualifikation in der freien Wirtschaft. Zweitens zahlen alle für deren Pensionen, weil Beamte nun einmal nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Deshalb profitieren Beamte nicht davon, wenn Geringverdiener früh sterben.

Zweitens haben Wohlhabende nicht unendlich viel Rente. Für die höchste Rente, die möglich ist, muss man 45 Jahre das Einkommen in mindestens der Höhe der Beitragsbemessungsgrenze haben. Damit kommt man nicht über 3.000 Euro Rente brutto. Davon geht die Krankenversicherung ab und Steuern fallen auch an. Reiche können gar nicht so teuer werden.

Drittens leben Menschen mit privater Krankenversicherung nicht auf die Art länger, die du meinst. Denn die meisten Menschen in der PKV-Sterbetafel sind gesetzlich versichert. :lol: Es stehen ungefähr 8 Millionen Vollversicherten in der Sterbetafel fast 23 Millionen mit privater Zusatzversicherung gegenüber. Daraus kann man nur schließen, dass Menschen mit gesteigertem Interesse an Gesundheit und bestandener Gesundheitsprüfung länger leben.

Viertens ist natürlich jeder, der kurz nach dem Renteneintritt stirbt, für das System Rentenversicherung vorteilhaft. Aber dass das mit der Rente nicht mehr funktioniert, das hat andere Gründe. Wir haben jetzt schon zu wenig Beitragszahler und zu viele Rentner, die zu lange leben. Das wird sich jetzt mit der Rente der Babyboomer noch verschärfen. Extrem erschwerend kommt hinzu, dass zwar die Produktivität deutlich gewachsen ist, die Löhne aber nicht. Wenig Lohn bedeutet wenig Sozialabgaben. Um die Lücke zu stopfen, ohne die Löhne zu erhöhen, hat man alles und jeden arbeiten geschickt. Das hat kurzfristig geholfen, aber jetzt haben zu viele Leute Anspruch. Gut, das ist gering pro Kopf, aber die Masse machts. Vor den Reformen und der Stagnation der Löhne hatten auch Geringverdiener eine auskömmliche Rente.

Viertens hör endlich auf, ständig über das Gesundheitssystem zu meckern. Ja, es hat Schwächen. Aber es ist trotz privater Krankenversicherung für gesetzlich Versicherte hier erheblich angenehmer als in anderen Ländern der EU. Lebe erst einmal mit Krankheiten in anderen Ländern. Da weißt du unser System schnell zu schätzen.

» cooper75 » Beiträge: 13413 » Talkpoints: 516,13 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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