Würdet ihr euren Beruf noch einmal lernen?
Man merkt ja doch grade erst später, wie es im wirklichen Arbeitsleben zugeht und dass da eben nicht immer alles so entspannt ist, wie es in der Ausbildung ist. Plötzlich ist man fertig mit der Ausbildung, steht da und hat die Verantwortung (je nachdem mehr oder weniger). Oftmals entdeckt man dann erst ganz neue Seiten des Berufs und überlegt sich, ob es doch das Richtige war.
Ich selbst habe während der Ausbildung sehr gezweifelt, ob diese so das Richtige für mich war. Jedoch habe ich nach meinem Ende der Ausbildung, als examinierte Krankenschwester, festgestellt, dass es eigentlich doch ein schöner Job sein kann, wenn man für sich selbst verantwortlich ist und nicht mehr von den Schwestern von A nach B gescheucht wird.
Wie ist es bei euch? Würdet ihr euren Beruf aus der heutigen Zeit heraus noch einmal erlernen oder würdet ihr euch anders entscheiden?
Ich würde mich auf jeden Fall wieder für mein Studium entscheiden. Das war damals eher eine Vernunftsentscheidung, ähnlich wie das Traumfach aber mit deutlich besseren Berufsaussichten. Das Studium hat mir dann aber wirklich sehr viel Spaß gemacht und ich arbeite jetzt eben auch in meinem Beruf, das wäre ansonsten wahrscheinlich eher nicht möglich gewesen weil ich auf eine Lehrtätigkeit absolut keine Lust hätte.
Ehrlich gesagt, meine Antwort hierzu ist ganz klar Nein. Ich würde meinen Beruf am Liebsten komplett ablegen und durch etwas Anderes austauschen. Einfach weil ich überhaupt nichts mache, was ich in der Ausbildung gelernt habe und immer weiter in eine Schiene gerate, die ich nicht machen möchte.
Der Beruf ist interessant, aber es ist ein reiner Bürojob. Außerdem musst du dich mit den Problemen der Kunden herumschlagen und dazu gehören auch so Problemchen wie "Mein Word funktioniert nicht" oder "Kannst du vorbeikommen und meinen Rechner neu verkabeln". Alleine aufgrund solcher Aufgaben würde ich meinen Beruf nicht mehr erlernen wollen und ich halte ihn mittlerweile auch für eine Fehlentscheidung in meinem Leben.
Meine Berufswahl war im Rückblick auch eine Fehlentscheidung, da mein Beruf rein gar nichts mit meinen tatsächlichen Interessen und Neigungen zu tun hat und mir deswegen immer relativ schwer gefallen ist. Dazu kommt, dass es ein reiner Bürojob ist, aber ich bin eigentlich ein Mensch, der viel lieber draußen aktiv und unterwegs ist. Schon allein das tägliche Sitzen im Büro fällt mir insbesondere an Tagen mit schönem Wetter immer schwer.
Andererseits: als ich damals den Beruf ergriffen hatte, war für mich als unerfahrener junger Mensch überhaupt nicht absehbar gewesen, wie der Berufsalltag aussehen würde. In meiner Naivität war ich eher von abwechslungsreichen Forschungstätigkeiten, Teilnahme an wissenschaftlichen Symposien, Vorträgen, Konferenzen etc. ausgegangen. Hätte ich damals gewusst, dass ich so gut wie nie mein Büro verlassen würde und mich überwiegend mit IT-technischem Kleinkram beschäftigen würde, hätte ich mich wohl anders entschieden.
Mein Problem bestand halt darin, dass meine eigentlichen Interessen den Ruf hatten, nicht für vernünftige Berufe zu taugen (nämlich unter anderem Fotografie, Sprachen, kulturelle Themen und Musik, Geografie und Biologie). Zwar habe ich schon als Jugendlicher leidenschaftlich gern fotografiert und die Bilder selbst im Labor entwickelt, aber mir wurde damals glaubhaft versichert, dass Fotograf kein richtiger Beruf sei. Als ernstzunehmende Berufe galten aus Sicht meiner Familie eigentlich nur Berufe wie Sachbearbeiter, Bankangestellter oder ähnliche Bürojobs. Und irgendwie hatte ich diese Glaubenssätze übernommen und mich entsprechend dann für meinen jetzigen Beruf entschieden.
Ich habe meinen ursprünglichen Beruf ergriffen und mir schon nach ein paar Monaten in der "harten Realität" gedacht: Bloß weg hier! Dann habe ich ein Studium durchgezogen, das ich zwar interessant fand und auch nie bereut habe, aber auf Umwegen bin ich dann doch wieder in meinem alten Brotberuf gelandet. Ich war beim ersten Versuch einfach noch zu jung und habe dank einer Erziehung zu Fleiß, Gehorsam und Demut nicht kapiert, dass man sich nicht immer mit dem zufrieden geben muss, was andere Leute für dich übriglassen.
Sprich, rein vom Titel (und Gehalt, leider) her habe ich nur einen Umweg von sechs Jahren mit Englisch lernen und Praktikum im Museum gemacht. Aber aus meiner heutigen Sicht heraus bin ich mir ziemlich sicher, dass meine Branche für mich genau das Richtige ist. Es hat nur etwas gedauert, um in die richtige Nische zu rutschen. Meine jetzige Stelle, mein Aufgabenfeld und meinen Zuständigkeitsbereich habe ich mir quasi selbst erarbeitet, gegen Widerstände durchgesetzt und auf mich zugeschnitten. Auch wenn der Beruf auf dem Papier exakt der gleiche ist - einen gewissen Spielraum gibt es immer.
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