Wohngenossenschaft rationiert warmes Wasser - geht's noch?
Ich habe gestern in der Zeitung gelesen, dass eine Wohnungsgenossenschaft den Mietern nur noch zu bestimmten Zeiten warmes Wasser zur Verfügung stellt, um die Mieter nach ihrer Aussage vor zu hohen Nebenkosten zu bewahren. Ich glaube, in Wirklichkeit haben sie vor den Problemen Angst, die auf sie zukommen, wenn viele Mieter nicht mehr zahlen können.
Ich finde, dass das gar nicht geht. Die Leute brauchen zu den verschiedensten Zeiten ihr warmes Wasser. Das kann doch ein Wohnungseigentümer nicht diktatorisch bestimmen. Ein Schichtarbeiter muss zu anderen Zeiten duschen als jemand, der Home-Office macht. Und was ist mit pflegebedürftigen Menschen, die von einer Pflegekraft zu bestimmten Zeiten gewaschen werden müssen, oder mit Babys oder Kleinkindern, die sich auch mal außerhalb der vorgesehenen Zeiten stark beschmutzen?
Was haltet ihr von dieser Maßnahme? Es gibt ja schon Stimmen, dass das gar nicht erlaubt ist und man sogar die Miete deswegen kürzen könne. Was haben sich die Leute wohl dabei gedacht? Was sind die wirklichen Gründe, warum sie zu dieser Maßnahme greifen? Ich glaube nicht, dass es altruistische Motive sind.
Blümchen, dir ist aber klar, dass es sich um eine Wohnungsgenossenschaft handelt? "Der Vermieter" sind die Mitglieder und damit die Mieter der Genossenschaftswohnungen selbst. Die Bewohner, die eben auch Anteilseigner sind, sind frühzeitig informiert worden und haben in der Mehrheit Zustimmung signalisiert. Wo liegt das Problem?
Wenn Familie Hinz in ihrem Einfamilienhaus nur morgens Warmwasser hat, weil die das so wollen, kräht kein Hahn danach. Und wenn sich eine Eigentümergemeinschaft in einer Immobilie mit Eigentumswohnungen für Beschränkungen entscheidet, dann ist das so. Familie Kunz in der Genossenschaft ist viel näher an diesen Beispielen als ein normaler Mieter. Das liegt an den Anteilen an der Genossenschaft und dem Mitbestimmungsrecht.
Wenn dagegen ein privater Vermieter im Zweifamilienhaus oder ein Wohnungsunternehmen wie Vonovia solche Maßnahmen einführen würde, dann wäre das nicht in Ordnung. Da profitieren nämlich nicht nur die Mieter und sie können auch nicht mitbestimmen. Das ist ein normales Mietverhältnis mit klar definierten Rechten und Pflichten, wozu eine durchgehende Versorgung mit Warmwasser gehört.
Ob das mit den Mietern wirklich in Abstimmung passiert ist, weiß ich nicht, ich zumindest kenne ich es von anderen Leuten so, die in einer Genossenschaft wohnten, dass man dort sehr wohl seinen Anteil zahlen musste, aber bei wirklich wichtigen Sachen wie dem nachträglichen Einbau teurer Balkone kein Mitspracherecht hatte. Aber wer weiß, wie es gewesen ist, der dahingehende Artikel hat sich in dem Punkt meiner Erinnerung nach ausgeschwiegen.
Dass es um rein altruistische Motive, Solidarität mit der Ukraine oder dem staatlich empfohlenen Imperativ zum Gasspeichern geht, glaube ich auch nicht. Die Genossenschaft wird fürchten, dass allzu viele Mieter bei der nächsten Nebenkostenabrechnung und einer saftigen drei- bis vierstelligen Nachzahlung nicht liquide genug sein werden und die Genossenschaft auf den Kosten sitzenbleiben wird. Meiner Meinung nach ist das der einzige Grund für das Handeln bzw. die Entscheidung.
Als Mieterin finde ich das Vorgehen auch ziemlich gruselig. Noch mehr als das Rationieren von Warmwasser fürchte ich persönlich das Abstellen der Heizung zu bestimmten Zeiten. Andererseits gucke ich natürlich auch etwas erschrocken auf die vorausgesagten Nachzahlungen, die sich auf das x-fache des Üblichen belaufen sollen.
Nun, eine Genossenschaft ist eben kein normaler Vermieter. Wenn da Kosten in hoher Größenordnung offen bleiben, trifft es die Mieter doppelt, denn schließlich sind sie beteiligt. Und diese Genossenschaft sagt selbst, ohne Einverständnis der Bewohner wäre die Maßnahme rechtswidrig.
Dagegen hat die Vonovia nun beschlossen, die Heizung nachts auf 17 Grad abzusenken. Da wurden die Betroffenen nicht gefragt und eine Mietminderung ist auch nicht einfach drin, da Gerichte 16 bis 18 Grad in der Nacht für ausreichend halten.
Bei uns ist das andere extrem. Erstens ist die Heizung ganzjährig an und zweitens läuft die Zirkulationspumpe für Warmwasser munter weiter. Es ist sicher komfortabel, in einer ausnahmsweise kühlen Sommernacht heizen zu können, und es ist bequem, dass auch in der obersten Etage sofort heißes Wasser kommt, aber es ist unnötig teuer. Bei drei Etagen insgesamt wäre heißes Wasser auch so recht flott da. Stattdessen kreiselt es mit über 60 Grad Tag und Nacht...
Manchmal frage ich mich wirklich, in was für einer Zeit wir eigentlich leben. Da gibt es zu bestimmten Zeiten Warmwasser und es wird sich aufgeregt, man reguliert Heizungen und es wird sich aufgeregt. Früher sind die Leute doch auch klargekommen, wenn sie mal kein warmes Wasser hatten. Wenn man ganz dringend warmes Wasser und damit verbunden ein Bad braucht, dann kann man das zur Not ja auch kochen und dort hinein kippen.
Ich finde es vollkommen richtig solche Schritte zu gehen, denn die müssen letztendlich auch schauen, dass sie nicht auf den Kosten sitzenbleiben und ein bisschen solidarisch kann man sich schon zeigen.
Es geht nicht darum, "mal kein warmes Wasser zu haben", sondern, dass es von oben herab geregelt wird, regelmäßig kein warmes Wasser zu haben. Bei großen Wohnungsgenossenschaften hat man wenig Einfluss darauf, was bestimmt wird. Mein jüngster Sohn wohnt in Berlin in einer Genossenschaftswohnung. Er hat halt seine Kaution als Genossenschaftsanteil bezahlt, aber ansonsten ist da kein Unterschied zu einer Mietwohnung. Ich weiß nicht, ob es in dem beschriebenen Fall eine Mehrheitsentscheidung der Interessenvertretung gab oder ob es einstimmig sein musste. Aber ich finde es übergriffig, dass entschieden wird, wann wer sich zu waschen hat.
Dass Sparen sinnvoll ist, ist doch klar. Kein warmes Wasser zu haben ist ein sehr starker Eingriff, unter dem bestimmte Leute viel stärker leiden als andere, zum Beispiel die Pflegebedürftigen, Mütter mit Säuglingen oder Leute, die eben keine "normalen" Arbeitszeiten haben.
Man hätte viele Möglichkeiten für andere Sparmaßnahmen, wie etwa die Temperatur des Wassers etwas herunterzustellen. Unser Wasser, das aus der Leitung kommt, ist zum Beispiel fast kochend heiß. Das muss nicht sein. Und die früheren Zeiten, wann immer das war, "wo die Leute doch auch klar kamen", sind für mich keine vorbildlichen Zeiten, an denen ich mich orientieren würde.
Der Hauptgrund für mich gegen diese Maßnahme ist Denken von oben herab, dass man die Leute zu ihrem Glück zwingen will. Das würde ich mir nur vom Staat in einem extremen Notfall bieten lassen, wie etwa Wasserrationierung in Dürren oder sowas. Ich finde die Idee überlegenswert, ob man Leute, die wenig verbrauchen, nicht belohnen soll. Man könnte Preise auch staffeln, also niedrige Gaspreise für die ersten Verbräuche und dann stufenweise oder kontinuierlich steigern.
Ramones hat geschrieben:Früher sind die Leute doch auch klargekommen, wenn sie mal kein warmes Wasser hatten. .
Wobei ich das Argument "früher ist man doch auch ohne ausgekommen" nur teilweise für zulässig halte. Früher sind die Menschen mit ganz anderen Bedingungen zurecht gekommen, weil das eben die damaligen Zeiten waren und man auch mit entsprechenden Erfahrungen aufgewachsen war. Früher sind die Menschen ohne elektrische Energie, Autos, Eisenbahnen, moderne Medizin etc. zurecht gekommen, aber das heißt meines Erachtens nicht, dass man damit jede Rückkehr zu damaligen Zuständen rechtfertigen müsste.
Klar ist es wahrscheinlich unumgänglich, dass wir in nächster Zeit Energie sparen müssen (soweit es sinnvoll und notwendig ist), aber ich finde, man kann es den Menschen durchaus zugestehen, sich dabei auch mal unbehaglich zu fühlen. Wenn Menschen das nicht immer einfach achselzuckend hinnehmen, dann halte ich das für eine menschliche Reaktion.
Der Begriff "Genossenschaftswohnung" müsste hier vielleicht noch einmal besonders verdeutlicht werden. Für mich ist der Unterschied zum freien Wohnungsmarkt mit privaten Hausbesitzern verwaltungsmäßig überhaupt nicht zu bemerken. Der einzige Unterschie ist, dass zu Beginn des Mietverhältnisses eine Berechtigung zum Bezug einer Genossenschaftswohnung nachgewiesen werden musste, das heißt, dass die Wartezeit auf der Liste, bis man am "dransten" war, erreicht war, und, dass ein sogenannter Genossenschaftsbeitrag, in etwa mit der Kaution bei einem "normalen" Mietverhältnis zu vergleichen, vorab gezahlt wurde.
Von einer aktiven Beteiligung an Entscheidungen, die das Mietverhältnis betreffen, kann überhaupt nicht die Rede gewesen sein. Es fanden werder Versammlungen statt, noch wurden irgendwelche Mitteilungen an die "Genossen" verteilt. Man war eben nur Mieter, wie jeder andere Mieter auch. Nur mit dem Unterschied, dass man vorher extra zur Kasse gebeten worden war bezüglich der Zahlung eines Genossenschaftsbeitrages.
Übrigens: Bei Auszug wurde der geleistete Genossenschaftsbeitrag nicht zurückgezahlt. Ob das rechtens war, oder eine Verrechnung im Sinne einer Kaution stattfand, kann ich heute nicht mehr nachvollziehen.
Aber zurück zum Thema: Ein Vermieter, sei er nun "Genosse" oder nicht, kann auch im Sinne der vorausschauenden Kostenreduzierung niemals mietrechtswidrige Dinge tun. Eine irgendwie geartete vertraglich festgelegte Gebrauchsüberlassung einer Räumlichkeit zu Aufenthaltszwecken ist stets eine Vermietung und unterliegt demnach dem gültigen Mietrecht. Ein privatrechtliches Vorgehen ist ausgeschlossen. Ein solcher Vertrag ist stets ein Mietvertrag.
Es wird oft angenommen, dass dies bei "Genossenschaftswohnungen" anders sei. Auch hier hat ein Mieter dieselben Rechte wie bei anderen Mietverträgen. Ein Zwei-Klassen-Wohnrecht existiert rechtlich nicht. Auch Mietvertrag ergänzende Bestimmungen, die wie bei einer Herabsenkung der Heiztemperatur angeblich vertraglich im Nachgang vereinbart wären, sind missbilligende Klauseln und damit a priori rechtlich unwirksam. Die oben geschilderte Vorgehensweise einer Wohnungsbaugesellschaft wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit justiziabel sein.
Die Argumentationsbasis stützt sich unter anderem hier auf die eingeschränkte Nutzbarkeit mit Berechtigung zur Mietminderung. Und von der Vermieterseite auf die vorausschauende Kostenreduktion im Sinne der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes.
Der Richter wird einen Interessenausgleich anstreben, der gestiegene Lasten nach Ermessen auf die Parteien verteilt. Und diese Mehrbelastungen, hier in Form der angestiegenen Brennstoffkosten, müssen in der Tat erst entstanden sein und glaubhaft nachgewiesen werden. Dabei wird auch auf den steuerlichen Gestaltungsrahmen der Vermieterseite eingegangen werden müssen, den der "normale" steuerpflichtige Arbeitnehmer nicht hat. Und es wird sicherlich auch darauf verwiesen werden, ob der Vermieter zumutbare Maßnahmen zur Energieeinsparung unternommen hat, und diese nicht ausreichten, den Kostenschub zu vermeiden helfen.
Gorgen und Blümchen, die Genossenschaft gibt doch selbst an, dass sie die Zustimmung hat und dass das Aussetzen der Warmwasserversorgung ansonsten rechtswidrig wäre. Da kann von oben herab doch keine Rede sein.
Das ist etwas ganz anderes als beispielsweise Vivawest, die über 100.000 Mietwohnungen haben, und ohne Absprache nun die Heizung außerhalb der Heizperiode komplett abstellt. Auch Vonovia, die noch viel mehr Wohnungen besitzen und verwalten und nun nachts auf 17 Grad absenken, bevormunden ihre Mieter. Nur ist deren Verhalten in einem Bereich, den die Rechtsprechung in Ordnung findet.
Wir würden uns von unserem Vermieter das Ausschalten der Heizung im Sommer wünschen. Auch die Zirkulationspumpe für heißes Wasser hätten wir gern abgestellt. Und zwar einhellig befürwortet von allen Parteien im Haus. Aber bei uns wird es halt von oben herab teuer. Das ist genauso blöd.
Ob diese Maßnahme überhaupt gesamtökologisch gesehen den erzielten Effekt bringt, wage ich sehr stark zu bezweifeln. In der Zeitung las ich, dass elektrische Heizöfen momentan ausverkauft seien. Beginnen etwa jetzt schon die Panikkäufe? Dasselbe wird passieren, wenn sich Mieter, denen das warme Wasser abgestellt wird, nun Elektroboiler anklemmen lassen. Flächendeckende Stromausfälle durch Überlastung der Stromnetze wären die Folge. Und die Effizienz ist ungünstig.
Wenn zur Wärmeerzeugung erst Primärenergie, wie Kohle, Atom und Gas in Strom mit Wirkungsgradverlusten und Leitungsverlusten an den Ort des Verbrauchs herangeführt werden müssen, ist eine vernünftige Maßnahme keineswegs das Abstellen des Warmwassers mit Umschwenken auf individuelle Notlösungen. Daran sollte vielleicht auch einmal gedacht werden.
Beispielsweise zieht ein Durchlauferhitzer etwa 18 Kilowatt. (ein kleiner Boiler etwa 2 Kilowatt). Drei Minuten an und die Etagensicherung fliegt raus, weil alle zur gleichen Zeit duschen wollen. Und von Lastabwurfrelais haben die Leute ja vielleicht noch nichts gehört. Aber die Elektronotdienste haben wieder Hochkonjunktur und profitieren auch noch von diesem 'tschuldigung "Schwachsinn", den die Wohnungsgesellschaften da angezettelt haben. Wir werden ja sehen.
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