Woher kommt das Vorurteil von sündenfreien Kindern?
Eltern stehen idealerweise immer hinter und zu ihren Kindern und halten ihre Kinder oft für völlig sündenfrei. Doch woher kommt dieses Denken? Das Kleinkind mag schonmal impulsiv Haare ziehen, Treten, Hauen und anderweitig anderen Schmerz zufügen. Doch älteren Kindern ist durchaus bewusst, dass es weh tut.
In Kindergärten gehört Streitschlichtung schon zum Alltag, schon die Kleinen nehmen anderen etwas weg, drängeln sich vor, Kinder erleben früh Mobbing (wobei die Täterinnen und Täter meist im gleichen Alter sind) und selbst Suizidgedanken kommen bei Kindern vor. Es gibt Eltern, die bereits mit Grundschulkindern überfordert sind. Da mag eine gewisse Unfähigkeit bei den Elternteilen vorliegen- aber dennoch gibt es seitens der Kinder durchaus bewusste Provokation, Verletzungen, Diebstahl, Lügen, etc.
So frage ich mich manchmal eher, welche Sünde Kinder nicht begehen könnten- und warum Eltern oft anderer Meinung sind?
Ich habe tatsächlich ein Problem mit dem Begriff Sünde in diesem Kontext. Denn wenn es danach geht, dann sind Kinder, abgesehen von der Erbsünde, ziemlich lange in vielen Bereichen sündenfrei. Wenn nämlich Klein-Leo mit vier Jahren im Sandkasten die niedliche Melina mit der Schaufel haut, weil sie das Förmchen genommen hat, dann ist das natürlich nicht nett und Anlass erzieherisch tätig zu werden, damit beide Parteien ihr Sozialverhalten entwickeln können.
Aber die Beziehung zu einem vielleicht existierenden Gott wird damit bestimmt nicht gestört. Weil beide Kinder noch gar nicht in der Lage sind, ihr Verhalten als bewusst gegen Gottes Wort und Willen wahrzunehmen. Und, da kommt der nächste Knackpunkt: Das mit der Sünde funktioniert halt auch nicht, wenn Eltern und Kinder nicht an Gott glauben oder einem anderen Glauben anhängen.
@cooper75 Ich denke, dass sich so ziemlich alle Weltreligionen und Atheisten einig darüber sind, dass man anderen nicht schaden sollte. Mit vier Jahren wissen die meisten Kinder durchaus, dass man andere nicht mit Schaufeln schlagen darf.
Bei der Erstbeichte sind Kinder dennoch noch etwas älter, denn gültige Beichte setzt Unterscheidungsvermögen voraus, das wird meistens ab dem Grundschulalter angenommen. Und unabhängig vom Gottesglauben sind Kinder in diesem Alter fähig zu unterscheiden, ob das was sie sagen nett oder gemein ist und erst recht, ob sie jemanden absichtlich weh getan haben, gelogen haben, jemanden etwas weggenommen haben oder gar andere Kinder bewusst geärgert oder ausgeschlossen haben.
Ich höre meistens auf die Beichte bezogen, dass die "armen Kleinen" noch gar nicht sündigen können und habe mich auch deshalb für diesen Begriff entschieden. Die Überschrift lässt zudem keine langen Fragen wie "Woher kommt das Vorurteil von anständigen, fairen, bescheidenen, mitfühlenden, respektvollen, rechtschaffenen, friedfertigen, ehrlichen, gewaltlosen, tadellosen, rücksichtvollen, zuverlässigen, harmonischen, ausgeglichenen und unbescholtenen Kindern?" zu.
Wer außer dir behauptet denn, dass Kinder all die positiven Adjektive als Eigenschaften haben? Das sind auch nur Primaten wie die Erwachsenen und verhalten sich daher öfter sozial unerwünscht, was auch an ihrer mangelnden Sozialisierung und Lebenserfahrung liegt. Mit fünf ist man von Natur aus im Regelfall impulsiver als mit 50, weil das Gehirn sich erst entwickeln muss und Empathie meistens erst nach der Pubertät vollends freigeschaltet wird.
Das sind alles entwicklungsbiologische Tatsachen, die alles Gefasel von Religion nicht relativieren kann. Und wer keine Vorstellung vom Willen Gottes hat, weil das unmittelbare Umfeld mit dem Schmarrn vom bärtigen Typen auf der Wolke, der schaut, ob du brav bist, aufgeräumt hat und/oder von der Entwicklung her nicht mal eine Vorstellung vom eigenen Willen hat, kann offensichtlich nicht bewusst und willentlich dagegen verstoßen. Für die meisten Menschen hierzulande und heutzutage hat "Sünde" nur noch eine Bedeutung, wenn es um Kalorien geht. Capisce?
@Gerbera: Warum bist du so feindselig mir und meinem Glauben gegenüber? Es ist durchaus okay, wenn du nur Kalorien mit Sünden in Verbindung bringst. Ob das gesund ist, ist eine andere Frage.
Ich kenne niemanden, der an einen Schmarrn vom bärtigen Typen auf einer Wolke glaubt. Wenn dir jemanden erzählt hat, dass Jesus uns so überwacht, dann verstehe ich deine Ablehnung etwas besser und bedauere, dass du dadurch ein falsches Gottesbild hast.
In dem Thread soll es jedoch nicht um Gottesbilder gehen und auch weniger darum, was als Sünde definiert wird. Impulshandlungen gehören nicht dazu, jedoch finde ich, dass es zum gesellschaftlichen Miteinander gehört, dass man sich dafür entschuldigt und etwaige Schäden wieder gut macht. Bei Kindern ist das je nach Schadensmaß Aufgabe der Erziehungsberechtigten. Also wenn mein 7jähriger impulsiv gegen dein Auto tritt und Dellen entstehen, dann erwartest du vermutlich, dass du nicht auf den Reparaturkosten sitzen bleibst? So weit sind wir uns hoffentlich einig?
Ursprung des Threads war vielmehr, dass mir auffiel, dass vor allem Gegnerinnen der Beichte oftmals denken, dass Kinder im Grundschulalter noch gar nicht die Unterscheidungsfähigkeit zwischen gut und böse haben. Und das wage ich zu bezweifeln. Ob impulsiv oder heute den Vorsatz gefasst, morgen früh gegen dein Auto zu treten, so weiß ein halbwegs normal entwickeltes Grundschulkind, dass so etwas verboten ist. Er weiß auch, dass es nicht einfach lügen und sagen darf, dass es jemand anderes war. Ob das Kind dann neben der Straftat die Sünde dahinter sieht, mag durchaus von seinem Glauben abhängen. Ich schrieb ja bereits, dass das Wort "sündenfrei" im Threadtitel nicht optimal gewählt ist.
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