Wo sollte es Tabuzonen für Obdachlose geben?

vom 17.03.2023, 01:30 Uhr

Der Berliner Bezirk Neukölln hat kürzlich Tabuzonen für Obdachlose festgelegt. Dabei geht es in diesem Vorfall speziell um Friedhöfe, Kinderspielplätze und Grünanlagen im näheren Umkreis von Schulen und Kindergärten.

Wenn Obdachlose sich dort zum Schlafen, zur Körperhygiene oder zum Drogenkonsum aufhalten würden, sich nicht angemessen verhalten bzw. die Plätze vermüllen, solle für eine schnelle Räumung des Platzes gesorgt werden. Für Spielplätze gelte die Regelung im Allgemeinen. Laut Sozialstadtrat Falko Liecke (CDU) sei Obdachlosigkeit eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung.

Was haltet ihr von solchen Tabuzonen für Obdachlose? Sollte es solche Regelungen in anderen Städten auch geben? Welche Orte würdet ihre als Tabuzonen für Obdachlose erklären und in welchen Fällen bzw. aus welchen Gründen?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich persönlich halte die Festlegung von Tabuzonen für Obdachlose für eine sehr schwierige und problematische Angelegenheit. Obdachlosigkeit ist ein großes gesellschaftliches Problem, das nicht einfach durch das Verlegen von Obdachlosen von einem Ort zum anderen gelöst werden kann. Die Ursachen von Obdachlosigkeit sind komplex und sollten auf lange Sicht angegangen werden, um das Problem zu lösen. Eine räumliche Verdrängung der Betroffenen ist keine nachhaltige Lösung.

Tabuzonen, wie sie in Neukölln festgelegt wurden, schränken die Bewegungsfreiheit und die ohnehin schon begrenzten Möglichkeiten der Obdachlosen weiter ein. Auch wenn es verständlich ist, dass die Anwesenheit von Obdachlosen an bestimmten Orten, insbesondere in der Nähe von Schulen und Kindergärten, besorgniserregend sein kann, sollten Lösungen gefunden werden, die Obdachlosigkeit insgesamt bekämpfen, anstatt einzelne Symptome zu behandeln.

Stattdessen sollten Programme zur Prävention von Obdachlosigkeit, Unterstützung für Menschen in schwierigen Lebenslagen und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Betracht gezogen werden. Obdachlose sollten nicht weiter marginalisiert werden und ihnen sollten Wege aufgezeigt werden, um aus ihrer Situation herauszukommen.

In Anbetracht der Tatsache, dass das Problem der Obdachlosigkeit nicht auf bestimmte Orte beschränkt ist, sind Tabuzonen in anderen Städten ebenfalls problematisch und sollten vermieden werden. Statt Tabuzonen zu definieren, sollten die Bedürfnisse der Obdachlosen und die Bemühungen zur Lösung des Problems im Mittelpunkt stehen.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich finde es absolut dreist, Menschen in Deutschland zu verbieten wo sie sich aufzuhalten haben, wenn sie sich angemessen verhalten. Nicht jeder Obdachlose nimmt Drogen zu sich, nicht jeder benimmt sich daneben. Wo sollen die Leute denn hin? Man schafft ja nicht gerade Plätze, wo sie lange geduldet sind und daher frage ich mich schon, wie man dann noch auf die Idee kommen kann den Obdachlosen Tabuzonen vorzuschreiben.

Meiner Meinung nach müsste man mehr Orte schaffen, an denen sich solche Leute aufhalten können, wo sie sich etwas holen können, schlafen können und so weiter. Diese Plätze gibt es ja, aber das ist an Bedingungen gebunden und vor allem sind nicht die Masse an Plätzen da. Man kann den Leuten sicherlich auch damit helfen, dass man sie an die Hand nimmt und ihnen hilft. Ich bin mir sicher, dass es da auch durchaus Leute gibt, die wieder in die Gesellschaft wollen, aber es aufgrund der Bürokratie nicht schaffen, denen muss man dann helfen.

Ich finde auch nicht, dass man diese Menschen immer weiter verdrängen muss. Man muss sich auch als Obdachloser zeigen dürfen. Probleme kann man nicht wegdrücken, man muss sie sehen und etwas tun. Meine Kinder wissen, dass es Obdachlose gibt und wenn wir helfen können helfen wir, das sehen sie auch und bekommen es auch so vorgelebt. Ich sehe da nichts Schlimmes dabei. Wenn sich jemand einen Schuss auf einen Spielplatz setzt, dann muss man mit Kindern reden. Wenn die Spritzen hinschmeißen ist das natürlich nicht mehr lustig, aber auch da bin ich als Mutter ja in der Nähe. Dann sollte man da mehr reinigen, was auch immer oder sichere Plätze dafür anbieten.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Es gab mal Projekte, hauptsächlich in den USA, die Drogenabhängigen die Möglichkeit gaben, in geschützter Atmosphäre ihre Drogen zu konsumieren, sich auszuruhen und wo man ihnen auch saubere Materialien zur Verfügung gestellt hat, um die Ansteckung aufgrund kontaminiertem Geschirrs zu reduzieren. Leider sind die Projekte auch dort illegal gewesen und wurden teilweise mit Polizeigewalt geräumt.

In einer Stadt in meiner Nähe gibt es aber tatsächlich solch ein Projekt, welches sogar kommunal genehmigt wurde und welches Drogenabhängigen die Möglichkeit eines halbwegs sauberen Konsums bietet. Aber auch dort sind die Plätze begrenzt und nicht jeder möchte dorthin. Aber nicht jeder Obdachlose ist drogenabhängig und nicht jeder Drogenabhängige ist obdachlos.

Es gibt an sich schon sehr viele Hilfsangebote für Obdachlose, nur sind diese teilweise total überrannt oder werden nicht angenommen. Da müssten noch andere Ansätze her, um diese Probleme zu lösen, aber das hat nichts mit den Tabuzonen für Obdachlose zu tun. Ja, ich denke, dass es Orte gibt, an denen sich Obdachlose zumindest am Tage nicht aufhalten sollten. Friedhöfe finde ich sowieso recht makaber, aber wenn der Obdachlose am Folgetag alles sauber hinterlässt, warum sollte er nicht dort nächtigen dürfen oder tagsüber auf einer Bank schlafen dürfen?

Ich finde Bereiche, an denen Kinder spielen oder sich einen großen Teil des Tages aufhalten, schwierig. Ich weiß aber auch, dass nicht jeder die Spielplätze sauber hinterlässt und daher finde ich es schwierig, wenn Kinder beim Spielen in Kontakt mit Drogengeschirr kommen oder gar in einer Spritze treten. Daher denke ich schon, dass Spielplätze, insbesondere so Spielhäuser, tabu sein sollten.

Genauso kann ich es verstehen, dass man wie im Beispiel Neukölln Obdachlose von Bereichen wie Kindertagesstätten oder Ähnliches fernhalten möchte. Ja, man muss das Problem anders beim Schopf packen, aber ich bin mittlerweile schon für einige Tabubereiche für Obdachlose, was aber mit dem Ausbau von öffentlichen Bereichen speziell für Obdachlose Hand in Hand einhergehen sollte. Ich finde es auch nicht geil, Menschen sagen zu müssen, wo sie sich aufhalten dürfen, aber manchmal ist mir meine eigene Sicherheit oder die Sicherheit meiner Kinder schon wichtiger, auch wenn ich sie recht offen erziehe. Das Problem ist halt auch, dass du auch einem Obdachlosen nie in den Kopf schauen kannst.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12582 » Talkpoints: 9,16 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Diese Tabuzonen kann man doch nicht an Obdachlosigkeit festmachen. Es gibt Obdachlose, die man nicht von Nicht-Obdachlosen im Verhalten unterscheiden kann, und es gibt Nicht-Obdachlose, die unsoziales Verhalten zeigen. Ich würde es rein am Verhalten festmachen, ob man Leute von bestimmte Plätzen fernhält.

Auf Spielplätzen zum Beispiel sollten sich eh nur Leute mit Kindern aufhalten dürfen. Die anderen können sich ja auf andere Bänke setzen. Parkanlagen, erst recht Friedhöfe, sollten nicht als Klo und Bad benutzt werden und auch sollte in der Öffentlichkeit nicht exzessiv mit allen daraus folgenden Belästigungen Alkohol getrunken werden.

Natürlich müssen mehr Orte, die gut erreichbar sind, geschaffen werden, an denen die Leute, die obdachlos sind, Körperhygiene betreiben, essen und schlafen können. Eigentlich ist es ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft, dass es Obdachlosigkeit in größerem Ausmaß überhaupt gibt. Ganz vermeiden kann man es nicht, manche wollen ja gar nicht sesshaft sein, aber viele wären froh, ein Zimmerchen und sei es noch so klein, mit Bad und Kochgelegenheit für sich selber zu haben.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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