Witwer durch Unfall - neue Beziehung komplizierter?

vom 02.01.2015, 17:57 Uhr

Eine Bekannte von mir ist seit kurzem mit einem neuen Partner zusammen. Dieser hat seine Familie vor 3 Jahren bei einem Autounfall verloren und jedes Wochenende besucht er die Gräber seiner Frau und seines Kindes. Meine Bekannte versteht, dass ihr neuer Partner noch trauert und kommt damit eigentlich auch klar, allerdings hat sie bei einem Gespräch auch gesagt, dass ihrer Meinung nach eine Beziehung zu einer solchen Person schwieriger ist, als wenn man einen Partner hat der einen solchen Verlust nicht erleiden musste.

Ich denke an sich auch, dass das schwieriger ist. Wenn man verlassen wird, dann hat man wenigstens noch die Möglichkeit sich mit seinem Expartner zu unterhalten und das irgendwie zu verarbeiten. Wenn aber die Frau und das Kind sterben, dann hat man damit sicherlich schon eine Weile zu knabbern, denn man hat einfach keine Möglichkeit sich zu verabschieden. Viele Menschen haben ihr Leben lang noch Probleme damit, dass sie einmal verlassen worden sind und wenn man einen Partner bei einem Unfall verloren hat, dann ist das ähnlich.

Und es ist für einen aktuellen Partner dann sicherlich nicht so einfach, wenn man immer an das Grab mitkommen muss und über die verstorbenen geredet wird. Man ist sich dann der Tatsache bewusst, dass man mit seinem Partner nicht zusammen wäre, wenn diese beiden Personen noch leben würden und das ist natürlich auch ein wenig verletzend.

Denkt ihr auch, dass es schwieriger ist mit jemandem zusammen zu sein, der seine vorige Familie auf diese Art und Weise verloren hat? Warum ist das so? Haben solche Menschen ihr Leben lang mit dem Trauma zu kämpfen, so dass es mitunter die aktuelle Beziehung auch noch belastet? Findet ihr eine Beziehung mit einem solchen Menschen anstregender?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Wenn man selber zu den Glücklichen gehört, die noch keinen brutalen Verlust im Leben erdulden und verkraften musste, ist es natürlich nicht immer einfach, sich in das Seelenleben einer Person zu versetzen, die dieses Glück nicht hatte. Schicksalsschläge verändern einen Menschen oft dauerhaft und sind nicht innerhalb von ein paar Monaten oder Jahren Trauerzeit ausgestanden, nach der man zur Tagesordnung übergehen kann. Deswegen halte ich es für ganz normal und natürlich, dass sämtliche zwischenmenschlichen Kontakte, auch und gerade eine Beziehung, sich dadurch verändern und nicht immer einfacher werden.

Da ich in meiner Beziehung die "traumatisierte" Partei bin, kann ich durchaus davon ausgehen, dass das Zusammenleben mit mir mit Sicherheit anstrengender ist als mit einer Person, die noch nichts Schlimmeres erlitten hat als den Tod der Oma im Jahre 2003 im Alter von 95 Jahren im Pflegeheim. Ich hoffe allerdings, dass die Vorzüge des Zusammenseins mit meiner Person auch für meinen Partner überwiegen, auch wenn ich nie wieder die einfach handzuhabende Person sein werde, die ich vor ein paar Jahren noch war.

Wenn man eine Beziehung danach misst, dass sie möglichst wenig Anstrengung erfordert, ist es natürlich empfehlenswert, um potenzielle Partner einen Bogen zu machen, die durch Tod und Krankheit in ihrer Familie gezeichnet sind. Allerdings wird diese Zielgruppe mit zunehmendem Alter natürlich auch immer kleiner.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Sicherlich ist dies schwierig, aber wenn man in eine neue Beziehung geht, schleppt man immer auch die Altlasten mit und mit diesen muss der neue Partner leben. Gerade, wenn man so traumatisiert wurde kann man eigentlich nicht erwarten, dass man da nach 3 Jahren schon durch ist. Dennoch finde ich es sehr schön, dass sie ihm beisteht.

Meiner Meinung nach sollte man der Person raten, dass sie sich psychologisch helfen lässt. Sicherlich sind da einige Dinge, die man im Stillen ausmacht und da könnte Reden mit einer neutralen Person schon helfen. Immerhin will man die neue Partnerin auch nicht mit den Gefühlen für die Verstorbene belasten.

Selber habe ich das im Verwandtenkreis erlebt. Mein Onkel ist verstorben, auch sehr plötzlich und durch Freitod und es hat auch eine Weile gedauert bis da ein neuer Partner da war, aber dieser musste auch damit leben, dass da eben noch ein Traumata da war, was er bis heute aber super macht. Die beiden sprechen viel über meinen Onkel, klammern ihn nicht aus und so läuft das eigentlich ganz gut und meine Tante kann wieder ein normales Leben führen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke schon das so eine Beziehung schwierig ist, denn der Partner hat einen schlimmer Schicksalsschlag erlitten und muss diesen erst mal verarbeiten. Das dauert garantiert länger als 3 Jahre und man wird niemals ganz darüber hinweg kommen. Man muss lernen, wieder glücklich zu sein und das kann auch bedeuten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Als Partner trägt man das Schicksal automatisch mit und sicher belastet das auch die Beziehung, aber sie hat es sich so ausgesucht. Da muss sie nun durch. Jeder Mensch hat eine Geschichte und dieser eine ganz Schreckliche. Diese Geschichte bleibt und selbst wenn die Beziehung tiefer wird und sie selber eine Familie gründen, wird er immer wieder traurig sein. Das ist aber in Ordnung, solange er sich auch über vorhandenes Glück freuen kann und nicht nur in der Vergangenheit lebt.

» drago » Beiträge: 169 » Talkpoints: 1,56 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Natürlich belastet ein so plötzlicher Verlust der eigenen Familie den zurückbleibenden Partner und Vater besonders schwer. Hinzu kommt noch, dass man sich nicht berechtigte Vorwürfe macht, wenn man das Auto selbst gesteuert hat, das die Familie umkam und nicht man selbst. Kommt es nach einer langen Trauerzeit zu einer neuen Partnerschaft, ist die auf jeden Fall vorbelastet durch das Geschehene.

Da kann nur einfühlsames Verhalten helfen. Dass ein solches Trauma ein Leben lang anhält, das glaube ich nicht. Es wird sich ändern, wenn nach und nach das furchtbare Geschehen etwas verblasst. Doch ganz auslöschen kann man das nicht. Für den neuen Partner heißt es, einen Weg zu finden, wie man am besten damit leben kann und wie man dem Partner helfen kann, den Unfall so zu verarbeiten, dass er ein wenig Frieden findet. Ein solches Zusammenleben ist nicht einfach und erfordert sehr viel Geduld und Verständnis.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ich denke auch, dass solch ein Verlust sehr belastend ist und auch neue Beziehung durchaus schwieriger gestaltet. Aber es kommt sicherlich auch darauf an, wie die Beteiligten damit umgehen. Ich denke, dass viele nach solch einem Verlust sicherlich eine Therapie machen und vielleicht wäre das auch als neuer Partner durchaus sinnvoll, um eben zu lernen mit solchen Gedanken umzugehen, wie eben, dass man mit dem Partner nicht zusammen wäre, wenn die Familie nicht ums Leben gekommen wäre. Ich denke, dass solch eine Beziehung durchaus viel Arbeit ist und man sich vielleicht mehr bemühen muss, als in einer anderen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Warum sollte das anstrengender sein oder noch so ein schlimmes Schicksal sein? Ich meine, derjenige hat sich auf eine neue Beziehung eingelassen, das zeigt auch, dass ein Großteil der Verarbeitung schon abgelaufen ist im Trauerprozess. Wenn das stattgefunden hat, warum soll man dann noch eine Therapie machen wenn man diesen Schritt doch schon geschafft hat? Mal darüber nachgedacht, neue Partner fallen nicht einfach vom Himmel und sind auf einmal nebendran und mitten im Trauerprozess suchen sich die allerwenigsten jemanden.

Klar bleibt das weiterhin, aber jeder geht damit auch anders um. Aber nur weil einer einmal die Woche zum Grab trabt und Blumen hinlegt, sich daran erinnert an die Zeit, heißt es noch lange nicht mit einem Trauma, über das er nicht hinweg ist und der neue Partner der seelische Abfalleimer dann ist. Mag blöd klingen, aber meistens sind es die neuen Partner die sich da selbst etwas in ihrem Kopf zusammen spinnen und die Betroffenen das gar nicht so sehen. Viele wissen nicht wie sie damit umgehen sollen, haben Angst etwas falsches zu sagen, zu sehr zu drängen und solche Dinge aber diese Dinge sind meistens komplett unbegründet und finden nur im eigenen Kopf statt.

Ereignisse kann man nicht ausradieren, sei es nun die schönen oder auch die weniger schönen. Aber man kann es annehmen wie es ist und auch entsprechend damit umgehen, ist man sich unsicher, dann tastet man sich vorsichtig heran aber zu meinen, dass alle Traumatisiert sind bis an ihr Lebensende und in Watte gepackt werden müssen, ist es sicherlich nicht. Therapie wie von Ramones hier vorgeschlagen worden ist, halte ich ebenfalls für kein "Heilmittel" und komplett überflüssig, da sich hier bereits auf eine neue Beziehung, damit ein neuer Lebensabschnitt eingestellt wurde und auch das Vergangene damit angenommen wurde. Sprich es deutet vieles darauf hin, dass der Trauerprozess abgeschlossen wurde, was willst du dann therapieren?

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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