Wird Trinknahrung immer mehr Mahlzeiten ersetzen?

vom 12.06.2020, 18:18 Uhr

Ich habe eine Sendung auf dem Youtube Kanal "NDR Ratgeber" gesehen, wo es um Superfood ging. Darin enthalten war ein Gespräch mit einem Mann, der sich vor 2 Jahren dazu entschieden hat, ca 80% seiner Mahlzeiten durch Trinknahrung also Nahrungsersatz in flüssiger Form zu ersetzen. Die verbleibenden 20% der Mahlzeiten nimmt er, soweit ich es verstanden haben in normaler Form zu sich, aber nur wegen der sozialen Komponente die für ihn mit den Mahlzeiten einhergehen. Seiner Meinung nach wird diese Form der Ernährung immer populärer, weil man dadurch Zeit spart, immer genau weiß, was man zu sich nimmt und dies gesund ist und den Körper mit allem Nötigen versorgt.

Ich persönlich kann mir absolut nicht vorstellen zu praktizieren. Ich esse sehr gerne, liebe, die verschiedene Geschmacksrichtungen und Variationen. Ich würde sagen, dass ich mich gesund ernähre, kann aber auch mal ein Auge zu drücken, wenn mal unterwegs nicht das zur Hand ist, was ich normalerweise essen würde. Ich kann mir zwar durchaus auch vorstellen, mal eine Mahlzeit unterwegs durch solch einen Drink zu ersetzen (wenn er mir schmeckt), aber bevor ich da eine Flasche, das Pulver und Wasser zum anrühren eingepackt habe, kann ich mir auch Obst etc. einpacken.

Außerdem sind bei mir viel mehr als nur 20% der Mahlzeiten mit sozialen Komponenten verknüpft. Gemeinsame Mahlzeiten gehören bei uns in der Familie 2-3-mal täglich zum Alltag, aber auch unter Kollegen, Freunden etc. wird häufig gemeinsam gegessen. Darauf könnte und wollte ich definitiv nicht verzichten. Und ich würde es auch befremdlich finden, wenn es jemand in meinem Umfeld tun würde und sich zu jedem grillen, jeder Einladung, bei jedem beisammen Sitzen einen solchen Shake zubereiten würde. Auch wenn ich es akzeptieren würde, würde ich es dennoch komisch finden.

Käme diese Trinknahrung für euch infrage? Denkt ihr, dass es in unserer schnelllebigen Zeit die Zukunft ist? Wie würdet Ihr darauf reagieren, wenn sich eine Person in eurem Umfeld dauerhaft dafür entscheiden würde?

» Maysen » Beiträge: 475 » Talkpoints: 55,37 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Diese Trinknahrung käme für mich nicht infrage, außer dann, wenn ich alt bin und nicht mehr kauen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass überwiegend Flüssignahrung gesund ist, weder für die Zähne noch für die Kiefermuskulatur noch für den Magen-Darm-Trakt, der doch Ballaststoffe braucht. Ich trinke außer Wasser nur selten andere Sachen, vielleicht hin und wieder eine Saftschorle oder ein Glas Alkohol, wenn ich irgendwo zu Besuch bin.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Spinner gibt es bekanntlich immer, und gerade im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme wimmelt es nur so von Störungen, Wahnvorstellungen, Mythen und sonstigen Problemen. Offensichtlich ist es nicht gut für uns, vom ersten bis zum letzten Tag quasi alles in Reichweite zu haben, was die Menschheit jemals als essbar definiert hat und dazu etliche Produkte, die vor 100 Jahren keiner als Essen erkannt hätte. :D

Wenn ich jemanden kennen würde, der sich von Shakes und angerührten Pülverchen ernährt, würde ich vermuten, dass die Person arge Gesundheitsprobleme hat und normales Essen nicht mehr verträgt. Entsprechend würde ich taktvoll zu dem Thema schweigen. Aber nur weil jemand beschlossen hat, etwas neurotischer zu sein als der Durchschnitt, glaube ich nicht, dass es sich durchsetzen wird, sein Essen zu trinken, nur weil es dann schneller geht. Oder weil man nie kochen gelernt hat.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Trinknahrung ist eine gute Sache für ältere, schwer kranke oder schluckbeeinträchtigte Menschen, für Kachexiepatienten mit Verdauungsproblemen und erheblichem Nährstoffmangel und für andere medizinische Grenzfälle, aber sicherlich nicht für Möchtegern-Business-Men oder Dauerzocker, die vermeintlich zu beschäftigt sind, um sich eine anständige Mahlzeit zuzubereiten. Ich finde es ganz schön anmaßend, ein Luxusgut der Moderne aus einem solchen Produkt zu machen, und wahrscheinlich wird mir jeder zustimmen, der tatsächlich schon einmal gesundheitsbedingt Trinknahrung zu sich nehmen musste.

Mal abgesehen davon, dass der menschliche Körper zum Verzehr fester Nahrung ausgelegt ist und gewisse Strukturen bei völliger Abstinenz derselben Schaden nehmen, ist Essen nun mal auch ein Teil unserer Kultur und eine soziale Aktivität. Ich selber würde nicht darauf verzichten wollen, mit Freunden oder mit meinem Partner ins Restaurant zu gehen oder an freien Tagen ausgiebig zu frühstücken. Auch schätze ich gutes Essen in seiner Gesamtheit und genieße es mit allen Sinnen, von der hübsch angerichteten Optik über den verlockenden Duft bis hin zur Konsistenz. Wenn ich mir überlege, dass ich all dies gegen eine homogene, schleimige Masse tauschen müsste, die sich höchstens im Geschmack und in der Farbe unterscheidet, dann vergeht mir jeglicher Appetit.

Weder Zeitmangel noch der Wunsch nach einer Gewichtsreduktion sind für mich also Argumente für den Ersatz der festen Nahrung durch Trinkkost. Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich diese tatsächlich etabliert.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ohne dem Mann zu nahe treten zu wollen, aber dafür muss man schon ein leicht gestörtes Essverhalten habe. Ich kenne das Zeug, das es im Krankenhaus gibt, ich habe alle fast Sorten durchprobiert, und ich habe es gefeiert, als auf meinem Speiseplan Kartoffelbrei mit Tomatensauce, wahrscheinlich beides aus dem Päckchen, stand. So widerlich fand ich diese Getränke. Selbst so etwas harmloses wie "Schokolade" hat künstlich geschmeckt.

Dazu kommt der Effekt, dass man von Flüssigkeit nicht lange satt wird. Ich habe das schon von diversen Leuten gehört, die mit irgendwelchen Shakes abnehmen wollten, die hatten alle Hunger obwohl sie fast ständig irgendwas getrunken haben, also entweder einen Shake oder die empfohlene Menge Wasser dazu.

Um so eine Ernährung durchzuhalten muss man also zum einen den Geschmack und die Textur von richtigem Essen nicht vermissen und man muss sich auch ständig extrem unter Kontrolle haben. Nach einem normalen Essverhalten klingt das irgendwie nicht. Auch der Wunsch genau zu wissen, was man zu sich nimmt und der Glaube, dass das mit natürlicher Nahrung nicht geht, klingt nicht wirklich normal.

Wie würde ich darauf in meinem Umfeld reagieren? Solang die Person nicht offensichtlich unter ihrem gestörten Essverhalten leidet gar nicht. In dem Fall hätte die Person nämlich keine Motivation etwas zu ändern und ich habe nicht das Bedürfnis Menschen zu ändern, nur weil sie irgendwas anders machen als ich.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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