Wird das Muttersein und Vatersein zu sehr beschönigt?

vom 27.07.2017, 14:23 Uhr

Es steht außer Frage, dass eine eigene Familie zu gründen zu den schönsten Ereignissen im Leben gehört. Bereits während der Schwangerschaft baut man sich ein Luftschloss wie schön dann alles werden wird, wenn das Baby erst mal da ist.

Nach der Geburt folgt aber oft die Ernüchterung, wie ich auch aus eigener Erfahrung sagen kann. Man bekommt ja durch Werbung und Medien vorgegaukelt, dass mit Kind alles rosarot ist. Immerhin schaut auf jedem Plakat das Kind die Eltern glückselig an usw.

Am Ende geht man jedoch stundenlang mit einem schreienden Kind im Kreis. Ansonsten ist man mit wickeln oder füttern beschäftigt. An Schlaf ist sowieso erstmal nicht mehr zu denken und die eigenen Bedürfnisse wie ab und an mal in einem Buch lesen sind sowieso ganz weit hinter denen des kleinen Zwerges angestellt. Wenn mal kein Wachstumsschub ins Haus steht sind es die Zähne und wenn sich mal ein endlich ein vernünftiges Schlafverhalten einstellt steht die nächste Impfung auf dem Plan - und alles ist wieder wie am Anfang.

Zuerst habe ich geglaubt, dass ich das alles nur negativ sehe, inzwischen haben auch zwei weitere Freundinnen von mir ein Baby bekommen und sind an dem selben Punkt wie ich angelangt. Kinder zu haben ist zwar schön und man möchte sie durch nichts mehr missen aber so einfach wie es scheint, ist es dennoch nicht. Wie sind eure Erfahrungen? Habt ihr euch das Elternsein zuerst auch anders oder einfacher vorgestellt gehabt?

» Birdy93 » Beiträge: 767 » Talkpoints: 10,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich habe drei und ich finde das jetzt alles absolut nicht ernüchternd. Aber ich habe auch vorher nicht gedacht, dass Kinder das Leben so unglaublich toll machen. Es ist eine Lebensentscheidung, die wie alle anderen auch Vor- und Nachteile hat.

Mein Leben ist durch die Kinder weder besser noch schlechter geworden. Es ist anders. Aber ich war auch darauf vorbereitet, dass man erst einmal wenig Zeit für sich hat und dass ein Baby eher anstrengend als die reine Freude ist. Eine realistische Grundeinstellung ist da definitiv hilfreich. Ich habe auch nicht wirklich erlebt, dass da irgendwer etwas beschönigt. Es ist eben ein harter Job, der tolle Momente hat.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich muss sagen, dass ich da schon eher realistisch bin. Ich stelle mir nicht alles total schön vor. Das fängt jedoch schon bei der Schwangerschaft an. Diese wird ja auch immer als eine tolle Erfahrung für eine Frau beschrieben und wie strahlend und gut dann manche Frauen aussehen. Von dicken geschwollenen Füßen und häufigem Harndrang will dann keiner etwas hören. Nur um mal zwei Dinge zu nennen, die auch bei einer Schwangeren auftreten können.

Auch denke ich, dass es schon sehr nerven zerrend sein kann, wenn man dann erst mal der ganze gewohnte Rhythmus durcheinander ist und man eben auch nicht so viel Schlaf bekommt, wie man gerne hätte. Ich denke, dass es da doch einiges gibt, was man dann erst hinterher erlebt und einem bewusst wird, dass nicht immer alles rosa ist oder ein glückliches Familienleben. Aber ich denke, dass man da ein gesundes Mittelmaß finden muss. Wenn man nur die schlechten Seiten sehen würde, hätte heute sicherlich kaum jemand Kinder.

Die Werbung gaukelt einem ja meist nur die schönen Seiten vor. Darauf kann man sich auf keinen Fall verlassen, was eigentlich mittlerweile auch jeder wissen sollte. Da sagt einem ja niemand, dass es sehr anstrengend werden kann und man welchen Dingen man rechnen muss. Ich denke, dass man sich da besser mit Frauen austauscht, die bereits Mutter sind. Da bekommt man sicherlich eher die Wahrheit gesagt.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich habe mir in der Schwangerschaft keine schönen Dinge ausgemalt und mir vorgestellt wie das werden würde, sondern habe alle auf mich zukommen gelassen. Wer aber meint, dass die Werbung einem das erzählt wie die Realität ist, dann muss man schon reichlich dämlich sein wenn man das alles glaubt. Kein Kind schläft nur weil es eine Pampers am Hintern hat die nicht nass ist, kein Kind ist Happy nur weil es Aptamil gefressen hat aus der Flasche und auch nicht, wenn es die ganze Zeit auf dem Arm getragen wird.

Das ein Kind die ganze Zeit nur am schlafen und pennen ist, wie es die meiste Werbung erzählt und suggeriert oder nur am lachen ist, ist einfach eine verdrehte Tatsache der Realität und sorry, wer das glaubt das alles Zuckerschlecken ist am Kinder aufziehen, der ist in meinen Augen nicht bereit für ein Kind und soll sich erst mal mit der Realität befassen und Erwachsen werden.

Dazu brauche ich keine andere Mütter befragen und auch mir nicht etwas schön reden lassen wie "ein Lachen gibt doch alles zurück und macht alles wieder wett" weil das nicht die Tatsache ist. Das mit den Kindern erziehen ist ein Knochenjob, und es ist nach wie vor ein Tabuthema wenn man darüber spricht das nicht alles so toll ist. Dann gilt man direkt als Überfordert, es wird mit dem Finger auf einen gezeigt und man wird als Rabenmutter oder auch Rabeneltern hingestellt, wenn man einfach mal die Wahrheit ausspricht.

Gleiches doch auch schon in der Schwangerschaft, diese hat jede Frau zu genießen und als tolle Zeit zu empfinden, sagt eine etwas anderes wegen dicker Beine, Wassereinlagerungen, Übelkeit und Kreislaufproblemen, wird das direkt einem negativ ausgelegt oder herunter gespielt mit Aussagen wie "wenn das Kind da ist, ist alles wieder gut". Nichts ist damit gut, dann fängt der Stress und Terror erst richtig an!

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Also was jetzt? Einerseits schreibst du, dass Elternsein doch nicht nur aus strahlenden Kinderaugen und rosarotem Familienidyll besteht, aber andererseits heißt es dann doch wieder:

Birdy93 hat geschrieben:Es steht außer Frage, dass eine eigene Familie zu gründen zu den schönsten Ereignissen im Leben gehört.

Damit ist es doch eigentlich offensichtlich, dass die Familienphase nach wie vor hinten und vorne beschönigt und zum Höhepunkt des menschlichen Lebens hochstilisiert wird. Ich habe zwar nur Erfahrungen aus zweiter Hand, aber ich verstehe rein logisch nicht, wieso sich die Leute immer noch einreden, Kinder zu kriegen und großzuziehen sei ein durchweg schönes Erlebnis. Es gibt doch auch genügend kaputte Familien, Eltern, die sich wünschen, nie Kinder bekommen zu haben und Kinder, die mit 18 heilfroh sind, die Bagage, die sie hervorgebracht hat, für immer hinter sich lassen zu können.

Natürlich gibt es normalerweise auch schöne und erfüllende Seiten, aber wieso ausgerechnet ein derart einschneidendes Erlebnis wie Schwangerschaft, Geburt, und dann mit einem völlig gebeutelten Körper und einer ebenfalls in Mitleidenschaft gezogenen Psyche nicht etwa auf Kur gehen, sondern sich die Nächte um die Ohren schlagen zu dürfen, das "schönste Ereignis im Leben" sein soll, erschließt sich mir nicht. Ich stelle aber zumindest in meinem Umfeld auch nicht fest, dass die real existierenden Mütter und Väter sich ihre Erfahrungen mit Gewalt schönreden. Und dass die Werbung einem irgendwelche Ideale suggeriert, sollte man, wenn man alt genug ist, selber Kinder zu haben, schon kapiert haben.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Über den Satz mit der These, die Familiengründung sei ohne Zweifel (!) das Schönste, was einem passieren kann, bin ich auch sofort gestolpert. Das ist doch nun wirklich nicht für jeden so. Ich wollte immer eine schöne Partnerschaft, aber eigentlich nie so wirklich Kinder. Meine Idealvorstellung als junger Mensch vom Leben beinhaltete eher ein aufregendes Studentenleben, Reisen und Karriere. Gerne auch mit Liebhabern, aber bitte ohne Kinder. :mrgreen: Gut, die Prioritäten haben sich gemäß dem Motto, dass Leben das ist, was passiert, während man ganz andere Vorstellungen hatte, irgendwann verschoben, aber ein echter tiefster Kinderwunsch kam nie auf.

Und wenn ich mich so in meinem Umfeld umgucke, bin ich damit nicht so alleine, es gibt da durchaus einige Frauen, die gewollt kinderlos geblieben sind oder diese Entscheidung aus Vernunftsgründen getroffen haben. Auffällig ist, dass bis auf eine Ausnahme alle Frauen, die ich privat ganz gut kenne, alle nur bei einem Kind geblieben sind. Manche sagen auch ganz ehrlich, dass sie das im Vorfeld unterschätzt hatten und durch die ganze Sache nicht noch einmal gehen möchten. Sei es belastende und komplizierte Schwangerschaften, traumatische Geburten, kranke Kinder oder einfach allgemein der Aufwand und die Einschränkungen.

Darunter war aber keine so naiv zu glauben, mit einem Kind sei alles wie in der Margarine-Werbung, wo die ganze Familie aus dem glücklichen Strahlen nicht mehr herauskommt. Nur ging bei vielen im Leben dann doch genug selbiges andere Wege oder auch schief, sodass der Wunsch nach weiteren Kindern sich schnell erledigt hatte. Das war eine Beobachtung, die mich doch beeindruckt hat.

» Verbena » Beiträge: 4970 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Was ist eigentlich damit sagen wollte, ist, dass man es sich vorher eben nicht im geringsten vorstellen kann, wie das Leben mit Kind sein wird. Wenn jemand mit Kindern zu besuch kommt und dann mal für zwei Stunden da ist, bekommt man kaum ein Gefühl dafür, wie es mit eigenen Kindern sein könnte. Auch wenn die Kleinen den ein oder anderen Trotzanfall bekommen, sieht man das nicht so eng.

Wenn die Babys im Bekanntenkreis nachts nur ein bis zwei Mal wach werden weil sie Hunger usw. haben, geht man jetzt ja auch nicht gerade davon aus, dass das eigene Kind stundenlang durchschreit oder fast stündlich gestillt werden möchte. Man geht auch nicht davon aus dass es mal für gut zwei Jahre keine einzige Nacht geben wird in denen das Kind durchschläft. Das hat in meinen Augen nichts mit Naivität zu tun.

Man ist einfach zuerst optimistisch und wenn man Pech hat, hat man eben nicht ein einfaches Kind, dass die meiste Zeit am strahlen ist und tagsüber drei Stunden durchschläft. Wegen dem liebt man die kleinen doch nicht weniger. Jeder Mensch ist anders, und die Eigenheiten fangen schon bei den Kleinsten an.

Zu mir hat auch noch nie jemand gesagt, dass er es bereut Kinder bekommen zu haben. Man hört halt, dass es anstrengend und stressig ist. Eine klare Vorstellung davon hat man halt eben erst, wenn man das eigene Kind in den Händen hält.

» Birdy93 » Beiträge: 767 » Talkpoints: 10,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Birdy, eine einfache Portion Realismus wäre wohl angebracht. Es ist noch keine hundert Jahre her, da waren Kinder kaum zu verhindern. Außer Enthaltsamkeit oder Unfruchtbarkeit gab es nicht viel. Folglich gab es Kinder und niemand hat das als die Krönung des Lebens oder der Partnerschaft angesehen. Das war einfach normal. Und dank Hausgeburt und Mithilfe bei der Versorgung wusste jedes Kind, wie anstrengend das ist.

Sicher ist es mittlerweile dank Waschmaschine und Einmalwindel simpel geworden. Ein Spaziergang ist es aber trotzdem nicht. Man stellt seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurück und ist erstmal nur für den Nachwuchs da. Das sollte jedem normal denkenden Menschen eigentlich klar sein.

Nur heute wird so ein Kind geplant wie der Kauf eines Neuwagens. Die Vorfreude ist riesig. Das Kind soll das Leben bereichern, es soll das Paar noch enger binden, alles soll toll sein. Ja geht es noch? Das kann kein Kind leisten. Ein Kind ist eine Belastung im Alltag und es ist eine Belastung für die Beziehung. Das ist nun wirklich kein Geheimnis.

Das bedeutet nicht, dass ein Leben mit Kind grässlich ist. Kinder bereichern das Leben durchaus. Aber die Bereicherung gibt es nicht wie die Unterhaltung durch einen Film kostenlos. Man muss verdammt hart arbeiten, wenn man alles unter einen Hut bringen will. Das war schon immer so und es wird immer so sein. Kinder bedeuten nicht automatisch das große Lebensglück und sie verhindern es nicht automatisch.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Und ich habe gedacht ich sehe das alles ziemlich negativ, aber für einige von euch scheinen Kinder das schlimmste überhaupt zu sein. :think: Ab jetzt gratuliert man am besten niemanden mehr wenn er schwanger ist, sondern sagt ihm gleich das sein Leben vorbei ist und er sich auf einem Höhenflug abwärts befindet. :lol: - Sarkasmus Ende.

Auch wenn der Alltag nervenzerrend und meine Anschauungen völlig weltfremd und unrealistisch sind, bin ich dennoch am Ende des Tages froh den Kleinen zu haben - und vor allem das er gesund ist. Das mag man vielleicht nicht immer vor Augen haben, aber Gesundheit ist ein Geschenk, dass einem jederzeit genommen werden kann. Daran ist nichts selbstverständlich.

Anscheinend ist es etwas merkwürdiges und untypisches die Gründung einer Familie als schön zu empfinden. Ich weiß nicht unter welchen Umständen ihr eure Kinder bekommen habt, aber unser Junior war ein Wunschkind. Für alle die der Meinung sind, dass ein Kind das Leben versaut tut es mir aufrichtig leid. Noch schlimmer sind die, die glauben mit einer ungewollten Schwangerschaft eine Beziehung kitten zu können. Das ist klar, dass das nur früher oder später schief gehen kann.

» Birdy93 » Beiträge: 767 » Talkpoints: 10,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Birdy, niemand sagt, dass es schlimm ist, Kinder zu haben. Lies dir die Antworten doch noch einmal genau durch. Nur sagt eben auch niemand, dass alles automatisch toll ist. Denn in der Realität ist es eben auch weder das eine, noch das andere. Ein Leben mit Kind ist weder besser, noch schlechter als ohne. Es ist anders und es bedeutet definitiv mehr Arbeit, denn so ein Kind versorgt sich nicht von allein.

Ich mag meine Jungs und möchte keinen missen. Aber die Schwangerschaften waren nicht toll. Bis zur 19. Woche ständig brechen und ab der 22. Woche hungern wegen Schwangerschaftsdiabetes ist keine gute Zeit. Dazu auf der Arbeit funktionieren wie immer und privat von Hinz und Kunz beraten werden. Die Hunde sind zu gefährlich, der Sport ist zu gefährlich, reiten geht ja gar nicht und entsprechende Reaktionen werden als hormonbedingt nicht ernst genommen. Super!

Nach acht Wochen wieder arbeiten, obwohl man nachts noch regelmäßig aufstehen muss, das trägt nicht zur Ausgeglichenheit bei, auch wenn der Papa mit zieht. Das sollte aber wirklich jedem vorher bewusst sein. Wie gesagt, ich liebe meine Jungs, auch wenn die langsam pubertierend vor sich hinstinken und ständig duschen. :D

Aber ohne die Jungs wäre ich nun nicht weniger glücklich geworden. Mein Leben wäre eben ganz anders verlaufen. Ob das besser oder schlechter wäre, das ist reine Spekulation. Aber die Familiengründung halte ich eben nicht für so ein besonderes Ereignis. Was soll deshalb plötzlich super oder besser werden. Ich war ohne Nachwuchs zufrieden mit meinem Leben und ich bin es mit Nachwuchs. Aber Kinder waren auch nie mein Hauptlebensziel. Sie sind nur ein möglicher Baustein von vielen.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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