Wieso verschreiben immer weniger Kinderärzte Hustensaft?
Mein Sohn leidet leider öfter unter Husten. Hustensaft gibt es bei unserem Kinderarzt aber nie. Einer der beiden behandelnden Kinderärzte von uns ist außerdem Pneumologe, ist aber strikt gegen die Gabe von Hustensaft bei Kindern. Das hätte keinen Nutzen.
Ich habe nun schon von vielen Müttern gehört, dass Kinderärzte mittlerweile kaum noch Hustensaft verschreiben und auch von frei verkäuflichen Produkten abraten. Hustensaft soll wohl auch benommen machen und sei daher sogar schädlich für Kinder.
In meiner Kindheit gab es bei jedem noch so kleinen Hüsterchen direkt Hustensaft. Meine Mutter kennt es daher nicht anders und versucht mich daher immer dazu zu drängen, meinem Sohn auch Hustensaft zu besorgen. Warum verschreiben letztendlich immer weniger Kinderärzte Hustensaft?
Die Antwort steht ja schon im Posting. Fehlende Evidenz, oder anders gesagt: Bringt eh nix. Warum sollte man einen Patienten, ein Kind noch dazu, mit einem Medikament traktieren, dass über die Jahrzehnte gezeigt hat, dass die Wirkung über Placebo nicht hinausgeht? Im Umkehrschluss scheint das bei den Eltern aber noch nicht angekommen zu sein, denn der Absatz von freiverkäuflichen Hustensäften ist vermutlich immer noch ungebrochen.
Seitens der Eltern ist das vielleicht auch nachvollziehbar, man möchte schließlich gegen das Leiden des eigenen Kindes eine Waffe in der Hand haben. Und man selbst war es aus der eigenen Kindheit so gewöhnt. Die meisten zumindest, ich hatte als Kind nie Hustensaft. Kann mich aber auch nicht an Husten erinnern, das war nicht meine Baustelle. Bei uns war alles gegen Mandelentzündungen hoch im Kurs.
Was verstehst du denn unter Hustensaft? Hustenlöser oder Hustenstiller? Hustenlöser ist für Kinder nicht hilfreich und um den Schleim zu lösen, ist ausreichend Flüssigkeit viel wichtiger als ein Medikament. Und Hustenstiller wirkt nachweislich schlechter als nebenwirkungsfreier Honig. Und den dürfen Kinder ab einem Jahr nutzen.
Ich bin deutlich älter als du und Hustensaft hat meine Kinderärztin schon vor knapp 50 Jahren nicht verschrieben. Meine Kinder haben dafür auch keine Rezepte erhalten. So verbreitet war das also wohl nicht.
Ich hatte als Kind oft Husten, nach dem Keuchhusten noch wochenlang, und bekam dann immer Hustensaft. Er hatte einen ganz besonderen Geschmack und war sehr lecker. Er hat sehr wohl geholfen. Das ist aber schon sehr lange her. Damals war es normal, dass man als Kind bei jedem Husten Hustensaft bekam, zumindest in meinem damaligen Umfeld.
Da ich mich an meine eigene Kindheit besser erinnere als an die meiner Kinder kann ich gar nicht mehr genau sagen, wie oft ich meinen Kindern Hustensaft gegeben habe. Aber es war schon ein paarmal, dass der Kinderarzt irgendetwas in der Art verschrieben hat. Manchmal habe ich es auch so in der Apotheke geholt. Das ist aber auch schon lange her.
Wenn das heute nicht mehr verschrieben wird, dann wird es seine Gründe haben. Vielleicht sind die Mittel schwächer als früher und wirken deswegen nicht. Und stärkere Mittel haben vielleicht zu viele Nachteile, über die man früher nicht so viel wusste.
Vor hundert Jahren war Heroin im Hustensaft. Das würde man heutzutage natürlich nicht mehr geben. In meiner Kindheit war Codein im Hustensaft. Vielleicht ist das heute auch verboten? Ich kann mich nur erinnern, dass der Saft sehr lecker war und mein Husten eine Zeit lang sehr viel besser war und ich wieder gut schlafen konnte.
Blümchen, Codein im Hustensaft ist nicht verboten. Aber das Zeug dämpft den Hustenreiz schlechter als Honig. Dafür kann man schön schlafen, weil dieses Opioid so toll müde macht. Und weil es wunderbar den Atemreflex dämpft, wachen kleine Kinder nach einer Überdosierung schnell mal gar nicht mehr auf.
Außerdem ist Codein eine Prodrug, die erst durch die Verstoffwechselung in der Leber zum wirkungsvollen Opioid wird. Dummerweise gibt es unter europäischen Kindern Exemplare, die das entsprechende Gen mehrfach besitzen. Dann wird schon im ersten Durchgang bei normaler Dosierung so viel Codein umgewandelt, dass eine lebensbedrohliche Morphinvergiftung entsteht. Es gibt keinen Test dafür, aber regelmäßig Todesfälle, wenn es Codein gegen Schmerzen nach der Mandelentfernung gegeben wird.
Auch wenn das wie Reklame klingt, aber Meditonsin wurde vom Kinderarzt empfohlen. Kenn das gar nicht anders. Aber das ist mehr ein Placebo. Hilft aber komischerweise.
Aber das, was @cooper75 formulierte mit dem Codein im Hustensaft sollte eine dringend zu befolgende Warnung sein, sich den gebetsmühlenartig bei Fernsehreklame wiederholten Satz "zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" voll zu Herzen zu nehmen.
Jetzt weiß ich auch endlich, wieso ich früher nach Hustensafteinnahme "mit Codein" am andern Tag so total unkonzentriert war, dass man nichts aber auch rein Garnichts mehr auf die Reihe kriegte. Wohl Entzugserscheinungen.
Die Meditonsin Tropfen sind wegen des Alkoholgehalts nicht für Kinder geeignet. Was anderes als der müde machende Schnaps und der Placebo-Effekt wirkt da auch nicht, weil die anderen Inhaltsstoffe nur in homöopathischer Dosierung vorhanden sind. Man tut halt irgendwas und bittere Medizin hilft ja immer. Wer's glaubt wird selig und wer nicht dran glaubt, kommt auch in den Himmel. Für Kleinkinder gibt es das Zeug auch süß und alkoholfrei als Globuli.
Genau, der medizinische Geschmack war es wohl, der die Popularität des Präparates *M* begründete. Und Mama hat etwas Gutes getan. Und Kinderchen merken, dass sie mit ihren Wehwehchen auch ernst genommen werden. Und ist es tatsächlich eine ernsthaftere Erkrankung, die einen Kinderarztbesuch unausweichlich macht, dann merkte das Mama auch an dem Fieber oder dem Grad der Symptome.
Ursprünglich hatte das Kind Pickel wie bei Masern, hinterher konnte der Kinderarzt beruhigen, denn es waren nur mehr Mückenstiche als sonst. Also genetisch bedingt ein "Mückenopfer". Aber es war eben doch Mamas kluge Entscheidung, erst beim Kinderarzt anzurufen und dann die Praxis aufzusuchen.
Früher gab es kein Video. Vielleicht ist das heute leichter mit Videosprechstunde. Eventuell kann im konkreten Fall in der ursprünglichen Fragestellung zunächst ein Video-Praxistermin avisiert werden. Gerade Kinder können ja ihre Beschwerden nicht richtig artikulieren. Erst Video, dann entscheidet der Arzt, ob ein Besuch in der Praxis erfolgen muss oder nicht. Und ob tatsächlich ein Mittel gegen Husten nötig ist oder nicht. Wenn nicht, dann eben nicht. Diese Verantwortung trägt dann der Arzt. Hat das Kind beispielsweise eine stärkere Bronchitis, dann gibt es auch Arzneien dafür, die der Arzt verschreibt.
Als meine Kinder die erste richtige Erkältung mit ordentlichem Husten hatten, haben wir auch mehrere Hustensäfte versucht und wurden enttäuscht. Selbst die Dinge, die ihr Vater, wie auch ich aus eigener Kindheit noch als gut wirkend kannten, konnte man vergessen. Und man wird es kaum glauben, dass wir dann einfach mal Zwiebelsaft angesetzt haben und der dann auch den gewünschten Erfolg brachte.
Ob unsere damalige Kinderärztin Hustensaft verschrieben hätte, kann ich gar nicht sagen. Denn wegen einer Erkältung sind wir nicht in die Praxis. Solange da kein hohes Fieber dazu kam, haben wir das einfach zu Hause auskuriert.
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