Wie wichtig ist ein Lob im Job?
Ich habe eine Freundin, die nur noch am Meckern ist, sie arbeitet schon 30 Jahre im gleichen Betrieb und erzählt immer von alten Zeiten. Sie vermisst mal ein Lob oder Anerkennung für die Arbeit und jahrelange Erfahrung und Ratschläge, die sie an ihre Kollegen und Kolleginnen weitergegeben hat. Sie ist ein Mensch die eigentlich jedem hilft, wo sie nur kann, aber sie hat in letzter Zeit das Gefühl, dass der Egoismus immer mehr in den Vordergrund geraten ist.
Ich finde auch, dass ein Lob guttut, egal ob von den Kollegen oder den Chefs. Ein Lob streichelt die Seele und spornt auch zu Höchstleistungen an und die Arbeit macht mehr Spaß. Wie ist das bei euch, ist euch ein Lob wichtig oder macht ihr euren Job so gut es geht und das wars?
Ich bin inzwischen gefühlt bei meinem "Traumjob" angekommen und ein Grund dafür ist tatsächlich, dass man hier eine tolle Arbeitsatmosphäre hat. Nicht zuletzt liegt es daran, dass man tatsächlich regelmäßig Lob und Anerkennung für die getane Arbeit bekommt, sowohl von den Kollegen als auch den Chefs. Zum anderen hat man auch das Gefühl, dass auch Fehler passieren können/dürfen ohne dass man einen Kopf kürzer ist und dass man eben auch keiner ein Probleme hat, wenn man Fragen stellt. Verbesserungsvorschläge werden gehört und Kritik wird angenommen.
Ich finde, dass es tatsächlich die Motivation und den Zusammenhalt enorm steigert, wenn man auch mal ein Dankeschön und Lob für seine Arbeitsleistung bekommt und nicht nur Ärger, wenn mal was schief läuft. Natürlich sollte das auch nicht übertrieben werden, ehrlich gemeint sein und im angemessenen Rahmen bleiben.
Ich hatte mal einen Chef, der hat so Sprüche loslassen wie "Sie sind die Beste, sie haben mir heute meinen Tag gerettet", obwohl ich lediglich ein Briefkuvert neu beschriftet habe für ihn. Das ist jetzt nur ein Beispiel von vielen, was aber wohl deutlich macht was ich meine. Es war einfach dem Arbeitsaufwand nicht angemessen und völlig überzogen, da fühlt man sich dann nicht ernst genommen bzw. genauer gesagt schon verarscht.
Bei meinem jetzigen Arbeitgeber gibt es zum Beispiel auch jedes Jahr für einen Teil der Mitarbeiter eine "geheime" Leistungsprämie. Es wird allerdings schon darauf geachtet, dass jeder mal irgendwann dran ist, da wir ja schlussendlich als Team alle gute Arbeit leisten.
Was z.B. nicht so mein Ding wäre ist, wenn man gewisse Mitarbeiter öffentlich speziell hervorhebt in Form von "Mitarbeiter des Monats". Das hab ich zum Beispiel kürzlich bei meiner Hausbank gesehen. Diese "Auszeichnung" war für jedermann, also auch die Kundschaft, sichtbar. Aber auch das ist individuell, manche Arbeitnehmer mag ja auch das motivieren.
Das ist zwar schon reichlich spitzfindig, aber ich finde, dass "Lob" immer ein Machtgefälle impliziert. Ich "lobe" meinen Hund oder meine Kinder, wenn letztere brav ihr Zimmer aufgeräumt haben, aber soll ich den IT-Ler dafür "loben", wenn er seinen Job macht und den VPN-Server neu aufsetzt?
Ich finde, dass hier etwas reichlich Patriarchalisches mitschwingt, weil Lob ja nur von "oben nach unten" funktioniert, und ich möchte unabhängig von Gehaltsklasse und Hierarchien im Job zumindest im zwischenmenschlichen Umgang auf Augenhöhe und gleichwertig behandelt werden.
Und dazu gehört in einem professionellen Umfeld natürlich Feedback, im Idealfall positiver Natur. Gerade wenn man tatsächlich nur ein Rädchen im Getriebe ist, ist es schon gut für die Moral, mal wieder zu erfahren, dass man tatsächlich zu einem großen Ganzen beiträgt und die "Großkopfeten" das auch sehen und schätzen. Einfach so unbeachtet ins Leere vor sich hin zu werkeln entspricht auch nur in den seltensten Fällen der menschlichen Natur.
Generell halte ich es allerdings nicht mehr für zeitgemäß, von seinem Job allzu viel mehr zu verlangen als Geld und ein professionelles, angenehmes Miteinander. Enttäuschungen sind in meinen Augen vorprogrammiert, wenn man erwartet, die Seele gestreichelt zu bekommen, wenn es unterm Strich doch nur darum geht, für das gesetzlich vorgeschriebene Minimum an Entlohnung seine Aufgaben zu erfüllen, wie es im Spätkapitalismus dem Standard entspricht.
Nachdem ich in meinem ersten Job sehr viele schlechte Erfahrungen gemacht habe, kann ich nur sagen, dass es nicht unbedingt um Lob geht, sondern viel mehr um Wertschätzung generell. Diese kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise erfolgen und beispielsweise auch damit einhergehen, dass man auf Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingeht und diese als Arbeitgeber überhaupt wahrnimmt. Leider war mein vorheriger Chef stark narzisstisch veranlagt und hat das seinen Mitarbeitenden mit mangelnder Wertschätzung auch spüren lassen.
Mein jetziger Chef ist es auch nicht unbedingt gewöhnt, sehr viel Lob zu verteilen. Dafür ist er auch vom Naturell her einfach zu ruhig und selbst genügsam. Er sagt aber gerne Danke und das ist in meinen Augen sehr wichtig. Außerdem fragt er stets nach, ob man zufrieden ist, wie man sich weiterentwickeln möchte und nimmt sich dann trotzdem mindestens einmal im Jahr zu Zeit auch zu sagen, was gut gelaufen ist.
Auch finde ich, dass an dieser Stelle Lob und konstruktive, ehrliche Kritik zusammengehören. Wertschätzung kann auch ohne ehrliche Kritik nicht wirklich funktionieren und dann wäre man auch nicht wirklich darauf bedacht, die eigenen Mitarbeitenden zu fördern und deren Stärken weiter auszubauen.
Ich glaube nach einer so langen Zeit wie deine Freundin in einem Betrieb, wird man auch schnell blind für mögliche Wertschätzung. Oder aber sie ist schon sehr lange unzufrieden mit anderen Faktoren im Unternehmen aber bricht es nicht übers Herz die Stelle zu wechseln. Leider ist das mit zunehmender Zeit natürlich immer schwerer. Für mich gibt es da eigentlich nur das Motto "love it, change it or leave it". Wenn sie sich absolut nicht mehr wohlfühlt und der Meinung ist, dass sie nicht die Anerkennung bekommt, die ihr zusteht, sollte sie es woanders probieren.
Leider gibt es auch sehr viele Menschen, die sich immer nur aufregen, anstatt die kleinen Dinge wertzuschätzen, auch das habe ich immer wieder erlebt. Das ist dann aber eine generelle Unzufriedenheit und wird auch durch mehr Lob nicht unbedingt besser. Zur Wertschätzung gehört auch immer die eigene, innere Wertschätzung und Selbstzufriedenheit, das ist schwer extrinsisch ersetzbar.
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