Wie viel Platz als Eltern mit Kind brauchen?
Ich habe einen Kollegen, der eine - meiner Ansicht nach - ziemlich befremdliche Einstellung zum Thema Kinder und Familie hat. Er hat mal in der Mittagspause erwähnt, dass seine Frau und er sich jetzt der Familienplanung widmen und hat sich eben mit anderen Vätern bei uns ausgetauscht. Auffällig ist, dass er - laut eigener Angabe - in einer Wohnung von knapp 42 qm lebt und auch gar nicht vor hat umzuziehen. Die Wohnung hat nur zwei Zimmer, also Wohnzimmer und Schlafzimmer und er meint, mit einem Kind müsste das doch locker funktionieren.
Er würde das dann einfach so machen, dass das Kind im Schlafzimmer im eigenen Bett schläft und im Wohnzimmer dann spielen könnte. Wenn das Kind alt genug wäre und Privatsphäre bräuchte, würde es ein eigenes Zimmer bekommen wobei die Eltern dann jede Nacht auf der Couch schlafen würden und sich eben anpassen würden. Das Wohnzimmer bei ihm ist wohl ein Durchgangszimmer, also wirkliche Privatsphäre wäre da nicht vorhanden.
Kollegen haben ihn auch schon kritisiert, dass das zu wenig Platz wäre und er über 60 qm bräuchte, wenn er ein Kind hätte. Er stempelt das aber eher als übertriebenen "Luxuswahn" ab und meint, dass er eben als Minimalist so gut zurechtkommen würde. Dummerweise kenne ich seine Frau sehr gut und weiß, dass ihr die 42qm schon viel zu wenig Platz sind für zwei Personen, aber er ignoriert das. Wie viel Platz braucht man eurer Meinung nach, wenn man eine Familie gründen möchte? Würden 42qm ausreichen bis das Kind volljährig ist? Was haltet ihr von der Einstellung meines Kollegen?
Dem zukünftigen Sprössling dürfte es wohl egal sein ob es sich um 42 qm oder 82 qm handelt, er wird sich ohnehin überall ausbreiten. Bis das Kind seine Privatsphäre fordert, hat sich dein Kollege das ganze vielleicht nochmal überlegt. Denn er und seine Frau sind ja die Leidtragenden auf diesem engen Raum.
Ich bin sicher es gibt reichlich Großfamilien, die sich den gleichen Platz teilen und auch prima zurecht kommen, nur sind sie nichts anderes gewöhnt beziehungsweise aus finanziellen Gründen dazu gezwungen. Schön oder spaßig ist das mit Sicherheit nicht, möglich wäre es jedoch schon. Nur scheint die Frau deines Kollegen ja schon jetzt unter dem Platzmangel zu leiden, was sich auf Dauer auch auf den Gemütszustand auswirkt.
Er wird nicht besonders glücklich sein mit seiner minimalistischen Einstellung, wenn die Mutter seines Kindes unzufrieden ist und er anfängt alle 20 cm über diversen Babykrimskrams zu stolpern. Bei pubertierenden Kindern wird es dann richtig lustig, wenn man als Erwachsener eine möglichst große Distanz zwischen sich und das türenknallende, Speed Metal lauschende Kindlein bringen möchte.
42 Quadratmeter für eine Familie mit 3 Personen ist schon sehr sportlich, gerade wenn es sich dabei nur um zwei Zimmer handelt. Man sagt von der Rechnung her nicht umsonst, dass man pro Person etwa 30 Quadratmeter rechnen sollte. Hier hätte man z.B. zu dritt Anspruch auf eine 90 Quadratmeter Wohnung mit 3 Zimmern. Das ist auch das mindeste was ich ansehe, denn wenn das Kind älter wird, dann will es auch sein eigenes Reich haben und nicht mit seinen Freunden im Schlafzimmer der Eltern auf dessen Bett spielen.
Ich sage es ganz ehrlich, ich bin aufgewachsen mit 4 Geschwistern und meinen Eltern in einem Haus mit 90 Quadratmetern und 4 Zimmern. Davon ist eines bereits als Arbeitszimmer für meinen Vater entfallen, es gab ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und ein Kinderzimmer. Das Kinderzimmer selbst hatte nur 20 Quadratmeter und darin waren vier Kinder unterschiedlichen Alters untergebracht.
Sozusagen hatte jeder für sich genau 5 Quadratmeter die natürlich von allen anderen auch munter mitbenutzt worden sind. Mich hat es immer genervt, wenn meine wesentlich jüngeren Schwestern mich beim Hausaufgaben machen gestört haben, ich nie Freunde mitbringen konnte weil die Geschwister auch noch da waren und ich mich auch geschämt habe, einfach so wenig Platz zu haben. Denn auf den 5 Quadratmetern stand mein Bett und ich hatte nur einen schmalen Gang von 20 cm zum spielen für mich und auch für Freunde die zu Besuch waren.
Wohnzimmer war tabu, ebenfalls das Schlafzimmer wie auch das Arbeitszimmer. Spielzeug durfte nirgendwo im Haus liegen gelassen werden, weil es direkt Schläge gab wenn mein Vater etwas nach seiner Arbeit gefunden hat. Das gefundene Spielzeug wurde einkassiert und landete im Müll. Einfach weil er davon genervt war, dass überall die Sachen herum lagen. Obwohl er selbst sich immer als "Kinderlieb" gesehen hat und auch so vor den Nachbarn dargestellt hat. Ich war mehr als froh, als das neue Haus gebaut wurde und am Ende auf drängen meiner Mutter doch jedes Kind sein eigenes Reich bekommen hat. Erst dann konnte ich Freunde mitbringen zum spielen und auch in Ruhe meine Hausaufgaben machen.
Von daher halte ich deinen Kollegen für Naiv und weit fernab jeder Realität. Mag sein das er ein Geizhals ist und entsprechend nicht mehr Geld für eine größere Wohnung ausgeben möchte. Aber auf die Dauer kommt es ohnehin dann zum Streit und Dauerstress, weil man sich einfach auf die Nerven geht mit zu wenig Raum. Bei 42 Quadratmetern ist jetzt noch nicht einmal eine Ausweichmöglichkeit für zwei Personen gegeben, wenn man sich gestritten hat.
Mit einem Kind noch unter dem Dach wird die Situation noch mehr verschärft und es kommt noch eher zum Streit als es mit zwei Personen der Fall ist. Auch ist es keine Garantie, dass es hinterher bei einem Kind bleibt oder will er auch mit 2 oder 3 Kindern dort wohnen bleiben und ist der Meinung, dass es alles funktioniert? Dann kann er am besten von Anfang an Hochbetten kaufen, damit er Kinder und seine Frau auch besser stapeln kann auf diesem geringen Platz.
Ich kann mich da nur anschließen: 42 m² ist eine absurde Zahl für eine junge Familie. Als Übergangslösung für die ersten Monate bzw. vielleicht 2-3 Jahre mag das funktionieren; in dieser Phase verbringt man (bzw. mindestens ein Elternteil) ja sowieso maximal viel Zeit mit dem Kind und die Fragen der Privatsphäre stellen sich auch noch nicht so wirklich (sehr zum Leidwesen der jungen Eltern, wie ich bemerken möchte!).
Aber spätestens wenn das Kind aktiver wird, mehr rumlaufen kann, an mehr Sachen drankommt, wird es meines Erachtens unerträglich für die Eltern. Hat das Kind seinen eigenen Raum, in dem es sich ausbreiten kann, haben automatisch auch die Eltern mehr Ruhephasen. Einen Rückzugsraum, in dem man einfach mal allein sein kann, halte ich ja schon in einer Wohnung, die man nur mit dem Partner teilt, für unabdingbar (viel Streit lässt sich vermeiden, wenn man sich nicht ständig auf der Pelle hockt).
Wenn dann aber noch ein Kind dazu kommt, dann wird das erst recht wichtig, finde ich. Die Wohnung muss dadurch ja auch gar nicht riesig sein! Klar, 90 m² wären schön, wenn man zu dritt ist, 60 würden es aber auch tun, wenn die Wohnung so aufgeteilt ist, dass es mindestens 3 abgetrennte Zimmer gibt. Dann kann man sich immer noch überlegen, sich zu vergrößern, wenn das Kind älter wird oder falls eben doch noch einmal Nachwuchs dazu kommt. 42 m² und 2 Zimmer halte ich aber als Dauerlösung für absolut hirnrissig - da ist der Krach, die Gereiztheit und der Nervenkrieg vorprogrammiert.
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass 42m² viel zu wenig Platz für eine Familie sind. Kinderlose Paare würden gar nicht glauben wie viel Platz die kleinen Zwerge einnehmen und zwar von Anfang an. Vom Wickeltisch bis hin zur Gehschule muss alles irgendwie praktisch untergebracht werden.
Noch dazu kommt, dass es auf Dauer ziemlich nervig ist, das Kinderbett im eigenen Schlafzimmer zu haben. Im ersten Lebensjahr ist es zwar noch okay, aber dann? Irgendwann möchte man ja auch als Elternteil wieder mit dem Partner mal alleine sein. Man kann sich ja nicht mal im Schlafzimmer unterhalten und muss immer zum Bett hinschleichen, um das Kind nicht zu wecken.
Sobald das Kind größer ist wird es einen Ort brauchen wo es sich auch mal zurückziehen und in Ruhe spielen usw. kann. Vielleicht überdenkt dein Kollege seine Einstellung nochmal sobald er sieht, wie der Alltag mit Kind aussieht. Das kann man sich meiner Meinung nach vor der Geburt eines Babys nicht vorstellen und ist bei jeder Familie anders. Ich denke mir, dass es früher oder später nicht anders gehen wird, als in eine etwas größere Wohnung zu ziehen.
Auf die Dauer ist das einfach nicht umsetzbar. Immerhin braucht jeder seinen Platz, auch seinen Rückzugsort und möchte auch mal seine Ruhe haben. Da macht ein Zimmer mehr schon Sinn. Vor allem braucht das Kind aber auch einfach irgendwann mehr Platz und möchte sich auch mehr bewegen, wird ja auch mobiler und lädt sich dann auch mal Freunde ein.
Bei so wenigen Quadratmetern mag das anfangs gut gehen, auch im ersten Jahr, aber danach wird es schlecht umsetzbar sein, weil einfach keiner Platz hat und das Kind sich auch nicht zurückziehen kann. Man möchte ja auch nicht überall Spielsachen umherliegen haben.
Als mein Partner und ich Eltern geworden sind haben wir auch in einer 45 qm Wohnung in einem kleinen Ort gewohnt. Diese Wohnung haben wir von unserem Vermieter bekommen als klar war dass ich schwanger bin. Vorher haben wir sogar 9 Monate in einer 30 qm, 1-Zimmer-Wohnung gewohnt. In dieser Phase hatten wir auch ein Wohnzimmer mit offener Wohnküche, ein Bad und eben unser Schlafzimmer mit einem Eck für unsere Tochter, also Babybettchen, Wickeltisch. Im Wohnzimmer stand nur ein Sofa, ein kleines Sideboard mit Fernseher und eben eine kleine Spielecke. In der Spielecke stand anfangs ein Stubenwagen und später dann ein Laufstall.
Für die ersten Monate war diese Art des Wohnens für uns schon machbar und okay. Anfangs bewegt sich das Kind ja eh nicht selbst sodass es keinen großen Platz zum Spielen etc. braucht. Zu eng war es uns auch nicht in den eigenen vier Wänden weil wir tagsüber dann viel unterwegs waren in der Natur oder einfach bei Verwandten oder in der Stadt. Als meine Tochter dann 10 Monate alt war sind wir berufsbedingt in eine größere Stadt und somit auch in eine größere Wohnung gezogen. Wir haben letztendlich eine 75 qm Wohnung mit drei Zimmern gefunden und wohnen auch noch heute mit unserem Teenager in dieser Wohnung.
Ich würde sagen die ersten ein bis zwei Jahre wäre das schon weiter machbar gewesen. Allerdings wird es schwierig wenn das Kind dann seine eigene Spielsachen / Bücher etc. bekommt und man schon gar keinen wirklich Stauraum mehr hat.
Ich bin auch kein Fan davon das Wohnzimmer jeden Tag zum Schlafzimmer umzubauen. Das kann man übergangsweise machen wenn man keine andere Wohnung findet. In unserer Partnerschaft ist es oft so, dass wir nicht gemeinsam ins Bett gehen. Wenn der eine schon müde ist und der andere noch am PC oder Fernseher sitzen will dann käme es früher oder später bestimmt zu Konflikten weil die nötige Nachtruhe nicht gegeben wäre. Da bin ich schon froh drum dass wir einen separaten Schlafbereich, das Schlafzimmer haben.
Aus falscher Sparsamkeit würde ich nicht freiwillig mit drei Personen in einer so kleinen Wohnung wohnen. Hätten wir damals schon zu einem früheren Zeitpunkt eine größere Wohnung in Aussicht gehabt, dann hätten wir uns mit Sicherheit für einen Umzug entschieden. Gerade in unserem Wohnbezirk gibt es solche Konstellationen allerdings öfter. Ich kenne Haushalte in denen Paare mit bis zu vier Kindern wohnen und die identische Wohnung (3 Zimmer, 75 qm) wie wir bewohnen.
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