Wie viel Mitleid habt ihr mit Bahnkunden?
Die Bahn streikt ab Heute wieder, wobei die wenigsten Menschen dafür scheinbar Verständnis haben. Auch sonst ist die Bahn nicht gerade ein pannenfreies Verkehrsmittel und es kommt häufig zu Verspätungen oder Zugausfällen. Oft funktionieren WCs nicht oder aber die Heizung bzw. Klimaanlage ist defekt. Findet ihr, dass man wegen dieser Zustände Mitleid mit den Bahnkunden haben sollte? Oder seht ihr das gar nicht ein? Oder meint ihr, dass Autofahrer es schwerer haben?
Das Unverständnis trifft bei diesen Streiks wohl weniger die Streikenden als vielmehr die Bahn, die mal wieder sehr schlecht informiert hat.
Es war seit gestern bekannt, dass heute Morgen gestreikt werden wird und ich habe deshalb einen Termin verschobene, aber es war eben nicht klar welche Züge genau ausfallen werden. Bei uns ist der gesamte Fernverkehr gestrichen worden und darüber stand überhaupt nichts in der App.
Von daher kann man nicht sagen, dass die Bahnkunden, die heute Morgen an den Bahnhöfen standen, selber Schuld waren und sich einfach nur schlecht informiert hatten. Allerdings bringt es denen auch nichts wenn ich sie groß bemitleide, oder?
Die Fragestellung suggeriert eine Gegenüberstellung von beruflich benutzen Verkehrsmitteln, dem öffentlichen Nahverkehr, sprich Deutsche Bahn und privatem Kraftfahrzeug. Nehmen wir zuerst den Autofahrer unter die Lupe:
Wenn der Autofahrer pünktlich um halb acht in Frankfurt an der Zeil oder in der Nähe einen Chance auf einen Parkplatz haben möchte, dann muss er im Rhein-Main-Gebiet schon früher aufstehen, als es die reine Fahrtzeit laut zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf den Autobahnen und Schnellstraßen ermöglichte. Zehn Minuten später als sonst auf die Waltz und man handelt sich mindestens eine Dreiviertelstunde Verspätung ein. Wie oft man da und anderswo im Stau steckte, brauche ich nicht zu betonen. Dabei atmet der Fahrer die Abgase des vor ihm fahrenden Autos ein und muss ständig aufpassen, dass die Lücke zum Vordermann nicht zu groß wird. Natürlich kann er seinen Lieblingssender FFH da hören als Abwechslung, aber Telefonieren steht ja schon auf der Ordnungswidrigkeitenliste. Von den Pannen, den Wagen im Winter morgens flott zu bekommen, einmal ganz zu schweigen.
Der Bahnfahrer hat zwar nicht so viel Individualität in seiner privaten "Raumkapsel", teilt sich die Plätze mit anderen Fahrgästen, muss vielleicht auf dem zugigen Bahnsteig warten, aber er braucht sich, wenn er einmal im Zug sitzt, nicht ständig auf den Verkehr konzentrieren und um das Fahrzeug selbst kümmern. Zur Not kann er auch ein Nickerchen einlegen, ohne dass gleich ein Unfall passiert.
Jetzt müsste man die Ausfälle und als Unzulänglichkeiten empfundenen Dinge bei der Bahn in Relation zu den Unannehmlichkeiten beim Autofahren setzen. Wie oft ist die Bahn tatsächlich zu spät oder ertönt die Durchsage am Bahnsteig "Zug fällt aus" und wie oft hat der normale Autofahrer Probleme mit der Technik des Autos selbst oder mit dem Verkehr.
Hier die beiden Gruppen mit einer Kategorie aus dem Gefühlsleben, eben mit Mitleid zu versehen, kann so eindeutig nicht gesagt werden.
Als 35.000-km-im-Jahr-Hardcore-Bahnpendlerin weiß ich nicht so recht, ob ich mich freuen oder ärgern soll, dass ich auch auf der Liste der zu bemitleidenden Bevölkerungsgruppen zu finden bin, kaum dass die Bahn mal wieder streikt.
Jedenfalls hatte ich heute zwangsfrei und darf mich morgen ans Verhandeln machen, ob es als Minusstunden, Urlaub oder höhere Gewalt verrechnet wird. In jedem Fall zahle ich drauf, wenn die Bahn nicht so tut, wie sie soll, und der Streik heute war schon saublöd, da kaum vorher angekündigt, extrem flächendeckend und man konnte sich nicht mal irgendwie durchtricksen.
Nur: Was sollte mir ausgerechnet das Mitleid meiner Mitmenschen schon bringen? Schließlich habe ich mich selber für eine derart umständliche Konstellation entschieden und habe weder genügend Geld für eine Wohnung in der Großstadt noch einen derartigen Allerweltsjob, dass ich an jeder Straßenecke eine Anstellung finde. Ist eben so.
Die schon erwähnten Auto-Pendler bemitleidet auch niemand, wenn sie mal wieder im Stau stehen, wobei ich das Bahnfahren auch nicht als vergleichsweise komfortabel und luxuriös hochfiedeln würde, nur weil ich nicht selber lenken muss. Manchmal wäre es schon ganz schön, nicht ständig mit Fremden in einer Keimschleuder zu sitzen, aber wie gesagt: Damit muss man klarkommen. Letzten Endes sind selbst das Luxusprobleme, auch wenn es natürlich extrem ärgerlich ist.
Ich beneide keinen Menschen, der es schwer hat, egal, ob es ein Bahnfahrer ist, der das Geburtstagfest seines Freundes wegen Bahnstreiks verpasst, ob es sich um einen Autofahrer handelt, der nach einem langen Arbeitstag eine Stunde im Stau steht oder ob es ein Fußgänger ist, der in einen Schneesturm gerät, wie es mir eben passiert ist. Mitleid ist aber nicht das passende Wort dafür, eher Verständnis für den Ärger der betroffenen Personen.
Ich finde so etwas schon immer ärgerlich, da es mich selbst auch oft betrifft. Ich nutze selbst oft die öffentlichen Verkehrsmittel und da kommt es dann leider auch öfter vor, dass die Bahn ausfällt, die Klimaanlagen oder die Toiletten nicht funktionieren oder dass es zu Verspätungen kommt. So etwas ist ja immer nervig, da man ja in der Regel nicht einfach so aus Spaß Bahn fährt, sondern weil man wichtige Termine hat oder zur Arbeit muss.
Mitleid ist vielleicht etwas viel gesagt, wenn es mich gerade selbst nicht betrifft und ich auch niemanden persönlich kenne, der davon betroffen ist. Allerdings kann ich den Ärger der Menschen absolut nachvollziehen und kann es verstehen, wenn man dann genervt ist oder sich beschwert. Die Menschen haben ja allen Grund dazu. Man ist dann ja quasi machtlos.
Sicherlich kann als Autofahrer auch viel passieren, allerdings hat man da mehr Macht über die Situation. Man kann selbst entscheiden, wann man losfährt, wo man einen Haltestopp macht und ob man einen anderen Weg nimmt. Wenn man vorher weiß, dass irgendwo eine Baustelle sein und es Stau geben wird, kann man die Fahrt ja auch dementsprechend anpassen und früher losfahren oder einen anderen Weg nehmen.
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