Wie verträgt sich hippokratischer Eid mit Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung haben viele Leute in Deutschland. Und wenn ein Arzt diese Verfügung vorliegen hat, muss er sich fügen und darf keine lebenserhaltenden Maßnahmen ergreifen oder man . So sieht es das Gesetz. Aber ist das nicht unheimlich widersprüchlich? Jeder Arzt muss den hippokratischen Eid ablegen, wo er schwört Menschenleben zu retten, wenn es ihm möglich ist.
Ich möchte ehrlich gesagt in dieser Situation nicht als Arzt arbeiten, wenn ich dann nicht Leben retten darf, wenn ich es könnte, weil der Patient eine Verfügung hat. Wie verträgt sich der hippokratische Eid mit der Patientenverfügung? Ist das nicht ein gesetzlicher Widerspruch?
Ich sehe das nicht als Widerspruch. Denn die Maßnahmen werden nur eingestellt, wenn das Leben nicht mehr zu retten ist. Manche schwerstkranken Menschen quälen sich doch nur noch. Sie haben Schmerzen oder können vieleicht nicht mehr richtig atmen. Ich persönlich würde das als Erlösung sehen.
@steinchen78: Das ist nicht so richtig. Oft muss beatmet werden und es besteht dennoch Aussicht auf Genesung. Aber durch eine Patientenverfügung kann man das bereits im Vorfeld klären, dass man nicht beatmet werden will. Auch kann man in einer Patientenverfügung bestimmen, ob man eine Bluttransfusion bekommen will oder nicht. Auch wenn dadurch das Leben gerettet werden kann dürfen die Ärzte normalerweise keine Bluttransfusion geben. Da ist meines Erachtens der Widerspruch.
Auch kann ich mit einer Patientenverfügung bestimmen, ob ich operiert werden will oder nicht und wenn ich einfach nicht operiert werden will und ich es schriftlich festlegen würde, dann dürfte mich kein Arzt operieren. Es werden nicht nur die Geräte nicht angeschlossen, wenn man eine Patientenverfügung hat, sondern alles, was mein Leben erhalten würde. Zumindest kann man das alles in einer Verfügung aufführen.
Der Eid des Hippokrates ist schon lange durch die Genfer Deklaration abgelöst. Und die Wünsche eines Patienten zu achten, widerspricht in keinster Weise dem Genfer Gelöbnis. Denn das Gelöbnis verlangt nur, dass die Gesundheit des Patienten das oberste Gebot des Handelns sein. Wenn aber die Gesundheit nicht wieder herzustellen ist, dann wird jeder Arzt das Leid lindern.
Leiden zu lindern ist primäre Aufgabe eines Arztes, auch wenn er nicht Heilen kann. Ein Leiden künstlich zu verlängern, wenn der Patient es nicht wünscht, das verlangt der Eid ganz sicher nicht. Denn weiter lobt der Arzt, seine medizinische Kenntnisse selbst unter Bedrohung nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anzuwenden.
Wenn der Arzt also selbst unter Bedrohung die Menschlichkeit achten muss, dann muss er es doch ohne eine akute Bedrohung für ihn selbst erst recht, oder? Und den Wunsch eines Sterbenskranken zu erfüllen, das ist ein Gebot der Menschlichkeit.
Das ganze hier hat sich sowieso verselbstständigt. Warum darf ein Sterbenskranker heute nicht mehr in Frieden sterben? Ein enger Verwandter starb auf der Intensivstation. Und damit das ganz klar ist: Dieser Mensch war gerade dabei zu sterben. Wir reden von einer maximalen restlichen Lebensspanne von 10 bis 30 Minuten.
Dieser Mensch bekam sehr schlecht Luft. Wir fragten also, ob die Ärzte ihm etwas zu Erleichterung geben könnte. Und was war die tolle Antwort? "Wollen sie das wirklich? Das geht dann schneller." Hallo? Da stirbt ein Mensch und der leidet gerade ganz offensichtlich. Ist es nicht egal, wenn er ein paar Minuten schneller die Welt verlässt? Und es dafür etwas leichter hat?
Wir reden hier nicht von Sterbehilfe. Das meine ich nicht. Ich rede nur von Erleichterung, die dann eben auch Nebenwirkungen hat. Warum darf ein Mensch bei vollem Bewusstsein und ohne Not nicht entscheiden, dass er ab einem bestimmten Punkt keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr haben möchte?
Wer meint jeden Menschen, auch wenn dieser als Gemüse jahrelang dahin vegetieren wird, gegen seinen Willen komplett ausbehandeln zu müssen, der hat definitiv seinen Beruf verfehlt. Es ist immer noch das Leben des Patienten und nicht das des Arztes. Also sollten die Wünsche und Entscheidungen des Betroffenen auch im Mittelpunkt stehen, wie auch immer die genau aussehen.
Der Hippokratische Eid wird in Deutschland schon lange nicht mehr als Pflicht angesehen. Rechtliche Auswirkungen hat der Hippokratische Eid leider auch schon lange nicht mehr. Allerdings wird er wegen des ethischen Standpunktes gerne noch als Argument her genommen.
Die Genfer Deklaration, die den Hippokratischen Eid abgelöst hat, ist auch keine Pflicht. Beides sind Kann-Leistungen. Die noch dazu eben nicht rechtlich bindend sind. Diverse ethische Grundsätze sollte trotzdem jeder Arzt einhalten.
Auch kann ich mit einer Patientenverfügung bestimmen, ob ich operiert werden will oder nicht und wenn ich einfach nicht operiert werden will und ich es schriftlich festlegen würde, dann dürfte mich kein Arzt operieren.
Dazu bedarf es noch nicht mal der klassischen Patientverfügung. Jeder Patient wird in Deutschland in der Regel vor einer Operation aufgeklärt und kann direkt vor der Operation dieser zustimmen oder sie ablehnen. Voraussetzung ist natürlich, dass man orientiert und ansprechbar ist.
Ich möchte ehrlich gesagt in dieser Situation nicht als Arzt arbeiten, wenn ich dann nicht Leben retten darf, wenn ich es könnte, weil der Patient eine Verfügung hat.
Ärzte sind heute nicht mehr nur Heiler, sondern zum Teil eben auch Dienstleister, die dem Wunsch des Patienten folgen. Sonst gebe es wohl auch keine Schönheitsoperationen, die ja wirklich selten lebensnotwendig sein.
Laut dem Hippokratischen Eid wären auch Schwangerschaftsabbrüche nicht möglich. Die man aber heute durchaus macht und die auch legal sind. Müsste sich aber jeder Arzt an den Hippokratischen Eid halten, wären Schwangerschaftsabbrüche heute immer noch nicht möglich.
cooper75 hat geschrieben:Wir reden hier nicht von Sterbehilfe. Das meine ich nicht. Ich rede nur von Erleichterung, die dann eben auch Nebenwirkungen hat. Warum darf ein Mensch bei vollem Bewusstsein und ohne Not nicht entscheiden, dass er ab einem bestimmten Punkt keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr haben möchte?
Du redest von Erleichterung, eine Patientenverfügung per se keineswegs. In gewisser Weise geht es hier sogar um legitimierten Mord in einigen Fällen. Eine Patientenverfügung greift ja nicht erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, also wenn schon jemand im Sterben liegt, sondern schon viel früher.
In einer Patientenverfügung kann ja drin stehen, dass eine intensivmedizinische Behandlung mit Beatmung zum Beispiel abgelehnt wird oder eine Dialyse. Nun kommt es zu einer planbaren Operation. Lass es ein Knochenbruch sein, den man zur Not auch mit Bewegungseinschränkungen konservativ behandeln könnte oder einer Implantation einer Hüftprothese.
Und nun kommt es durch Operation und Narkose zu einem Nierenversagen oder so starken Beatmungsproblemen, dass man den Patienten nicht mehr sicher von der Beatmung entfernt bekommt. Dann darf man diese Probleme, die nur durch eine längere Beatmung oder Dialyse behandelt werden müssten, eigentlich nicht behandeln. Und das eigentlich in dem Wissen bereits vor der Operationen, dass solche Komplikationen auftreten können. Nimmt man das dennoch in Kauf weiß man von Anfang an, dass man hier den Tod des Patienten verschulden kann. Es ist dann halt nur durch die Verfügung legitimiert.
So einfach ist das also gar nicht. Es gibt eben eindeutige Fälle, wo auch ich klar der Meinung bin, dass man wirklich Leid verkürzen kann und wofür man eigentlich keine Verfügung braucht, aber es gibt auch Situationen die grundsätzlich behandelbar sind und zu einem Erfolg führen könnten, natürlich ohne Garantie. Nichts desto trotz denke ich, dass Patientenverfügung in keinster Weise negative Auswirkung auf ärztliches Handeln haben.
Das oberste Gebot für den Arzt sollte ja nicht sein, allem und jedem zeigen zu können, was man alles kann, sondern stets im Sinne des Patienten zu handeln. Und hier gilt dann eben der altbekannte Spruch "des Menschen Wille ist sein Himmelreich". Wenn es da jemanden gibt, der eben sagt, ich will nicht künstlich am Leben gehalten werden, wenn es Probleme gibt, dann muss und sollte man das immer respektieren und ich würde es da viel verwerflicher finden, wenn man dann etwas tut, was der Patient immer vehement abgelehnt hat.
Ich habe schon genug ältere Menschen gesehen, die da ganz klar gesagt haben, sie hätten ein gutes Leben gehabt und es wird so langsam Zeit zu gehen und wenn der liebe Gott eben nicht will, dass sie die Operation überstehen, dann soll das halt so sein. Gerade solche Menschen verdienen immer meinen tiefsten Respekt. Sie treffen ihre eigene Entscheidung und bürden diese niemandem anderen auf und es gibt wohl keine schwierigere Entscheidung als die über sein eigenes Leben.
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