Wie verhindert man, dass Kinder auf schiefe Bahn geraten?

vom 22.11.2019, 23:24 Uhr

Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit bei der Kriminalpolizei schreibe ich viele Berichte, die sich mit den Straftaten und Vergehen von Jugendlichen befassen. Es geht dabei zum einen um den Missbrauch von Betäubungsmitteln und Alkohol aber auch um Mobbing oder dem Verschicken von unerlaubten Bildern und Videos per Whats-App und anderen sozialen Medien. Das Alter der Kinder bzw. Jugendlichen beginnt teilweise schon bei 11 bis 12 Jahren.

Ich finde es immer wieder erschreckend wie viele Freiheiten anscheinend manche Kinder von ihren Eltern bekommen. Laut Vernehmungsprotokollen dürfen die Kinder teilweise schon mit 12-13 Jahre am Wochenende nachts mit älteren Freunden um die Häuser ziehen. Oft wissen die Eltern auch gar nicht wo und wann sich ihre Kinder an welchen Orten aufhalten. Außerdem erlebe ich regelmäßig Eltern, die geschockt sind von dem Verhalten und der Außenwirkung ihres Kindes.

Ich frage mich, ob die betroffenen Eltern zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind, zu blauäugig sind, ihre Sorgfaltspflicht nicht ernst genug nehmen oder einfach die vertrauensvolle Verbindung zu ihrem Kind irgendwo auf der Strecke geblieben ist?

Ich bin selbst Mutter einer 13-jährigen Tochter und denke doch, dass ich ein gutes Vertrauensverhältnis zu meiner Tochter habe. Mir war und ist schon immer wichtig, dass meine Tochter mit allen Problemen zu mir kommen kann. Und trotzdem machen mir die beruflich gewonnenen Erkenntnisse ein wenig Sorge - auch in Bezug auf mein eigenes Kind.

Meiner Meinung nach kann man sein Kind nicht einsperren und muss ihm Freiheiten lassen.Das Kind hat ja auch eine gewisse Privatsphäre verdient. Trotzdem finde ich es wichtig, dass man die Bindung zum Kind nicht verliert und auch ein wachsames Auge auf das Kind hat. Dazu gehört für mich zum Beispiel, dass ich immer wissen möchte wo sich meine Tochter genau aufhält und dass sie zu gewissen Uhrzeiten zu Hause zu sein hat. Außerdem informiere ich mich regelmäßig auch über den Freundeskreis meiner Tochter und halte Kontakt zu den entsprechenden Eltern.

Auf was sollte man eurer Meinung nach als Elternteil achten um zu verhindern dass das Kind auf eine schiefe Bahn gerät ? Inwiefern sollte man dabei in die Privatsphäre des Kindes eingreifen? Spioniert ihr eurem Kind in irgendeiner Form nach oder setzt ihr auf ein gutes Vertrauensverhältnis?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich kenne keinen Teenager, der mit seinen Problemen noch zu Mama kommt und redet. Das ist natürlich eine nette Vorstellung, aber wer will schon mit seiner Mama reden, wenn man hormonell angeschlagen ist und alles hinterfragt. Diese Sichtweise finde ich schon etwas naiv. Die Kinder wollen sich nun mal selber entdecken finden und erwachsen werden, nicht mehr am Rockzipfel hängen. Gerade wenn man zur Arbeit geht wird man sein Kind auch kaum überwachen können. Die Leute im Umfeld des Kindes kann man sich auch nicht aussuchen.

Ich denke man kann letztendlich nur für das Kind da sein, anbieten ein offenes Ohr zu haben und das Kind stärken in seiner Person. Das Gespräch zu suchen ist sicherlich nicht schlecht, wobei ich mir einfach denke, dass man als Teenager die Tipps oft noch nicht hören will. Dennoch ist es eine schwierige Zeit auf beiden Seiten und man muss versuchen füreinander da zu sein. Wenn das Kind ein Teenager ist, hat man ihm schon ein paar Jahre gezeigt worauf es ankommt im Leben, das man arbeiten gehen muss, dass man sich auch mal quälen muss und so weiter. Mehr kann man da nicht machen, finde ich. Freunde kann man nicht bestimmen und man sucht sich nun mal nicht immer die richtigen Leute aus.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Wenn es dafür ein Patentrezept gäbe, würde überhaupt niemand mehr auf die "schiefe Bahn" geraten. :roll: In meinen Augen handelt es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, wenn Leute kriminell werden. Auch in super gutbürgerlichen Häusern, wo der wohlgeratene Nachwuchs vom ersten Atemzug an ehern im Klammergriff gehalten wurde, vorne und hinten er- und verzogen und mit allen materiellen Gütern ausgestattet, entstehen kriminelle Karrieren.

Und viele Eltern würden vielleicht gerne anders mit ihren Kindern umgehen, haben aber schlicht nicht die Ressourcen. Das kann Geld sein - nicht jede Familie kann ein Elternteil daheim lassen und die Kinder beaufsichtigen. Oder auch Bildung, Hilfe von Außen, oder schlichtweg Grips und Energie. Krankheiten aller Art machen auch vor Familien nicht Halt, und so bekommen die Kinderlein eben mehr "Freiheiten", als ihnen gut tut. Dazu noch pubertäre Impulsivität und schon geht's dahin. Und Vertrauensverhältnis ist ja auch schön und gut, aber was machst du, wenn Sohnemann oder Töchterlein keine Lust mehr hat, auf Schritt und Tritt Rechenschaft abzulegen und den Altvorderen die Hucke voll lügt?

Ich war nur sehr durchschnittlich rebellisch in der Pubertät, habe nie etwas Kriminelles gemacht und hatte auch ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Aber selbst ich hatte irgendwann keinen Bock mehr darauf, immer brav daheim zu erzählen, dass ich auf Lisas Party war, weil da der Tim aus der Parallelklasse angekündigt war, den ich mir in jugendlicher Leidenschaft mal näher anschauen wollte. Dass man seinen Eltern "alles" erzählt, ist bei normal entwickelten Jugendlichen schneller vorbei, als es den Eltern lieb ist.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Man kann nicht die 100%ige Kontrolle über sein Kind, dessen Verhalten und seine sozialen Kontakte haben, und oftmals ist ein Übermaß an Fürsorge und Vorsicht sogar der Auslöser dafür, dass aus Rebellion und Opposition gegen die Einschränkungen der eigenen Freiheit die schiefe Bahn überhaupt erst eingeschlagen wird, weil sie verlockend befreiend erscheint. Daher glaube ich auch nicht, dass man in allen Fällen wirklich effektiv verhindern kann, dass Kinder dumme und gefährliche Sachen machen.

Meines Erachtens nach ist es wichtig, auf jeden Fall offen mit dem Nachwuchs über die Gefahren von Substanzkonsum, Schulabsentismus, Internetaktivitäten, Straffälligkeit, ungeschütztem Geschlechtsverkehr und anderen Themen, die in der Pubertät präsent werden, zu sprechen und dahingehend gut aufzuklären. Sicherlich ist auch ein gewisses Maß an Regeln und Grenzen, zum Beispiel in Bezug auf den Medienkonsum, den abendlichen Ausgang und das Taschengeld, sinnvoll. Fehlverhalten sollte Konsequenzen nach sich ziehen, aber auch eine gründliche Erklärung, die vermittelt, dass die Maßnahmen eigentlich dem Schutz dienen. Wenn die Eltern selbst damit überfordert sind, muss unter Umständen eben externe Hilfe bei einer Beratungsstelle, einem Therapeuten oder beim Jugendamt ins Boot geholt werden.

Leider kann man nicht alle potentiell schädlichen Einflüsse aus den Medien und der Peer Group verhindern. Eine Grundverantwortung für sich selbst kann man einem 15-Jährigen durchaus zuschreiben, und ein Stück weit glaube ich auch, dass manche Jugendliche gewisse unangenehme Erfahrungen für den Lerneffekt einfach machen müssen. Sicherlich ist dabei gründlich darauf zu achten, dass die Aufsichtspflicht und Schutzaufgabe von Elternseite nicht vernachlässigt wird, aber es ist nun mal auch keine Lösung, das Kind bis zum 18. Lebensjahr ab Einbruch der Dunkelheit einzusperren und bei jedem Schritt per App zu überwachen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



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