Wie und woran Fleisch von glücklichen Tieren erkennen?

vom 18.02.2018, 20:29 Uhr

In vielen Berichten wurde ja darauf hingewiesen, dass Fleisch von glücklichen Tieren nahrhafter, vitaminreicher, schmackhafter und optisch natürlich auch viel schöner sei. Das finde ich ja alles ganz toll, aber wie kann man denn erkennen, ob das Fleisch an der Theke von einem glücklichen Tier stammt? Gibt es dafür ganz bestimmte Methoden oder kann man solche Aussagen gar nicht überprüfen?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Meiner Meinung nach gibt es das gar nicht. Der Schlachtprozess ist purer Stress für das Tier. Solche Aussagen sollen nur das Gewissen des Konsumenten beruhigen. Kein Tier wir tot gestreichelt oder stirbt natürlich an Altersschwäche. Eine korrekte Betäubung vor der Schlachtung ist auch nicht immer gewährleistet. Die Fehlerquote ist extrem hoch, da auch im Akkord gearbeitet wird.

Alleine der Transport ist eine enorme Belastung. Tiere haben einen hervorragenden Geruchssinn, bei der Ankunft im Schlachthof können sie das Blut schon weit vorher wittern, infolgedessen werden noch mehr Stresshormone ausgeschüttet. In einigen Kulturen ist dies sogar erwünscht und die Tiere werden vorher bewusst misshandelt. Angeblich sei das Fleisch dann gehaltvoller an speziellen Hormonen, die beim Verzehr dann den Esser stärker machen sollen.

Der Vitamingehalt des Fleisches hängt vielmehr mit der Haltung und Fütterung zusammen. Leider wird in der herkömmlichen Mast meist nur mit Gensoja gefüttert, ob das so gesund ist, bezweifle ich. Der starke Einsatz von Antibiotika, hauptsächlich in der Geflügelmast, trägt auch nicht gerade zur Verbesserung der Fleischqualität bei. Bei Biofleisch ist zumindest die Qualität besser und es dürfen keinerlei Antibiotika eingesetzt werden.

Rein vom Aussehen des Fleisches her, kann man nicht erkennen, ob das Tier aus einem Biobetrieb oder aus der herkömmlichen industriellen Haltung kommt. Die einzige Möglichkeit ist das Vertrauen in die verschiedenen Biosiegel oder eine Recherche der anerkannten Biobetriebe. Woher das Fleisch beim Metzger um die Ecke letztendlich wirklich herkommt, kann man nicht mit 100% Sicherheit sagen.

» Bengelchen » Beiträge: 44 » Talkpoints: 6,89 »


Ich halte "glückliche Tiere" auch für einen Mythos, um nicht zu sagen für eine dreiste Werbelüge, um den Konsumenten noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, weil man so an ihr Gewissen appelliert. Die Taktik geht ja auch auf, viele Menschen sind bereit, dafür mehr Geld auszugeben, aber Beweise sieht man hinterher ja gar nicht. Man weiß also nicht, ob das Tier wirklich "glücklich" gewesen ist und man wird es auch nie erfahren solange Tiere nicht sprechen und auf derartige Fragen antworten können.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Dass glückliche Tiere reines Marketing sind, ist klar. Ein glückliches Tier lebt Jein artgerechtes Leben ohne zu viel Stress und liegt nicht als Schnitzel auf dem Teller. Aber man kann selbstverständlich die Qualität der Haltung objektiv beurteilen.

Das funktioniert beim Schnitzel auf dem Teller oder der Milch im Glas zwar nur bedingt und nicht durch den Verbraucher, aber das Labor hilft weiter. Und am lebenden Bestand funktioniert es sogar noch besser. Auch der Schlachtkörper gibt einigen Aufschluss.

Die Frage ist halt immer, wie hoch sind die Anforderungen und wie streng die Kontrollen? Wir zahlen zum Beispiel für unser Rindfleisch gerne mehr. Da wir meist ein ganzes Viertel nehmen, relativiert sich der Preis sofort. Es ist zwar teurer als ein Viertel aus Massentierhaltung, aber im Vergleich zu portionsweise gekauftem Fleisch aus dem Supermarkt günstig.

Glücklich sind diese Rinder wohl nur bedingt. Aber sie leben als Herde fast ganzjährig draußen, können mit dem anwesenden Bullen und Jungtieren verschiedener Altersklassen ihr Sozialverhalten ausleben und sie werden nicht gemästet. Geschlachtet wird direkt am Hof in Ruhe. Und die Papiere kann jeder leicht durchschauen und hat somit Sicherheit. Aufgrund der anderen Rasse und der langsamen Aufzucht kann man das Fleisch von konventioneller Ware unterscheiden. Es ist übrigens keine Bio-Haltung.

Man könnte es tatsächlich transparent und zuverlässig kontrollieren und dokumentieren. Aber das kostet. Und so viel möchte dann die Mehrheit doch nicht investieren. Und die Fleischindustrie möchte auch nur eine begrenzte Transparenz.

» cooper75 » Beiträge: 13412 » Talkpoints: 516,00 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



cooper75 hat geschrieben:Geschlachtet wird direkt am Hof in Ruhe.

Ich habe vor einigen Wochen, es ist noch nicht lange her, einen Bericht über Tierquälerei beim Schlachten gesehen. Dort wurde bedauert, dass in Deutschland es nicht erlaubt ist, die Tiere direkt auf einem Hof zu schlachten, sondern Die Schlachtung und die folgende amtliche Untersuchung des Fleisches nur in einem zugelassenen Schlachthof durchgeführt werden darf. Deswegen wundert mich jetzt deine Aussage über Rinder. Kleintiere, wie Hühner und Kaninchen dürfen auf dem Hof geschlachtet werden. So wurde es jedenfalls von einem Amtstierarzt berichtet.

Glückliche Nutztiere gibt es meines Erachtens in der Hand eines Menschen nicht. Sie haben viel zu wenig Auslauf, auch wenn sie auf einer Weide stehen. Und sobald es heißt geschlachtet zu werden, denke ich nicht mehr, dass sie dann glücklich sind. Bei Schweinen ist es das Gleiche. Nur dass sich diese meist nicht mal im Schlamm suhlen dürfen. Hühner sieht man auch immer seltener draußen und wenn, dann sind es Eierleger und keine Schlachthühner. Selten gibt es noch Bauernhöfe, die die Tiere in Freiland halten und wo die Hühner mehr Platz haben als sie sollten.

Wer Fleisch von glücklichen Tieren haben will, die wirklich bis zum Tod glücklich sind, muss Wildtiere direkt vom Jäger bekommen. Aber das ist auch nicht so einfach da ran zu kommen, weil mittlerweile hier auch zwei Stellen sind, wo Rotwild in einem Freigehege in Menschenhand sind und diese bei Bedarf geschlachtet werden. Ich weiß nicht, was ich von der Aussage "Fleisch von glücklichen Tieren" halten soll.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Diamante, die Anforderungen an eine Hofschlachtung, einer Schlachtung beim Metzger oder an die Gegebenheiten auf kleinen Schlachthöfen sind mittlerweile so hoch, dass viele aufgegeben haben oder aufgeben mussten. Denn mittlerweile benötigt man komplett getrennte Bereiche für die einzelnen Verarbeitungsschritte. Da sind vielen die Kosten einfach zu hoch gewesen oder der nötige Umbau war nicht möglich.

Ein einfaches Beispiel: Unser Pferdemetzger arbeitete seit drei Generationen in einem Haus mit Hinterhof mit Schlachthaus, Weiterverarbeitung und Pferdestall in einer Fußgängerzone in der Vorstadt. Da wurde immer sauber und schonend gearbeitet. Nach den neuen Regeln musste Schlachtung und Produktion in ein Industriegebiet verlegt werden, weil am alten Standort der Platz fehlte. Das muss man finanzieren können.

Aber es gibt eben Betriebe, die haben den Schritt gemacht. Und die dürfen schlachten. Der Amtsveterinär kommt zur amtlichen Geschah vorbei oder schickt einen Vertreter. Ich kenne auch einen Bio-Geflügelhof, der am Hof schlachtet. Außerdem gibt es mobile Metzger, die vor Ort schlachten und die verschiedenen Zonen amtlich zugelassen in entsprechend ausgestatteten LKW und Anhängern realisieren.

» cooper75 » Beiträge: 13412 » Talkpoints: 516,00 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich finde es merkwürdig, dass es moralisch eher vertretbar ist, wenn man nur Fleisch von glücklichen Tieren isst. Hallo Schweinchen, du bist sehr glücklich und aus diesem Grund darfst du jetzt sterben. Bitte? Wer beim Fleischkonsum so ein schlechtes Gewissen hat, dass er es mit irgendwelchen Floskeln wie "Fleisch von glücklichen Tieren" besänftigen möchte, der soll vielleicht einmal in der Woche weniger Fleisch essen.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Soulsofsorrow, ich finde das gar nicht so merkwürdig, lediglich die Formulierung "glücklich" finde ich ungünstig gewählt. Erstens hat die Menge des Fleischkonsums wenig mit der erzeugten Menge zu tun, wir exportieren immer mehr.

Zweitens macht es für das Tier einen ziemlich großen Unterschied, obwohl es am Ende tot ist. Denn eine ordentliche Haltung, ein schonender Transport und eine fachgerechte Tötung fügen dem Tier einfach weniger Leid zu. Du tust so, als ob Wochen, Monate oder gar Jahre Leid vollkommen egal sind, weil das Tier sowieso geschlachtet wird. Das ist aber eine ziemlich zynische Haltung.

Findest du es in Ordnung, wenn die Haut eines Huhns im Brustbereich total verätzt ist, weil es nicht mehr stehen kann? Ist das egal, weil es nächste Woche stirbt? Oder darf man deiner Meinung nach Hühner generell so halten, weil es nur Hühner sind? Dir ist hoffentlich bewusst, dass der größte Teil des Mastgeflügels nur noch zerteilt vermarktungsfähig ist, weil die Hautveränderungen kein Verbraucher tolerieren würde? Deshalb gibt es die Brust von Huhn und Pute fast nur als Filet.

Es ist in Ordnung, wenn Schweine sich aufgrund nicht artgerechter Haltung gegenseitig abfressen. Es reicht, einfach seltener Schwein zu essen? Das ist unglaublich bequem und gut fürs Gewissen, dem armen Schwein hilft das leider nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13412 » Talkpoints: 516,00 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben: Es reicht, einfach seltener Schwein zu essen? Das ist unglaublich bequem und gut fürs Gewissen, dem armen Schwein hilft das leider nicht.

Ich glaube schon, dass das genauso entscheidend ist wie eine adäquate Preisgestaltung. Wenn man die Nachfrage senkt, wird das dazu führen, dass auch das Angebot zurechtgestutzt werden muss. Ob das unter dem Strich generell die Qualität der Tierhaltung erhöht mag in den Sternen stehen, es würde aber mit Sicherheit dazu führen, das rein absolut wenige Tiere schlecht gehalten werden, da man einfach weniger Tiere benötigt.

Genauso wichtig ist aber eben auch das Verständnis des Verbrauchers, dass eine gewisses Maß an Qualität bei der Tierhaltung auch einen gewissen Preis erzeugt. Gerade wenn man die Fläche pro Tier bei der Haltung erhöht oder auch mehr Geld für eine bessere Ernährung der Tiere ausgibt, dann müssen diese erhöhten Kosten auf den Preis umgeschlagen werden.

Da wäre eben schon der beste Weg, weniger Fleisch zu essen, dafür aber eben vermeintlich hochwertigeres Fleisch. Dennoch denke ich jetzt auch nicht, dass ein Tier vom Biohof beim Schlachten glücklicher ist als eines aus der Massentierhaltung. Aber es hatte vielleicht ein besseres und unter Umständen auch längeres Leben.

Das man das beim Einkauf jetzt gleich erkennt, glaube ich dagegen weniger. Wenn man sich anschaut, wie das Fleisch im Supermarkt präsentiert wird, sieht das in der Theke auch erstmal super aus. Im richtigen Licht sieht das selbst vergammeltes Fleisch noch super rosa/rot und vermeintlich frisch aus. Und auch den hohen Wasseranteil merkt man erst beim Braten, wenn das Stück Fleisch nur noch halb so groß ist.

Da hilft dann eben nur, direkt beim Erzeuger zu kaufen. Da kann man sich Haltungsbedingungen ansehen und damit eher einschätzen, welche Qualität das Fleisch jetzt hat und weiß meistens schon auch wie alt und frisch der Fleisch ist. Aber das kann sicherlich nicht jeder umsetzen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Klehmchen, das würde nur funktionieren, wenn die Fleischproduktion ein regional geschlossener Kreislauf wäre. Aber während der Fleischkonsum in Deutschland in den letzten Jahren gesunken ist, ist die Produktionsmenge gestiegen. Wir leisten es uns mittlerweile, nur noch die absoluten Edelstücke zu konsumieren, der Rest kommt weg.

Wenn aber nur noch die Edelstücke auf dem Teller landen, dann ändert eine andere Preisgestaltung oder weniger Konsum eben nichts. Denn dann kann man lange genug auf weniger edle und damit billigere Teile ausweichen. Dann geht halt mehr Edelfleisch in den Export. Wir fluten die Welt mit Hühnerrückenstücken für unter 70 Cent pro Kilo.

» cooper75 » Beiträge: 13412 » Talkpoints: 516,00 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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