Wie stark schränken Hörbehinderungen im Alltag wirklich ein?

vom 13.06.2017, 15:51 Uhr

Eine ältere Nachbarin von mir ist schwerhörig, das merkt man auch wenn man sie nicht gut kennt am sehr laut dröhnenden Fernseher. Persönliche Gespräche sind schwierig, aber möglich. Ich weiß das, weil ich manchmal für sie einkaufen gehe.

In letzter Zeit beobachte ich, dass sie sich immer mehr zurück zieht. Vor wenigen Jahren ist sie noch gerne mit Freunden ins Kaffeehaus gegangen oder hat mit anderen Leuten auf dem Markt getratscht, inzwischen hat sie kaum mehr Sozialkontakte. Sie selbst meint, dass ihre Hörbehinderung nichts damit zu tun hat, aber auf mich wirkt sie zunehmend depressiv.

Möglich, dass sie sich nur so zurückzieht, aber ich selbst denke, dass es auch daran liegt, dass sie wirklich schlecht hört und Unterhaltungen (auch lauten) kaum mehr folgen kann. Es tut mir leid, dass sie sich so unwohl fühlt, ich würde da gerne was für sie tun können.

» schnatterliese » Beiträge: 161 » Talkpoints: 34,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Gut möglich, dass es etwas mit der Schwerhörigkeit zu tun hat. Wenn sie die Leute nicht mehr versteht wieso sollte sie sich dann mit ihnen treffen. Ist auch sicher keine Angenehme Situation für sie, wird ihr sicher auch etwas peinlich sein wenn sie zig mal nachfragen muss was jetzt gesagt wurde.

Zuerst sollten sich doch ihre Verwandten drum kümmern, vielleicht kann man mit denen ja mal reden und so deine Eindrücke schildern, vielleicht wissen die ja nicht mal was davon. Vielleicht reicht es ja die Hörgeräte einzustellen oder aber man müsste sich schon überlegen ob ein Cochlea Implantat da die bessere Alternative wäre. Weiß jetzt nicht ob sie überhaupt schon ein Hörgerät hat.

» EmilaByz » Beiträge: 149 » Talkpoints: 35,83 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Eine Behinderung muss von anderen Blickwinkeln, wie ich finde, betrachtet werden. Wer von Geburt an mit einer Behinderung lebt, der ist das gewohnt und findet die Einschränkung aus unserer Sicht gar nicht dramatisch, weil Person XY es nicht anders kennt, taub zu sein, blind zu sein oder andere leichte Handicaps zu haben. Das dürfte einleuchten und verstehe ich auch, gleichwohl wir immer alle etwas mitleidig denken, du Armer.

Auf der anderen Seite gibt es Behinderungen wie nicht mehr richtig gehen können, aufgrund des Alters, Taubheit, Blindheit & Co die im laufe des Lebens auftreten können. Eben wirklich wegen einem erhöhten Alter und ohne jetzt durch einen Unfall. Da kann die Einschränkung schon stärker sein, weil man all das im Vorfeld ja konnte und jetzt nicht mehr, da tun sich viele sicherlich auch schwer und empfinden ihr Handicap deutlich mehr als Einschränkung als all jene, die es im Vorfeld nicht anders kannten.

Ich schätze mal, dass Hörbehinderungen angeboren weniger Einschränkungen für Betroffene bedeuten, als Hörbehinderungen, die auf einen im Laufe des Lebens zu kommen können. So würde ich das an dieser Stelle objektiv sehen, weil es mir wahrscheinlich so ergehen würde.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Der Unterschied zwischen den beiden Varianten ist ja nur, dass man gelernt hat damit umzugehen. Das wird aber auch im Laufe der Zeit passieren wenn man erst taub, blind,... wird. Sicher vergleicht man die Situation dann immer mit der Situation davor. Unter dem Strich kann aber auch ein Mensch der erst im Laufe seines Lebens taub wird lernen damit umzugehen.

Wenn es schon eine Möglichkeit gibt die Einschränkung zu beheben, dann sollte man die auch zumindest in Betracht ziehen. Zum Glück leben wir in Zeiten, in denen schon sehr viel möglich ist und viele Krankheiten bzw. Handicaps geheilt oder gelindert werden können.

Vielleicht weiß die Dame ja nicht mal, dass es schon so etwas wie ein Cochlea Implantat gibt und glaubt sie muss jetzt einfach damit leben und aus. Da würde es sicher helfen ein paar Informationen zu sammeln und mal mit der Frau und ihren Verwandten zu reden.

» EmilaByz » Beiträge: 149 » Talkpoints: 35,83 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Danke euch für eure Antworten, es hilft mir wirklich, mich über das Thema austauschen zu können. Selbst Informationen zu sammeln und diese weiter zu geben, ist sicher eine gute Idee. Wenn ich mich direkt an ihre Verwandten wenden würde, würde ich mich aber übergriffig fühlen. Wobei sie regelmäßig Besuch von ihrem Sohn und ihren Enkelinnen bekommt.

Ich habe jetzt mal angefangen mich über CIs zu informieren, das Thema scheint deutlich komplexer zu sein als noch vor einigen Jahren. Es gibt da nicht nur verschiedene Hersteller, sondern auch ganz viel Zubehör. Ich bin mir sicher, dass meine Nachbarin nicht weiß, dass es inzwischen so ausgereifte Hörprothesen für den Zeitpunkt, ab dem ein Hörgerät nicht mehr reicht, gibt.

Wenn sich hier noch jemand mit dem Thema auskennt, wäre ich dankbar für Informationen. Damit ich da Material sammeln und beim nächsten Einkauf vielleicht auch ansprechen kann.

» schnatterliese » Beiträge: 161 » Talkpoints: 34,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Finde das nicht übergriffig, man kann es ja dezent andeuten oder in einem Gespräch mal fragen ob alles in Ordnung ist weil man eben selbst nicht den Eindruck hat.

Glaube sie ist da nicht alleine, gibt sicher viele die nicht genau wissen was man heutzutage alles machen kann um wieder besser Hören zu können. Von Cochlear gibt es ja sogar schon Cis die wasserfest sind, vor ein paar Jahren musste man noch Angst haben wenn es regnet, jetzt kann man damit schwimmen gehen.

Normalerweise müsste ja schon der Arzt aufgeklärt haben, vielleicht geht sie nicht hin, aber denke deine "Aufgabe" ist da mal mit den Verwandten zu sprechen und zu sagen, dass es da vielleicht noch Möglichkeiten gibt. Kann aber auch sein, dass man ihre Schwerhörigkeit gar nicht mit einem CI behandeln kann, das müsste dann der Arzt feststellen.

» EmilaByz » Beiträge: 149 » Talkpoints: 35,83 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich kann mir gut vorstellen, dass das Verhalten deiner Nachbarin schon an ihrer Schwerhörigkeit liegt. Es ist einfach unangenehm, wenn man in einem Gespräch immer wieder nachfragen und die Leute vielleicht auch bitten muss, lauter zu reden, weil man sonst nicht mitkommt. Dann kann ich es mir schon vorstellen, dass man vielleicht lieber für sich bleibt und sich zurückzieht, was aber natürlich auch schade ist.

Ich selber habe seit langer Zeit ein Hörgerät und komme damit sehr gut zurecht. Nur muss man natürlich erst einmal diesen Schritt wagen und zum Ohrenarzt und einem Hörgeräteakustiker gehen. Das möchten viele Menschen nicht, wobei ich den Grund nicht wirklich verstehe, weil es schon eine enorme Hilfe sein kann, wenn man so ein Gerät nutzt. Aber letztendlich muss deine Nachbarin das selber wissen. Man kann unterstützen, aber niemanden zwingen, ein Hörgerät oder eine andere Hörhilfe zu nutzen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



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