Wie sinnvoll ist Patientenkontakt im ersten Studiensemester?

vom 03.04.2017, 04:27 Uhr

Im Moment ist der "Masterplan Medizinstudium 2020" in der Diskussion, der das Medizinstudium nicht nur fachlich reformieren soll. So will man unter anderem schon Patientenkontakt im ersten oder zweiten Semester einführen, was nicht überall gut ankommt. Ein Bekannter von mir ist der Auffassung, dass das ja nur schief gehen könnte und dass man als Medizinstudent erst einmal die Grundlagen von Anatomie etc. können müsste um dann eben auf die Patienten losgelassen zu werden. Studenten im ersten Semester könnten ja keine Anamnesen erheben und es würde einfach das Wissen um klinische Zusammenhänge fehlen.

Jemand anderes ist aber der Ansicht, dass der Patientenkontakt in dem Semester durchaus sinnvoll sein könnte. So könnte ja der Dozent oder Professor vormachen, worauf man zu achten hätte und im Prinzip mit gutem Beispiel voran gehen. Oder der Student macht eine Diagnose unter Aufsicht. Ich denke durch solche Praxis-Elemente würde sich die Theorie besser verfestigen und in handwerklichen Berufen bekommt der Azubi ja auch alles mögliche gezeigt bevor er selbst aktiv werden darf. Wie sinnvoll ist schon Patientenkontakt in den ersten beiden Semestern des Medizinstudiums? Seht ihr da einen Mehrwert oder sollte man das eher unterlassen?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Es kommt maßgeblich darauf an, was der Student denn schon machen darf, bei diesem ersten Patientenkontakt. So ist es natürlich Unsinn, wenn er schon selbst eine Diagnose stellen soll oder eine Behandlung vorschlagen soll. Das kann man von ihm oder ihr zu diesem Zeitpunkt ja auch noch gar nicht verlangen und es wäre bloß demotivierend, als Erstsemester da sofort auf die Nase zu fallen.

Wählt man hingegen Aktivitäten, die der Student ausführen kann und sein so auch noch so passiv wie bloßes beobachten des Professors beim Patientenkontakt, so kann das aber durchaus auch positive Effekte auf den Studenten haben. So kommt er erstmal nur mit dem Patienten an sich in Berührung und bekommt ein Gefühl dafür, wie das tatsächlich läuft.

Dadurch kann er auch nochmal darüber nachdenken, ob er das wirklich will. Mit einem tatsächlich kranken Patienten dann in Berührung zu kommen und in Kontakt zu treten ist ja nochmal was anderes, als nur im Hörsaal und Seminarraum zu theoretisieren. Manche entscheiden vielleicht ja erst an dem Punkt, dass das doch nichts für sie ist.

» Mr. Law » Beiträge: 365 » Talkpoints: 25,43 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich halte das durch aus für sinnvoll, allerdings jetzt gar nicht mal unter dem fachspezifischen Aspekt, sondern eher unter sozialen und menschlichen Gesichtspunkten. Hier ist ja nicht nur die Theorie wichtig, sondern auch die Praxis. Ich finde schon, dass man auch im Arztberuf lernen muss, mit den Menschen umzugehen. Ferner kann man vielleicht auch frühzeitig feststellen, ob man das überhaupt wirklich möchte und leisten kann.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Was ist daran schlimm? Niemand wird einen Frischling direkt an den Patienten lassen und alles machen oder diese gar alleine dabei lassen. In anderen Ausbildungsberufen im medizinischen gehört das direkt mit dazu, damit man auch die Hemmschwelle überwindet mit dem Anfassen und unangenehmen Situationen für beide Seiten.

Ich musste auch nach zwei Wochen das erste mal an den Patienten heran und hatte in der Zeit auch noch nicht vieles an Grundlagen. Aber Blutdruckmessen und Frequenz war durchaus machbar und man verlange nicht von mir, dass ich anfange direkt ein EKG zu Interpretieren oder perfekt zu kleben, denn das ergab sich erst im weiteren Verlauf.

Dennoch fand ich es wichtig, dass das von Anfang an gemacht wurde und nicht nur Theorie und hinterher den Fachidioten direkt auf die Menschheit los lassen. So konnte man Praxis und Theorie direkt miteinander verbinden und aufeinander aufbauen was dann auch Verständlicher wurde als wenn man sich das nur im Buch anschaut.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ich hatte schon häufiger mal mit Medizinstudenten und auch mit Auszubildenden in der Pflege zu tun und von denen ist keiner auf Patienten "losgelassen" worden. Selbst Studenten im praktischen Jahr, das ja am Ende des Studiums statt findet, dürfen relativ wenig ganz alleine machen. Da steht selbst beim Blut abnehmen ein Assistenzarzt neben dran.

Ich denke, dass es generell eine gute Idee ist schon am Anfang eines Studiums einen Einblick in das Berufsleben zu bekommen um zu wissen. Bei zukünftigen Medizinern ist das eigentlich noch wichtiger als zum Beispiel bei zukünftigen Ingenieuren, weil man sich in dem Beruf ja auch mit solchen Sachen wie Schichtarbeit, regelmäßigen Überstunden, keine regelmäßigen Pausen, unfreundlichen Patienten und so weiter arrangieren muss. Wenn man später mal am Schreibtisch sitzen und Baupläne zeichnen wird hat man solche Probleme nicht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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