Wie schnell zeigt ihr Straftaten/Ordnungswidrigkeiten an?

In letzter Zeit greifen meine Bekannten und Freunde meiner Meinung nach ziemlich schnell zu rechtlichen Mitteln.

Eine Arbeitskollegin von mir war zum Beispiel im Oktober auf Reha. Dort hat sie einen Mann kennengelernt. Dieser hat sich dann ihre Handynummer an der Rezeption erfragt weil sie sich nicht mehr persönlich von ihm verabschiedet hatte. Jetzt überlegt sie die Rehaklinik wegen Verletzung des Datenschutzes anzuzeigen, obwohl der Mann sie nicht stalkt und sie inzwischen in Ruhe lässt.

Die Patentante meiner Tochter möchte die Entsorgungsfirma anzeigen, weil sie ohne Terminankündigung das Grundstück betreten und die Mülltonne ausgetauscht haben und eine andere Freundin hat vor einen Online-Shop wegen Betruges anzuzeigen weil sie ihre Ware in Höhe von 54,- € ach zwei Wochen (aus China) noch nicht hat.

Wie ist das bei euch, greift ihr bei allen "Vergehen" gleich zu rechtlichen Mitteln, belasst ihr es bei einer Beschwerde oder sind euch solche "kleinen" Vergehen egal und ihr lebt einfach weiter euer Leben. Was sind für euch Beweggründe Strafanzeige bei der Polizei zu stellen?

Nun ja, das mit der Handynummer war sicherlich falsch, aber ich denke die Person an der Rezeption wollte nur nett sein. Eine Beschwerde reicht da völlig aus, denn das gibt sicher einen Einlauf vom Arbeitgeber. Man muss sich ja immer vor Augen führen, wie belastend so ein Verfahren für den Betroffenen ist. Bei mir muss die Wut dann schon enorm sein. Es sollte immer das letzte Mittel sein.

Bei allzu kleinen Bagatellen macht man sich bei unseren völlig überlasteten Staatsanwaltschaften auch nicht beliebt, die haben auch ernsthafte Fälle zu klären, weswegen solche Sachen auch meist eingestellt werden. Ermitteln müssen sie von rechts wegen, aber meistens führt es ins Nichts. Dann dauert es meist auch viele Monate, bis man da irgendetwas hört, denn so etwas landet sicher erst mal ganz unten. Bringt meistens nichts, die haben da einfach keine Lust und Zeit zu.

Davon abgesehen zeigt man nie etwas an und sagt zum Beispiel "Betrug", oder sonst irgend etwas. Man schildert nur den Sachverhalt, welches Vergehen tatsächlich vorliegt, entscheidet die Staatsanwaltschaft. Das kann man als Nichtjurist nämlich kein Stück beurteilen. Denn kommt diese zu einem anderen Schluss, kann sich das Blatt schnell wenden und man muss sich gegenüber dem Angezeigtem wegen falscher Bezichtigung einer Straftat verantworten. Das könnte bei dem Online-Shop ganz schnell passieren, ganz besonders, wenn die Ware plötzlich doch noch kommt.

Ich lese hier nur "möchte", "überlegt sich" und "hat vor". Ich habe mich auch schon öfter über Formfehler, Schlampereien und Inkompetenz aufgeregt und auch im Zorn erzählt: Den (oder die) zeig ich an! Die zerr ich vor den Kadi! So geht das nicht! Und von anderen Leuten habe ich solche Anekdoten auch gehört. Aber im Endeffekt habe ich mich dann doch wieder abgeregt und tatsächlich noch nie jemanden angezeigt und kenne auch niemanden, der wegen Bagatellfällen gleich die Gerichte bemüht.

Ich behalte es mir zwar vor, gerade im Straßenverkehr, wo es schnell mal an die Gesundheit gehen kann, aber davon abgesehen denke ich, dass eine Beschwerde im Regelfall ausreicht. Gerade beim Thema Datenschutz sehe ich es bei mir im Job, dass leider immer wieder etwas "durchrutscht". Also keine Adressen oder ähnliches, aber wenn jemand krank ist, erfährt doch immer die ganze Abteilung, wo das Problem liegt und so weiter.

Entsprechend würde ich mich zwar schon deutlich beschweren und auf Missstände aufmerksam machen, aber wenn kein Schaden entstanden ist und offensichtlich kein böser Wille vorliegt, fände ich eine Anzeige schon übertrieben. Da muss ich immer an die Nachbarschaftsstreitigkeiten denken, die es immer wieder in die Medien schaffen, und zwar unter der Rubrik "Kurioses". Und das deutsche Rechtssystem ist sowieso schon heillos überlastet.