Wie reagieren, wenn Arbeitgeber sich im Ton vergreift?
Auf Arbeit läuft nicht immer alles rund, das mussten die Meisten von uns im Alltag schon öfters feststellen. Wenn es zu einer Aussprache oder Vorladung beim Chef kommt, sollten Probleme offen und sachlich angesprochen werden. Aus der Emotionalität heraus reagieren manche Chefs aber nicht immer angemessen. Wie sollte man als Angestellter konkret reagieren, wenn sich der eigene Arbeitgeber sehr stark im Ton vergreift?
Ich finde es ist von verschiedenen Faktoren abhängig wie man reagieren kann und sollte. Zunächst finde ich es wichtig, ob es nur ein Nebenjob ist oder ob es der Traumjob ist, den man auch länger machen will. Bei einem Nebenjob, der schnell mal neu gesucht werden kann, würde ich zurück meckern und mir auch mal Lift machen, wenn man zu weit geht, beim Traumjob würde ich gedanklich abschalten und ruhig bleiben. Sicherlich kommt es aber auch darauf an, was passiert ist. Wenn ich meinem Chef einen großen finanziellen Schaden gemacht habe, dann brauche ich mich auch nicht wundern, wenn dieser an die Decke geht. Dann würde ich wohl jeden Wutausbruch dulden und akzeptieren.
Schön, dass das Klischee vom herumbrüllenden, cholerischen Chef (natürlich immer ein Mann) noch so fest in den Köpfen verankert ist. Ich hatte in den letzten 20 plus Jahren schon alle möglichen Chefinnen, seltener Chefs, und ich bin auch nicht mit allen top ausgekommen und war immer ein großer Fan ihrer Führungsqualitäten. Aber im "Ton vergriffen" hat sich auch von den unfähigsten Vorgesetzten keine*r.
Arrogant, herablassend, sarkastisch, inhaltlich falsch - all dies kann man ja durchaus in einen sachlichen, "professionellen" Tonfall packen, und ist so auf der sicheren Seite, weil man sich immer mit "Das haben Sie wohl falsch aufgefasst" herausreden kann. Schließlich haben ArbeitnehmerInnen auch Rechte und sind schon lang nicht mehr der Auffassung, dass der Chef machen kann, was er will.
Wenn man mir derart blöd kommen würde, wäre ich realistisch gesprochen wohl erst einmal zu perplex, um adäquat zu reagieren. Aber ich würde in jedem Fall, wenn die Person nicht von sich aus auf mich zukommt und sich für die "Emotionalität" entschuldigt, noch einmal das Gespräch suchen. Vielleicht war es einfach ein besonders stressiger Tag oder private Probleme sind hochgekocht. Aber darüber kann man reden. Im Zweifelsfall ginge es dann bei der nächsthöheren Chefebene weiter.
Nun, nicht alles ist ein Klischee. Ich habe ein paar Kandidaten, deren Ausbrüche in ihrem Bereich legendär waren. Zum Glück war ich nur ein Förderprojekt eines Chefarztes, den man schon von weitem schreiend und tobend die Gänge entlangstürmen hörte, und keine Mitarbeiterin. Da hatte der Verbindungsbau zwischen zwei Klinikgebäuden auf jeder Ebene durchgehende Balkone mit etwa einem Meter hohen Trenngittern. Und man sah regelmäßig Mitarbeiter aus den Zimmern über den Balkon fliehen, wenn der Chef anrauschte. Selbst seine Frau mit knapp 60 kletterte mit wehendem Kittel. Bei dem half ausweichen, bis die Wut verraucht war. Dann gab es einen akzeptablen Anschiss und gut.
Ich hatte jahrelang ein HB-Männchen als Chef. Aufgewachsen mit Personal, Verbindungen in höchste Kreise, führendes Mitglied in Wohltätigkeitsclubs, Gründer und Vorsitzender von Fachgesellschaften mit Umgangsformen, die selbst im englischen Königshaus makellos wären. Leider ließ er jeglichen Stress an seinen Mitarbeitern aus, Magengeschwüre und weinende Abgänge von Personal, dass danach nie mehr gesehen ward, waren nicht selten.
Den Mistkerl habe ich mir erzogen. Das fing im kleinen an. Den morgendlichen Kaffee servierte ich und blieb so lange stehen, bis er reagierte. Wenn er fragte, ob noch was sei, antwortete ich, dass ich dachte, dass er noch Wünsche hätte. Nach einigen Wochen beherrschte er auch bei mir niederem Fußvolk Bitte und Danke und war in der Kommunikation sehr aufmerksam.
Wenn der austickte und mich zusammenschrie und mich und meine Eltern beleidigte, guckte ich immer demütig auf die Schuhspitzen und biss mir in die Wangen, um nicht zu lachen. Der Kerl bekam immer so hektische violette Flecken am Hals und hatte lockere Kehlhaut: ein Truthahn!
In dem Moment konnte man mit dem nicht reden. Aber ich habe ihn mir nach jedem Aussetzer gegriffen und ihm deutlich gemacht, wie sehr er sich mit seiner Herkunft und seinem Anspruch blamiert hat. Er hat deutlich gemerkt, dass Selbstbild und Verhalten nicht zusammen passen. Es hat ein halbes Jahr gedauert, aber dann hatte zumindest ich einen sehr umgänglichen Chef.
Und natürlich ist das mein Männerproblem. Seine Frau, die einfach ignoriert hat, dass der Adel abgeschafft wurde, war noch ätzender. Zum Glück war ich nicht deren Mitarbeiterin, die hatte ein eigenes Unternehmen. Die rief regelmäßig an und verteilte Aufgaben. Das typische Muster: Holen Sie mal x und legen Sie es meinem Mann ins Auto. Und aufgelegt. Das habe ich dann eben nicht getan. Sie konnte sich ja gern beschweren, ich habe nicht für sie gearbeitet. Die hat auch Bitten gelernt.
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