Wie kam Kramp-Karrenbauers Karnevalswitz bei euch an?
Momentan herrscht ja helle Aufregung wegen Kramp-Karrenbauers Karnevalswitz und wo man hinhört, da bezieht die CDU-Vorsitzende ja schon fast verbale Prügel für ihre Äußerung. Ich persönlich halte diese Äußerung von Kramp-Karrenbauer jetzt gar nicht so schlimm, dass man da jetzt solch ein Geschrei lostreten müsste.
Gerade auch zu Karnevalszeiten, da werden doch pausenlos irgendwelche Personen angeprangert und teilweise auch der Lächerlichkeit preisgegeben und da könnte man ja auch eine Entschuldigung einfordern. Habt ihr Kramp-Karrenbauers „Karnevalswitz“ mitbekommen, wie kam dieser denn bei euch an und wie würdet ihr diesen bewerten?
Ich finde es generell albern wenn sich Leute über Witze empören, die über eine Gruppe gemacht werden, der sie selber gar nicht angehören. Wenn ein Betroffener sagt, dass er oder sie sich verletzt gefühlt hat ist das etwas anderes, aber ich habe bisher nur Äußerungen von Leuten gelesen, die Außenstehende sind.
Aber dieser Witz zeigt schon, dass die Gute keine Ahnung hat, von was sie da eigentlich redet. Die Rede war ja vorbereitet und keine spontane Äußerung, da hätte sie sich ja mal schlau machen können was Intersexualität überhaupt ist bevor sie einen Witz loslässt, der völlig am Thema vorbei geht.
Dieser Spot lief auch gestern Abend im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Da stutzte ich nicht schlecht. Eigentlich hätte ich mehr Witz und Humor erwartet anstelle dieser absolut niveaulosen Herabwürdigung der Berliner. Auch wenn Frau KK schon einen entsprechenden Alkoholpegel gehabt haben dürfte, nein, so etwas geht gar nicht. Auch nicht im Karneval. Politiker ist man in und außer Dienst.
Und Formulierungen können auch dann durchaus humorvoll sein, wenn man sich etwas mehr Mühe gibt, mit diplomatischem Fingerspitzengefühl vorzugehen. Übrigens, das Festkomitee des Kölner Karnevals hätte meiner Meinung nach diesen verbalen Ausrutscher in Büttenreden nicht durchgehen lassen. Verpönt, wenn nicht sogar aus dem Manuskript gestrichen sind unter anderem: Zoten und Witze, die so aufgefasst werden können, dass sich andere herabgewürdigt fühlen könnten.
Ich habe es nicht gesehen, da ich eindeutig kein Karnevalsmensch bin, allerdings finde ich den Satz in dem verlinkten Artikel wirklich äußerst unangebracht, Karneval hin oder her. Meiner Meinung nach kann man gerade in dieser Position einen intelligenteren Humor an den Tag legen. Gerade jemand, der dann doch auch höhere Positionen möchte, sollte schon genau darauf achten was wann gesagt wird. Im Notfall sollte man einfach mal still sein oder sich selbst aufs Korn nehmen.
Karneval ist generell ja dazu da, sich über die Politik und die Welt lustig zu machen. Das darf man auch nicht außer Acht lassen. Es geht allerdings auch von beiden Seiten und das ist deutschlandweit oftmals nicht ganz so gewünscht. Es kommt aber auch gerne darauf an, wie es rüber kommt und Frau AKK ist da massiv über das witzige Ziel hinausgeschossen und als Politikerin sollte sie genau das nicht tun.
Ich versuche mal meinen Standpunkt zu erklären. Wir reden von einer Frau AKK, die die Ehe für alle nicht will und damit den Leuten schon ihr Recht absprechen möchte, ihre Beziehung auf derselben gesellschaftlichen Stufe zu stellen, wie jede andere Ehe. Wir reden von einer Frau, die arg konservativ ist und das auch gegenüber dem 3. Geschlecht. Da kommt ein Witz dieser Art wohl auch nicht gut an oder? Das ergibt der logische Menschenverstand.
Sie hat hier Personen indirekt persönlich angegriffen, die mit sich selbst in der Gesellschaft schon vor vielen Schwierigkeiten stehen und von etlichen Leuten nicht akzeptiert werden. Sie als teilweise konservative Person macht darüber dann Witze, will im Vorfeld die Ehe für alle schon nicht, will jenes nicht und kann diesem nichts abgewinnen, sodass man schnell annehmen kann, dass dahinter nicht nur Witz, sondern auch Wahrheit hintersteckt.
Machen wir es doch mal anders. Wenn dort jetzt ein Witz gegenüber Flüchtlinge gekommen wäre, dann wäre die Rassismuskeule wieder völlig okay. Selbst wenn man nicht die Kriegsflüchtlinge gemeint hätte. Doch dann wäre das Theater groß.
Jetzt hat eine Politikerin also mit Vorbildfunktion und einem hohen Rang in ihrer Partei das 3.Geschlecht beziehungsweise Intersexuelle Äußerungen von sich gegeben, selbst wenn sie es versucht hat, witzig zu verpacken. Die Leute, das wird schon deutlich, fühlen sich beleidigt und das muss man auch mal akzeptieren können und sagen: Passt auf, da bin ich doch übers Ziel hinausgeschossen.
Der Witz mit den Toiletten für "Männer, die nicht wissen, ob sie im Stehen oder Sitzen pissen"? Aua, den fand ich ja so schlecht. Selbst wenn man darüber hinweg sieht, dass eine hochrangige Politikerin, die der Auffassung ist, das die Homo-Ehe der Inzucht Tür und Tor öffnet, mal wieder auf Leute einschlägt, die nicht in ihr enges Weltbild passen, wo es nur Männlein und Weiblein gibt, die Geschlechtsverkehr zur Zeugung von Nachkommen im Dunkeln und in der Missionarsstellung haben - der Spruch war nicht im mindesten witzig. Ich würde ihn zwar nicht zur "Hassrede" stilisieren, aber einen gelungenen, wenn auch fiesen, Gag stellt er auch nicht dar.
Und selbst wenn er witzig gewesen wäre und nicht auf dem Niveau von Körperausscheidungen, die Kindergartenkinder witzig finden, hat er so völlig am Kern der Debatte vorbeigezielt, dass man überdeutlich gemerkt hat: Diese hochrangige Politikerin weiß absolut nicht, worum es bei diesen gesellschaftlichen Entwicklungen überhaupt geht. Kleiner Tipp: Nicht ums Pissen. Und seine Arroganz und Ignoranz auf derart plumpe Weise kundzutun finde ich schon mehr als peinlich.
Mein Hauptproblem dabei ist, dass es sich hier nicht um den missglückten Kalauer eines Hobby-Büttenredners aus der hintersten Provinz handelt, sondern darum, dass eine Person von relativer Macht und Ansehen offensichtlich nicht für fünf Pfennig gesunden Menschenverstand, null Sensibilität und (im Fasching am schlimmsten) keinerlei Sinn für Witz und Satire hat.
Fasching bzw. Karneval ist ja sowieso nicht für intellektuellen und klugen Humor bekannt, und da passt der Witz von AKK zumindest ins übliche Konzept. Solche Kalauer könnte man auch von anderen Provinz-Büttenrednern erwarten, die außerdem auch noch eine Abneigung gegen Berlin pflegen. Von einer Politikerin, die möglicherweise demnächst unser Land regieren könnte, würde ich solche Späße lieber nicht hören, denn auch wenn es vielleicht einfach nur vordergründig spaßig gemeint war, steckt ja eine Geisteshaltung dahinter, die mir nicht so behagt.
Gorgen_ hat geschrieben:Verpönt, wenn nicht sogar aus dem Manuskript gestrichen sind unter anderem: Zoten und Witze, die so aufgefasst werden können, dass sich andere herabgewürdigt fühlen könnten.
Möchte mich hier noch einmal einklinken. Kann mich genau daran erinnern, wie sich der WDR in einer Karnevalssendung am Rosenmontag über türkische Musik lustig gemacht hatte. Das war so etwa um 1965 herum. So etwas kommt heute nicht mehr vor.
Wie sehr sich die Auffassungen geändert haben, sieht man daran, dass das Pendel zwischenzeitlich ganz gewaltig in die andere Richtung ausschlug, indem regelrechte Völkerverständigungsarbeit auch durch WDR-Sendungen wie "Musik des Orients" gemacht wurde, jetzt aber leider wieder zurückzupendeln droht, wenn man die neue Rede von AKK so anhört.
Sie legte in ihrer Aschermittwochsrede jetzt noch kräftig nach und prangert den ihrer Meinung nach übertriebenen Interkulturalismus an. Hier ist noch ein weites Feld zur Diskussion. Jetzt kommt womöglich auch hier in Deutschland so etwas Ähnliches wie die von den Niederländern schon seit etwa fünf Jahren geführte "Zwarte-Piet"-Diskussion, die sogar bis zur UNO-Menschenrechtskommission hocheskalierte.
Und, es wird deutlich, dass der missglückte Kalauer oben doch aus einer bestimmten Geisteshaltung heraus entstand, also nicht nur gänzlich ohne Hintergedanken erfolgte.
Gorgen_ hat geschrieben:Und, es wird deutlich, dass der missglückte Kalauer oben doch aus einer bestimmten Geisteshaltung heraus entstand, also nicht nur gänzlich ohne Hintergedanken erfolgte.
Zu Anfang war ich ja gegenüber Frau Kramp-Karrenbauer eher neutral-positiv eingestellt, aber ihre Aschermittwochsrede fand ich ehrlich gesagt abschreckend und auch nervig (soweit ich den Inhalt mitbekommen habe). Dann noch das Getue von wegen die Deutschen wären so verkrampft und hätten kein Humorverständnis. Dabei ist das doch keine neue Masche: zunächst würdigt man jemanden herab, und wenn man dann damit nicht einverstanden ist, dann heißt es: "War doch nur Spaß! Mensch, Ihr versteht aber auch überhaupt keinen Spaß".
Das Merkwürdige ist, dass solche spaßige Personen häufig plötzlich ihren Humor verlieren, wenn sie selbst oder ihresgleichen das Opfer solcher "humorvoller" Neckereien werden. Scherze werden gern schenkelklopfend über andere gemacht, aber wehe, es kommt zu einer Retourkutsche...
Der "Witz" kam bei mir aus verschiedenen Gründen nicht gut an. Es muss ja nicht jeder wissen, was der Unterschied zwischen transsexuellen und intersexuellen Menschen ist, aber von einer Politikerin, die eventuell Bundeskanzlerin werden wird, erwarte ich das schon. Zweitens werden traditionell eigentlich in den Büttenreden die Oberen veräppelt und es soll nicht über die schwachen Benachteiligten gelästert werden.
Wenn Frau Kramp-Karrenbauer die Karnevalstradition bewahren möchte, dann sollte sie nach oben, wo immer das in ihrem Fall sein mag, und nicht nach unten treten. Und drittens ist Berlinbashing ja ganz lustig, wenn es vom kleinen Steuerzahler kommt, aber doch nicht so massiv von einer Politikerin, die in Berlin mitentscheidet.
Und viertens sollten Politiker überhaupt keine Büttenreden halten, sondern dies dem gemeinen Volk überlassen. Meine Sympathie für Frau Kramp-Karrenbauer hat sich eh immer schon in Grenzen gehalten. Meine Meinung über sie hat sich durch ihre Rede verstärkt.
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