Wie häufig sind Fälle, wo Vollnarkose nicht richtig wirkt?

vom 12.07.2018, 11:28 Uhr

Im Fernsehen wurde von einem Mann berichtet, der an der Schulter operiert wurde und den Anfang der Operation voll mitbekommen hat. Er konnte sich zwar nicht bewege, konnte aber alles mit bekommen, inclusive den Schmerz. Ihm soll es wohl gelungen sein auf den Narkoseschlauch zu beißen und dann erst hat die Narkoseärztin gemerkt, dass was nicht stimmt und hat nachgespritzt.

Wie oft kann sowas vorkommen? Ist das sehr häufig? Habt ihr das bei euch oder einem Bekannten schon erlebt? Wie kann sowas passieren? Sieht man nicht am Monitor, ob was nicht in Ordnung ist?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Es kommt insgesamt sehr selten vor. Rein statistisch erwischt es fünf von 24.000 Patienten. Und dann muss man noch sehen, dass es diesen fünf Betroffenen nicht automatisch so gehen muss, wie dem armen Mann. Das kommt natürlich auch vor, aber das ist noch seltener. Eine diffuse Erinnerung oder ein ganz harmloses Erwachen ist häufiger.

Im Prinzip setzt sich eine Narkose aus drei Komponenten zusammen. Es gibt etwas gegen die Schmerzen, etwas zum Ausschalten des Bewusstseins und etwas zur Muskelentspannung, weil der Patient nicht zucken sollte. Einige Mittel können alles oder mehrere Dinge, andere kann man komplett separat benutzen.

Ich bin beispielsweise während meiner Handoperation aufgewacht. Das war kein dramatischer Fehler. Weil die OP viel länger dauerte als erwartet und der Blutverlust viel höher war als gedacht, wollte der Kreislauf nicht mehr so richtig. Und da klar war, dass die Hand definitiv still und schmerzfrei ist, wurde die Narkose möglichst flach gehalten. Es war überhaupt nicht schlimm, weil nichts geschmerzt hat. Ich wusste auch wo ich war. Mir war nur kalt und Blase drückte. Und dann war ich sofort wieder weg. Keine Panik, keine Schmerzen und keine Angst vor einer weiteren OP. Das war aber kein richtiger Zwischenfall, man hat es halt bewusst riskiert.

Besonders gefährdet sind Patienten mit großer Angst. Wer Stress hat, braucht mehr Narkosemittel. Auch Schmerzpatienten, die Opiate nehmen oder Leute, die schon mal aufgewacht sind, haben ein höheres Risiko. Es kann dann schnell mal die fünffache Menge brauchen und das ist gerade für Anfänger verwirrend.

In der Regel sieht man solche Probleme aber gut kommen. Steigender Blutdruck, steigende Herzfrequenz, kalter Schweiß oder tränende Augen treten sehr häufig auf und lassen den Anästhesisten normalerweise schnell genug reagieren. Andere Zwischenfälle sind viel häufiger und durchaus viel problematischer. Menschen sind zum Glück keine Katzen, bei denen ist die Narkosetiefe viel schwieriger zu bestimmen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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