Werden schicke Läden von Billig-Läden verdrängt?

vom 30.09.2016, 06:59 Uhr

Meine Heimatstadt zu besuchen, macht mich jedes Mal deprimiert, vor allem, wenn ich in der Innenstadt durch die Fußgängerzone laufe. Keine Ahnung, wo das angebliche Wirtschaftswachstum stattfindet, aber sicher nicht in meiner Heimat und schon gar nicht in unseren Einzelhandel.

So gab es in der Fußgängerzone früher viele etwas teurere Läden. Damit meine ich keine Designerläden mit Louboutins und Co. aber schon etwas für den höheren Mittelstand. So hatten wir ein Schuhgeschäft, das zwar viele Schuhe von Tamaris anbot, aber auch exotische Marken aus Italien und Spanien, die man sonst nirgends bekam, aber wo die Stiefel dann auch schon mal 300 Euro kosten konnten.

Obwohl ich mir solche Stiefel nicht leisten würde, ist es schon bezeichnend, dass dieser Laden wie andere Läden dieser Art auch pleite gegangen sind. Ein edler Herrenausstatter, der tolle Anzüge bot, war ein traditionelles Unternehmen meines Heimatortes, aber scheinbar setzen die meisten Männer nicht mehr auf zeitlose Qualität.

Wie schon gesagt könnte ich persönlich mir sowas nicht leisten, aber es ist doch beunruhigend, dass der gehobene Mittelstand abzuwandern scheint. Sonst hätten diese Läden ja nicht dicht gemacht. Nun sieht man nicht nur geschlossene Läden mit "zu vermieten"-Schildern, sondern immer mehr Billig-Läden. Diese sprießen wie Pilze aus dem Boden und scheinen auch noch gut zu laufen.

Viele tolle Geschäfte sind in den letzten Jahren so durch Chinaläden ersetzt worden, wo man Jeans für 20,00 Euro oder Ballerinas für 10 Euro bekommt. Werden bei euch auch auf diese Weise gute Geschäfte verdrängt? Oder ist es nur meine Heimatstadt, die so den Bach runtergeht?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 30.09.2016, 07:07, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Diese Entwicklung kann man glaube ich überall beobachten. Es setzen sich immer mehr Geschäftsketten durch und verdrängen Einzelgeschäfte. Vorallem kann man das im Zentrum der Städte sehen.

Ich finde das sehr schade, da dadurch nicht nur Qualität sondern auch die Vielfalt der Produkte leidet. Oft hat man in unmittelbarer Umgebung mehrere gleiche Geschäfte. Da fragt man sich auch was es für einen Sinn macht.

Um diesen Trend entgegen zu wirken müssen die Verbraucher nicht nur auf den Preis achten, sondern in kleinen Geschäften auch mal paar Euro mehr ausgeben. Außerdem sollte man nicht mehr so faul sein und online bestellen, sondern auch man zum Shoppen raus gehen.

» Killyouridols » Beiträge: 517 » Talkpoints: 35,37 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich muss leider sagen, dass ich in meiner Heimatstadt und auch in anderen Städten, die ich immer mal wieder besuche, den gleichen Trend bemerke. Es ist einfach so, dass die netten Läden, vor allem die kleineren, mehr und mehr verschwinden und immer mehr dieser Billig-Läden den Einzug halten. Ich finde das sehr schade und die Leute, mit denen ich so darüber rede, auch. Aber die Läden scheinen zu laufen und die anderen Läden vorher offensichtlich nicht so gut.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Sowohl in meinem Wohnort als auch in meiner alten Heimat kann ich ähnliches beobachten, finde es aber auch durchaus nachvollziehbar. Immerhin bestellen immer mehr Leute im Internet und wenn man dann doch mal in die Stadt geht, rechnet man nach, überlegt was man im Internet zahlen würde und mag nicht viel Geld ausgeben. Die Leute sind immer mehr auf Schnäppchen aus, was sich Verkäufer nicht leisten können, da boomen die Billigläden.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Diese Entwicklung kann ich hier in der Stadt auch beobachten. Aber mittlerweile machen hier auch die günstigeren Läden zu und werden durch neue Billigläden ersetzt. Ich fand zum Beispiel Collosseum als Laden recht gut und günstig und dieser Laden schließt zum Beispiel nach kurzem Betrieb hier. Und ich bin gespannt, was nun dort anstelle rücken wird.

Ich mag diese Entwicklung auch nicht, weil die Fußgängerzone irgendwann nur noch aus günstigen Läden besteht oder aus den gängigen Ketten. Gut finde ich jedoch, dass ein traditionelles Lederwarengeschäft sich weiterhin hält und weiterhin seltenere Marken führt, weil ich in punkto Handtasche schon recht eigen bin.

Durch das Wegfallen von teureren Läden, von individuelleren Läden, verlieren Städte ihren Charme und bieten 0815-Waren feil, die man an sich in jeder größeren Stadt erhalten kann und so habe ich auch nicht mehr die Lust in Städte wie Frankfurt oder Stuttgart zu fahren, weil überall die günstigen Ketten vorhanden sind. Ich finde sowas sehr schade und hoffe, dass sich diese Entwicklung vielleicht irgendwann wieder umkehrt.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich finde das schon paradox. Du würdest keine Stiefel für 300 Euro kaufen, weil die dir zu teuer wären, aber von anderen erwartest du das dann, damit sich das Geschäft weiterhin halten kann? Warum eigentlich?

Hier haben auch viele gejammert als ein Buchgeschäft durch ein Starbucks ersetzt wurde weil der Besitzer keinen Nachfolger gefunden hat. Das waren aber hauptsächlich Leute, die da gar keine Stammkunden waren. Die haben da vielleicht einmal im Jahr eingekauft wenn sie ein Geschenk gebraucht haben. Aber von ihren 15 Euro im Jahr soll der Buchhändler dann leben können?

Oft sind die Kunden einfach selber Schuld wenn die Fachgeschäfte schließen. Eine halbe Stunden im Fotogeschäft beraten lassen und die Kamera dann bei Media Markt kaufen oder im Internet bestellen ist ja heute an der Tagesordnung. Aber dann jammern wenn das Fotogeschäft aufgibt, weil der Ramschladen ja nicht so schön aussieht im Stadtbild.

Die meisten dieser Billigläden sind übrigens nur Zwischenmieter, deshalb sieht man auch immer wieder Billigläden, die zumachen. Die Geschäfte werden weiterhin zur Miete angeboten und wenn sich ein neuer Mieter findet muss der Billigladen zum nächsten leeren Geschäft weiterziehen. Bei uns findet man deshalb manchmal mehrere Billigläden und manchmal keinen einzigen. In der Regel dann wenn ich mal wieder eine Packung Briefumschläge oder Paketband brauche. Das einzige, was ich in diesen Geschäften regelmäßig kaufe.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Wirklich wundern tut es mich nicht, dass der traditionelle Einzelhandel zunehmend durch Billiganbieter und Filialen von bekannten Ketten verdrängt wird. In der heutigen Zeit wollen die Kunden alles möglichst schnell, günstig und bequem haben, und am besten dafür nicht einmal das Haus verlassen. So nimmt die Tendenz zum Kauf über das Internet oder zu Kaufhäusern mit standardisierten festen Warenbeständen zu. Liebhabergeschäfte, in denen man noch eigenhändig nach seinen Wunschartikeln suchen und einen angemessenen Preis für die dargebotene Qualität zahlen muss, empfinden viele Menschen deshalb als unattraktiv. Und natürlich kann sich ein Laden nur durch ausreichende Einnahmen halten, die demzufolge ausbleiben.

Traurig macht es mich schon, wenn ich wieder einen Familienbetrieb mehr schließen sehe. Ich kaufe eigentlich sehr gerne in Geschäften ein, die noch etwas persönlichen Charme und originelle Auswahl haben, und ich verbinde mit einem Stadtbummel auch Entspannung und Ausgleich anstatt von Stress und Konsumdruck. Gerade in historischen Altstädten empfinde ich Euroshops, Massenwarenanbieter und Billig-Basare auch schlichtweg als unpassend und störend und würde mir stattdessen lieber optisch attraktive gehobenere Kleidergeschäfte und Antiquitätenläden wünschen, die ins Stadtbild passen.

Natürlich kaufe auch ich im Internet, wenn ich eine Lieferung mal schnell und direkt brauche, einen Artikel im Handel nicht finde oder mir online ein Schnäppchen gelingt, aber ich bin auch bereit, ab und an etwas mehr zu zahlen, wenn ich dafür eine persönliche Beratung oder die Chance zum direkten Ausprobieren und Anfassen meiner Einkäufe bekomme. Dinge wie Bastelmaterial, Stoffe und Lebensmittel zum Beispiel würde ich nie über eine Webseite kaufen, wenn ich sie vorher nicht im Original ansehen und überprüfen kann, und auch Deko und Kleidung möchte ich gerne live sehen und anprobieren. So versuche ich also schon, möglichst viele Händler vor Ort zu unterstützen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Die Verdrängung von individuellen Einzelhändlern und kleinen exquisiten Geschäften hat ja nicht erst vor ein oder zwei Dekaden begonnen. Ich möchte nicht wissen, wie groß der Aufschrei bei den Händlern gewesen ist, als die ersten Warenhäuser vor über 100 Jahren Einzug in deutsche Mittel- und Großstädte gehalten haben und damit sicher die ein oder andere kleine Existenz zerstörten. Ich könnte mir vorstellen, dass auch ein Warenhaus im Jahr 1937 andere Preise bieten konnte als der kleine Händler an der Ecke und damit eine große Konkurrenz darstellte.

Der Einzelhandel ist doch schon lange im Wandel. Wer hier hat in den letzten zehn bis dreißig Jahren noch seine Kleidung in ausgesuchten Boutiquen und nicht bei den üblichen Ketten gekauft? Aus meiner Teenagerzeit, die ja auch schon etwas her ist, fällt mir nur ein einziger solcher Laden ein, ansonsten wurde bei Karstadt, New Yorker, Orsay und den üblichen Verdächtigen eingekauft. Es gab schon früher nicht mehr flächendeckende Angebote kleiner Boutiquen. Auf dem Kleidungssektor nehme ich dieses Phänomen schon lange wahr.

Mittelfristig werden wir wohl in den Bereich kommen, dass die Innenstädte weiter veröden und von den omnipräsenten Ketten übernommen werden, während alle alten Tradtionsgeschäfte ihre Pforten schließen müssen. Wenn ich mir mal die Geschäfte ins Gedächtnis rufe, die es schon in meiner Kindheit gab und die damals schon alt waren, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Bei manchen tut es mir aus nostalgischen Gründen etwas leid, wie die kleine Geschenkboutique, wo wir immer unsere Stifte und den Deko-Kram kauften oder ein winzig kleines Lädchen in einer Nische, was sich ausschließlich auf den Verkauf von Schmuckperlen und Bastelbedarf konzentrierte. Für alle Leute, die bastelten und uns Kinder war das eine Institution.

Die Geschäfte, die bei meinen Eltern und Großeltern diesen Status innehatten wie der teure Herrenausstatter oder das Möbelgeschäft mit den Einzelstücken gehobener Klasse sind auch in den letzten zwei bis fünfzehn Jahren alle verschwunden. Auch der Bastelladen, wo ich immer Wolle und Farben gekauft hatte, ist jetzt weg. Aber wenn ich ehrlich bin, bin ich durchaus Teil des Problems, denn die gediegene Herrenausstattung, die altmodischen Möbel treffen nicht meinen Geschmack und normale Kleidung bestelle ich lieber als mich in das Gewühl zu stürzen.

» Verbena » Beiträge: 4938 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich kann mich wie so oft Cloudy nur anschließen. Natürlich machen "schicke" Läden in der Einkaufszeile viel mehr her, aber die wollen ihre Luxusprodukte natürlich nicht nur herzeigen, sondern auch verkaufen. Wenn man einen florierenden Einzelhandel mit unterschiedlichen, auch privat betriebenen Läden und Unternehmen vor Ort haben möchte, muss man sein Geld auch da ausgeben.

Bei uns auf dem Land gibt es auch einen netten Buchladen, von dem ich hoffe, dass er sich noch eine Zeitlang hält. Aber ich kann mich nicht beschweren, wenn er irgendwann schließt, weil ich meine Bücher als E-Books oder - ich gebe es zu - der Bequemlichkeit halber bei Amazon kaufe. Und die Bekleidungsgeschäfte hier in der Kleinstadt profitieren auch nicht gerade von meinem Einkommen. Dafür sorge ich immerhin dafür, dass die Gastronomie erhalten bleibt. :wink:

Dazu kommen noch die Outlets und Einkaufszentren auf der grünen Wiese oder traditionell neben dem Hauptbahnhof, die zusätzlich zum Online-Handel die Kundschaft aus der Innenstadt fernhalten. Solange der Rubel auf diese Art rollt, darf sich niemand darüber beschweren, dass die schicken oder knuffigen kleinen Läden in der Altstadt der Reihe nach abkacken. Das haben die Konsumenten ganz alleine in der Hand, und offensichtlich bevorzugt die Mehrheit gesichtslose Einkaufstempel oder die Bequemlichkeit des Internets.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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