Werden Jugendliche zu selten gelobt?
Das Verhalten von Jugendlichen und die damit verbundene Pubertät werden ja oft als sehr negativ und anstrengend für Kind und Eltern dargestellt. Dies bemängelt unter anderem auch die Autorin Maja Overbeck welche zum Beispiel das Buch "I love Teens" veröffentlicht hat:
Man muss sich als Eltern immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass die Pubertät für Jugendliche auch kein Spaß ist. Deshalb ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, dass Eltern Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen ihrer Kinder stärken. In der Schule bekommen Teenager doch jeden Tag einen auf den Deckel. Sie bekommen nur gesagt, was sie nicht können und dass sie die letzten Pfeifen sind. Wenn man das mit Kleinkindern vergleicht, die werden schon fürs Aufs-Klo-Gehen gelobt, da fragt man sich schon, warum das so ist. Warum kann man nicht auch bei Jugendlichen auf die Qualitäten schauen, die sie gut können, auch wenn die vielleicht nicht so vordergründig sind wie Schulerfolg? Man kann so viele wertvolle Eigenschaften entdecken: Jugendliche haben tolle Meinungen zur Politik, Verständnis für andere, Ideen.
Diese Aussage hat mich wirklich zum Nachdenken angeregt und ich muss ihr da wirklich zustimmen. Gerade in Gesprächen mit anderen Müttern unterhält man sich oft nur über die negativen Erlebnisse mit den Teenie-Töchtern - speziell Schulproblemen oder anderen Verhaltensentgleisungen. Mir fallen eigentlich keine Gespräche ein, in denen mir eine Mutter von Talenten oder anderen positiven Erlebnissen erzählt hätte. Im Kleinkindalter meiner Tochter habe ich mich dagegen regelmäßig mit Müttern über positive Entwicklungsfortschritte wie die ersten geglückten Breifütterungen, die Krabbelversuche usw. usf. unterhalten.
Werden Jugendliche tatsächlich zu wenig gelobt? Woran liegt das eurer Meinung nach, dass Kleinkinder hauptsächlich für ihre positive Entwicklung gelobt werden und bei Jugendlichen die negativen Eigenschaften in den Vordergrund rücken?
Ich finde nun nicht, dass Gespräche unter Gleichgesinnten, in diesem Fall Mütter, ein Indikator dafür sind, wie der Alltag aussieht. Denn naturgemäß nutzt der Mensch solche Gelegenheiten, um über das zu sprechen, was einen bewegt und was man mit den anderen gemeinsam hat.
Bei kleinen Kindern sind das eben üblicherweise die Fortschritte sowie Schlafprobleme oder Trotzanfälle. In der Pubertät sieht das eben anders aus. Gefühlt bestimmen Rückschritte und emotionale Empfindlichkeiten den Alltag. Und wo kann man sich besser auskotzen als unter Mitleidenden?
Daraus kann man aber nicht schließen, dass Jugendliche daheim nur gegängelt werden und alles positive als selbstverständlich genommen werden. Da kommt es doch eher auf die Grundhaltung in der Familie an. In Familien mit einem allgemein wertschätzenden Umgang und angemessenem Kritik- und Diskussionsverhalten wird sich daran wenig ändern, auch wenn man geneigt ist, der Brut den Hals umzudrehen.
Und wenn den Eltern tatsächlich mal das strapazierte Nervenkostüm durchgeht, ist das auch nicht dramatisch. Denn das werden die lieben Kleinen durchaus zumindest im Nachhinein verstehen, wenn man darüber redet und sich für seinen Fehler entschuldigt. Natürlich meine ich keine Ohrfeige oder verbale Abwertungen unterster Schublade. Das geht selbstverständlich niemals.
Ich wurde als Teenager eigentlich so gut wie nie gelobt, aber ich denke nicht, dass das immer so ist. Meine Eltern und ich haben ein extrem komisches Verhältnis zueinander und das ist sicherlich nicht der Norm entsprechend. So hatte ich immer das Gefühl nicht geliebt zu sein und das habe ich auch heute noch, ein bisschen so als hätte einen der Zufall eben zueinander gebracht und man müsste nun das Beste daraus machen, denn mehr ist es nicht.
Ich finde schon, dass man jedem Menschen das geben sollte, was man selber auch mag. So mag doch eigentlich jeder ab und zu mal ein nettes Wort hören, ein Lob bekommen und besonders positiv hervorgehoben werden. Entgleisungen und schlechte Noten gibt es bei einem Teenager sicherlich häufiger mal, aber irgendetwas wird er auch gut können und dies sollte man dann eher breittreten als verbale Entgleisungen oder schlechte Noten, da gebe ich der Frau schon Recht.
Allerdings muss hier auch einfach die Grundhaltung stimmen. Man sollte seinem Kind zeigen, dass es einen Wert hat und in der Familie willkommen ist, egal wie blöd es sich manchmal verhält. Wobei ich es aber auch okay finde, wenn du mit anderen Personen auch um dir einen Rat zu holen auch mal über die negativen Dinge sprichst. Das solltest du auch mit deiner Tochter, aber nicht angreifend, nicht verbal entgleisend, sondern möglichst sachlich und liebevoll. Das geht natürlich nicht immer, aber man sollte dies versuchen, denn die elterliche Liebe, egal wie wenig das ein Teenager zugeben mag, ist einem Kind sehr sehr wichtig im Leben.
Ich finde, dass generell zu wenig "gelobt" wird, auch wenn ich den Ausdruck "Wertschätzung" bevorzuge. "Lob" impliziert für mich immer ein Machtgefälle, das auch schnell einen herablassenden Unterton bekommt: "Ich hätte das zwar viel besser und schneller hinbekommen, aber trotzdem fein gemacht!"
Aber ich habe im Alltag schon sehr viel öfter mitbekommen, dass irgendein Hund lieb gelobt und gestreichelt wurde, weil er brav vor dem Bäcker gewartet hat, als dass das bei Kindern vorkommt. Minus das Streicheln natürlich, aber ein "Danke, dass du mir beim Einkäufe aufladen geholfen hast!" kommt nach meiner Erfahrung erheblich seltener vor als ein "Beeil dich endlich!!!"
Und Jugendliche sind anscheinend in den Augen vieler sowieso die Pest, was ich auch nicht richtig finde. Klar können sie nerven, aber das können Menschen aller Altersklassen, und ich habe schon stark den Eindruck, dass höflicher und wertschätzender Umgang mit Halbwüchsigen nicht gerade weit verbreitet ist. Da wundere ich mich auch nicht, wenn diese auch nicht ihre besten Manieren auspacken, wenn sie sowieso selbst von ihren Eltern, die sie angeblich lieben, zwischen 14 und 18 als nervige, lästige, hormonelle "Pubertiere" abgetan werden.
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