Werden Frauen in eurer Branche diskriminiert?
Eine Wissenschaftlerin will mit Hilfe von standardisierten Bewerbungen herausgefunden haben, dass Frauen bei Bewerbungen systematisch benachteiligt würden da ihre Bewerbungen schlechter von Personalverantwortlichen bewertet werden im Vergleich zu Männern. Dies wäre besonders in Branchen der Fall, die einen höheren Männeranteil haben. Man ist sich noch nicht klar, warum das der Fall ist. So vermutet man, dass Personalverantwortliche in von Männern dominierten Branchen denken könnten, dass Frauen das Arbeitsklima negativ beeinflussen oder die Arbeit weniger gut erledigen könnten als Männer.
Ich kann derartige Beobachtungen nicht bestätigen. Das liegt aber eher daran, dass es in meiner Branche eher einen Frauenüberschuss gibt, wenn man so will. Werden Frauen in eurer Branche diskriminiert und werden sie bei Bewerbungen schlechter bewertet? Oder habt ihr andere Beobachtungen machen können?
Ich würde sogar sagen, ganz im Gegenteil. In der Branche der Sozialpädagogen ist es durchaus förderlich, wenn Frauen aktiv sind. Es kommt natürlich auch auf die entsprechenden Gebiete an. Wir haben hier welche in Jugendeinrichtungen, wo die Jugendlichen nächtlich übernachten können. 3 Tage am Stück sogar anonym und dann brauchen wir dort einen Ausweis. Sprich für Jugendliche, die sonst auf den Straßen pennen würden. Dort helfen wir auch bei Wegen und dort sind überwiegend Frauen aktiv.
Im Milieu für Prostituierte sind Frauen enorm wichtig, auch wenn wir teilweise auch Herren mit nehmen. Doch Frauen äußern sich kaum gegenüber den Herren, weil sie genug Scheiße mit angeblich treusorgenen Ehemännern erlebt haben, mit ihren Zuhältern und Eltern etc. Da kann ein objektiver Blick und die Hilfe einer Frau schon hilfreich sein. Deswegen werden Frauen in meiner Branche eher weniger diskriminiert, also sogar gesucht.
Im Knast sind durchaus Herren sehr aktiv, aber auch Damen. Kommt halte auf die Berufsbranche sowieso in der Sozialpädagogik an und da sind Frauen auch sehr einfühlsam und gut. In Frauenhäuser sind wir ja auch aktiv und da kommt eine Frau durchaus besser zum Vorschein, als der Mann, wenn die Damen das Urvertrauen in einen Mann verloren haben, weil der Freund sie prügelt etc.
Deswegen kann ich in meinem Berufsstand zumindest nicht bestätigen, dass dort Frauen diskriminiert werden. Jedenfalls was die allgemeine Berufstauglichkeit angeht. Sicher haben auch wir als Kollegen untereinander Probleme mit Mitarbeitern, aber das hat man überall mit Pech.
Durchaus, würde ich sagen, und ich arbeite in einem ziemlich frauendominierten Sektor. Die fleißigen Arbeitsbienchen-Posten mit relativ geringen Aufstiegschancen sind weiblich dominiert, aber sobald man eine Hierarchie-Ebene höher schaut oder auch nur in Bereiche, die interessanter und abwechslungsreicher sind als praktisch nur Excel, tauchen die Herren der Schöpfung auf. Über die Gründe und gesellschaftlichen Zusammenhänge habe ich mich ja schon öfter ausgelassen, die sind wahrhaftig kein Geheimnis.
Ich sehe allerdings auch gerade in meiner Branche, die eher die introvertierten, stillen Tüftler anzieht, eine erkennbare Mitschuld der Frauen, die ihr ganzes Berufsleben lang in irgendeinem Kämmerchen für kleines Geld vor sich hin werkeln. Wenn sich ein paar von den Damen mal auf die Hinterbeine stellen würden, und nicht immer nur dankbar wären, überhaupt arbeiten zu dürfen, würde sich auch hier einiges bewegen. Aber solange die weibliche Belegschaft lieber still und bescheiden bleibt, wird sie weiterhin von Männern dominiert.
In meiner Branche gibt es nicht wirklich viele Aufstiegschancen. Man kann natürlich eine Art Abteilungsleiter werden und es gibt auch spannende Jobs in großen Unternehmen, die sehr sehr gut bezahlt werden, aber wenn man CEO oder irgendwas mit einem anderen wichtig klingenden Titel werden will muss man schon sein eigenes Unternehmen gründen.
Wahrscheinlich habe ich deshalb noch nie beobachtet, dass ich als Frau diskriminiert wurde. Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall. Ein ehemaliger Arbeitgeber hat sich mal sehr um meinen Verbleib im Konzern bemüht und da ging es nicht darum, dass ich herausragend gute Arbeit geleistet hatte, auf die man ungern verzichten wollte.
Damals kam die Diskussion um Frauenquoten, vor allem für große Unternehmen, zum ersten Mal auf und in meinem Bereich gibt es nicht so viele Frauen. Die Chance, dass man mich durch eine andere Frau ersetzen konnte, war also nicht so hoch und ein weiterer Mann wäre schlecht für die Quote gewesen.
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