Werbung und Vertragsbedingungen von Versicherungen
Ich bin kürzlich ein bisschen an einigen Versicherungen verzweifelt. Das liegt daran, dass das Kleingedruckte wirklich klein ist- was im virtuellen Zeitalter leicht änderbar ist. Auch gibt es schicke Suchfunktionen- allerdings tauchten viele Begriffe nicht in den Versicherungsklauseln auf.
Obwohl manches angepriesen wird auf der Homepage. Werbung und Vertragsbedingungen scheinen sich manchmal zu widersprechen und es wird z.B. damit geworben, dass alle Länder (außer USA/Kanada) versichert sind- in der Versicherungsbedingungen sind aber alle Länder mit Reisewarnungen ausgeschlossen, aktuell also mehr als ein Dutzend! Andere preisen extra Leistungen an, die zusätzlich gezahlt werden, im Kleingedruckten steht dann nur bei medizinischer Notwendigkeit- die es allermeist nicht gibt, z.B. bei Druckkammerbehandlungen mit denen eher Folgeschäden vermieden werden.
Sinnvoll wäre es natürlich, wenn es ein Dokument mit allen Vertragsbedingungen gibt, anstatt (potentiellen) Kunden bis zu fünf Dokumente für einen Tarif und Zusätze herunterladen zu lassen- um dann festzustellen, dass sich Versprechen und Bedingungen unterscheiden. Habt ihr sowas auch schon bemerkt?
Ich persönlich habe noch keine schlechten Erfahrungen mit privaten Versicherungen gemacht, mein einziger Versicherungsfall war aber auch nur ein isolierter Kellereinbruch, wo die Hausratversicherung anstandslos gezahlt hat. Aber von anderen habe ich schon die wildesten Geschichten gehört.
Gerade wenn es um Tierkrankenversicherungen geht, wurde dann doch immer noch ein Schlupfloch gefunden, auf das der Versicherungsnehmer nicht gekommen war. Oder man wollte etwas der Hausratversicherung melden, was laut Beschreibung "versengt" war, aber die Versicherung zahlte nicht, weil sie nur für "Verbranntes" zuständig war und sich dann an dem Wort aufhängte. So doof kann man manchmal als Versicherungsinhaber gar nicht denken. Am besten ist es, man spricht mit einem Versicherungsvertreter die für einen selbst relevanten Dinge vorab persönlich durch.
Ich sehe bei diesen Beispielen gar kein Problem. Nehmen wir das Beispiel mit den Ländern, wo es sehr wahrscheinlich um eine Auslandsreisekrankenversicherung geht. In der Werbung heißt es, dass alle Länder außer den USA und Kanada versichert sind.
Das ist typisch, denn dort sind die Kosten so absurd hoch, dass der Tarif für alle Kunden unattraktiv teuer würde. USA und Kanada gehen daher fast immer nur zu hohen Kosten extra. Die anderen Länder dagegen sind ja gar nicht ausgeschlossen.
Aktuell (!) leistet die Versicherung dort nicht, weil eine Reisewarnung besteht. Wird die aufgehoben, ist der Aufenthalt sofort wieder mitversichert. So liegt jetzt bitte das Problem. Wer sich sehenden Auges unüblich hohen Risiken aussetzt, ist nicht versichert. Das ist nämlich kaum kalkulierbar und für die Versicherungsgemeinschaft nicht tragbar.
Versicherung und Versicherung ist nicht dasselbe. Hier wird eine Auslandskrankenversicherung als Beispiel angeführt, die nicht den Erwartungen des zu Versichernden entspräche. Gerade bei Krankenversicherungen finden Änderungen in den Leistungen statt, ohne, dass der Versicherte per Rundbriefbrief von den Änderungen erfährt.
Beispiel: Früher hatte man alle zwei Jahre Anspruch auf einen Gesundheitscheck, heute nur noch alle drei Jahre oder in noch größerem Intervall. Ich komme zum Arzt, und der meint, ich solle die Labor Untersuchungen, die sonst die Kasse übernommen hatte, selber bezahlen. Das finde ich wirklich befremdlich. Oder man bekommt ein Schreiben, in welchem man zur Teilnahme an irgendwelchen Programmen aufgefordert wird. Was soll das. Das sind Dinge, die im Endeffekt die Erkrankungen durch Vorsorge verhindern und damit die Kosten der Krankenkassen senken sollen.
Wie würdet Ihr reagieren, wenn Ihr ein Schreiben bekämet mit der Überschrift, "wir haben festgestellt, dass Sie an einer Herzkrankheit leiden und empfehlen Ihnen die Teilnahme an einem DMP". Erstens, woher wollen die wissen, ob ich überhaupt an einer Herzkrankheit leide, und zweitens, was geht die das überhaupt an. Die Überlegung, es geht nur um Kostenreduzierung für die Kasse, drängt sich einem förmlich auf.
Dann gibt es die "anderen" Versicherungen. Hier blickt der Laie oft kaum mehr durch, und es wäre durchaus sinnvoll, vor Abschluss einen Experten zu Rate zu ziehen. Nur ein Beispiel: Jedes Jahr wird die Prämie für die Hausratversicherung angepasst. Und es wird darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es besser wäre, eine höhere Versicherungssumme zu wählen, weil sich durch Zukauf von Möbeln etc. eine Wertsteigerung ergeben hätte, und sonst im Schadensfalle Abstriche an der Leistung gemacht würden könnten. Hierbei wird man wenigstens darauf hingewiesen, dass sich eventuell etwas an den Leistungen geändert hat.
Gorgen, was hat bitte eine Sozialversicherung mit privaten Versicherungsverträgen zu tun? Und so liegt dein Problem mit den Leistungen? Die kannst du ja nun dem Leistungskatalog entnehmen, den der Gemeinsame Bundesausschuss regelmäßig verhandelt. Beschlüsse, Pressemitteilungen und so weiter findest du auf den Webseiten. Du könntest problemlos informiert sein, wenn du wolltest.
Und was stört dich nun genau an einem Disease Management Programm? Natürlich kennt deine Krankenkasse die Diagnosen, die dein Arzt stellt. Wenn du also irritiert bist, warum dir ein Programm zu einer bestimmten Herzkrankheit angeboten wird, von der du nichts weißt, musst du deinen Arzt ansprechen. Die Krankenkassen bekommen solche Daten automatisch.
Und dann verstehe ich deinem weiteren Ärger auch nicht. Klar, wenn ein DMP funktioniert, sparen die Kassen Geld. Aber du hast davon doch noch viel mehr. Denn damit findet deine Behandlung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft statt und du bekommst Präventionsangebote. Sprich, du bleibst hoffentlich gesünder. Oder möchtest du lieber eine kräftige Verschlimmerung, damit du auf einer Intensivstation beim Maximalversorger landest und für deine Beiträge richtig was geboten bekommst?
cooper75 hat geschrieben:Wer sich sehenden Auges unüblich hohen Risiken aussetzt, ist nicht versichert. Das ist nämlich kaum kalkulierbar und für die Versicherungsgemeinschaft nicht tragbar.
Ich erwarte keineswegs, dass Versicherungen unüblich hohe Risiken tragen. So steht offensichtlich bei allen Reisekrankenversicherungen in den Bedingungen, dass Krankheiten in Folge von Teilnahme an Krieg oder Unruhen nicht getragen werden. Ich vermute, dass das die gesetzlichen Krankenversicherungen ähnlich sehen.
Warum jedoch manche Versicherungen allgemein Leistungen in Ländern mit Reisewarnung ausschließen, erschließt sich mir nicht. Das Risiko sich beim Stolpern die Nase zu brechen oder am Hotelpool auszurutschen verändert sich doch nicht durch eine Reisewarnung.
Hauptsächlich geht es mir allerdings in diesem Thread darum, dass sich Werbung, angepriesene Bedingungen und die AVB teilweise voneinander unterscheiden. Wenn damit geworben wird, dass "alles" (seien es nun Reiseländer, Tiere, Hobbys, etc.) versichert ist, dann sollte dies auch so gemeint sein, anstatt nur anerkannte, mäßig riskante Sportarten, lediglich einige Haustierarten, oder nur Reisen in ca.90% der Welt zu versichern.
Bei anderen heißt es teilweise, dass Krankheiten bei Reisen in Länder mit Reisewarnungen nicht versichert sind, doch in den AVB bezieht sich dieser Ausschluss, wie bei allen Anbietern üblich, auch nur auf Folgen von Kriegsereignissen oder Naturkatastrophen.
cooper75 hat geschrieben:Und was stört dich nun genau an einem Disease Management Programm? :
Dass Teilnahme an Kursen verpflichtend ist. Wer kein Auto hat, ist der Dumme. Kurse finden nicht in fußläufiger Entfernung zum Wohnort statt. Jedenfalls bedeutete für mich die Teilnahme an solch einem Programm zusätzlichen Stress.
Mein Vater hatte Teilnahme an einem Diabetes Programm. Heute bekomme ich als Rechtsnachfolger noch Werbebriefe, obwohl mein Vater schon Jahrzehnte tot ist.
Und was da von ihm verlangt wurde an Papierkram und Listen-Ausfüllen, spricht Bände. In Wirklichkeit ging es nur um die Kosteneinsparung bei den Medikamenten. Denn die Krankenkasse hatte mit der Pharmaindustrie ein Abkommen. Damals wurden Tests von Antidiabetika durchgeführt.
DMP ist auch mehr eine Erfindung Herrn Ministers Lauterbach. Die Intention ist klar. Aber aus heiterem Himmel plötzlich zu so etwas verdonnert zu werden, geht meines Erachtens zu weit. Vor allem, da eine Diagnose keineswegs gesichert ist. Selbst der Hausarzt ist überrascht. Die Diagnose "koronare Herzkrankheit" findet sich laut meiner Recherche auch nicht in der angeforderten Patientenquittung der Krankenkasse. Der Verdacht drängt sich auf, ob hier wohl wieder KI am Werke war, die blindlings Serienbriefe verschickte.
Gorgen_ hat geschrieben:Dass Teilnahme an Kursen verpflichtend ist.cooper75 hat geschrieben:Und was stört dich nun genau an einem Disease Management Programm? :
Das verwirrt mich, denn ich lese auf der von cooper75 verlinkten Seite von der KBV anschließendes und kann mir nicht vorstellen, dass diese Freiwilligkeit erst kürzlich eingeführt wurde.
Die Teilnahme an einem Disease-Management-Programm (DMP) ist für Patient/-innen freiwillig und kostenlos. [...]
Auch für Ärzte oder Ärztinnen ist die Teilnahme an strukturierten Behandlungsprogrammen freiwillig.
Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen, gehe ich davon aus, dass dieses DMP keineswegs in der Werbung von der Versicherung anderes angepriesen wird. Würde dort damit geworben werden, dass man mit dem Taxi auf Krankenkassenkosten zum Veranstaltungsort fahren kann und dies würde dann in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen werden, fände ich das ebenso kritikreif.
Hingegen ist es völlig normal, dass nicht jeder Einwohner medizinische Versorgung fußläufig vor der Türe hat. Das habe ich auch erst erfahren seitdem ich aufs Land zog, früher dachte ich, dass jeder der gut zu Fuß ist, zum nächsten Facharzt laufen kann. So war und ist es in meiner Heimat auch heute noch. Jetzt ist der Weg zum nächsten Bürgerbus, der werktags zweimal täglich fährt mit 15 Minuten Fußweg angegeben,
Die Sache mit den Kursen ist als eines von mehreren Ausschlusskriterium in den Teilnahmebedingungen explizit festgeschrieben. "...Zwei der in der Dokumentation empfohlenen Schulungen wurden innerhalb von 12 Monaten nicht wahrgenommen..."Quelle: hier
Näheres darüber zu erfahren, ist nicht einfach, ebensowenig, ob der Hausarzt einer Teilnahme am DMP zustimmt oder überhaupt dazu anrät. Nicht nur weil des auf ihn zukommenden bürokratischen Mehraufwandes, sondern, weil er aufgrund der besseren Kenntnis von der gesundheitlichen Situation des Patienten in der Teilnahme keinen nennenswerten Gewinn für ihn sieht. Oder im Gegenteil dem wohlgenährten 100 kg Mann die wirksame Adipositas-permagna-Therapie empfiehlt.
Es dürfte mittlerweile jedem klar sein, dass etwas gegen die Kostenexplosion im Krankenkassenwesen getan werden muss. Da liegt der Gedanke nicht fern, dass die Idee mit den DMPs demnach auf Kostenreduktion der Krankenkassen abzielte durch bessere Aufklärung der Patienten über ihre gesundheitliche Situation, somit auf Vermeidung von Therapiekosten auch auf längere Sicht hin gesehen.
Die angepriesene bessere Versorgung oder Behandlung stellt für Pharmaindustrie ebenso eine Win-win-Situation dar, da sie so leichter Probandenklientel rekrutieren kann. Ich möchte jetzt nicht wieder despektierlich von Patienten als "Versuchskaninchen" reden, könnte mir aber gut vorstellen, dass genau das Diabetes-Medikament, das mein Herr Vater während des Programmes verabreicht bekam, auch auf tatsächliche Tauglichkeit nach Durchlaufen der gesetzlich vorgeschriebenen Testphasen noch abgeprüft werden sollte. Auch im Sinne der Wissenschaft.
Eine Erreichung von Facharztpraxen und dann auch Örtlichkeiten, wo DMP-Kursveranstaltungen stattfinden, auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist auf jeden Fall mit Aufwand und Anstrengung des Teilnehmers verbunden. Man darf auch nicht vergessen, dass es Patienten sind, nicht irgendwelche Leute, die so aus Spaß oder aus dem Gefühl heraus, sie müssten etwas für Wellness unternehmen, die an DMP-Maßnahmen mehr oder weniger engagiert teilnehmen. Sie müssen schon selbst davon überzeugt sein, dass ein persönlicher Gewinn für sie dabei herausspringt.
Gorgen_ hat geschrieben:Die Sache mit den Kursen ist als eines von mehreren Ausschlusskriterium in den Teilnahmebedingungen explizit festgeschrieben. "...Zwei der in der Dokumentation empfohlenen Schulungen wurden innerhalb von 12 Monaten nicht wahrgenommen..."Quelle: hier
Dort steht doch ebenso, dass die Teilnahme freiwillig ist. Wenn man mehrfach an Veranstaltungen nicht teilnimmt, so ist es recht üblich, dass man ausgeschrieben wird. Das ist bei Kursen in der Freizeit, beruflichen Veranstaltungen etc. doch nicht anders. Und wenn etwas von jemanden anderen bezahlt wird, so gibt es natürlich ein Interesse daran, dass man dort auch regelmäßig hingeht.
Wer dies nicht möchte, für den ist es- auch laut deiner verlinkten Quelle- nicht verpflichtend. Auf dem Land zu leben, ist oftmals mit Aufwand und Anstrengung verbunden. Wenn mein Auto versagt, gibt es hier weder ÖPNV, noch Taxen. Und der nächste Arzt ist sieben Kilometer entfernt und Tiermediziner. Das hat jedoch alles nichts mit Versicherungsbedingungen und Werbung der Versicherer zu tun oder?
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