Wer soll bei Krebs sagen, dass nichts mehr geht?
Der Vater eines Bekannten von mir hat Krebs. Die Klinik hat klar und deutlich gesagt, dass nichts mehr geht und eine Verlegung ins Hospiz oder die Palliativstation angestrebt wird. Die Ärzte mehrerer anderen Kliniken haben dies bestätigt und sogar noch gemeint, dass seine Lebenszeit bestenfalls noch Wochen seien. Der Bekannte von mir hatte seinem Vater mit den Ärzten allerdings noch Hoffnung gemacht und Gespräche mit der Palliativstation hatte er trotz meiner eindringlichen Bitte abgelehnt.
Nun war ich zuletzt selber im Krankenhaus und habe mit beiden gesprochen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sein Vater wirklich genau sagen kann, was Sache ist. Nun meint mein Bekannter, dass die Ärzte dies hätten besser kommunizieren sollen und er nicht dafür zuständig ist. Wer soll nun eurer Ansicht nach jemandem sagen, dass er nur noch kurze Zeit zu leben hat?
Ich glaube, dass kommt immer auf den Fall drauf an. Ich habe auch schon erlebt, dass solche Nachrichten dann dem Ehepartner mitgeteilt wurden und dieser dann dem Patienten gesagt hat, wie es um ihn steht. Aber sicherlich ist dazu nicht jeder Angehörige in der Lage. In dem Fall würde ich die Ärzte bitten, dies zu übernehmen. Leicht ist so etwas sicherlich nie. Aber der Patient hat ja auch ein Recht darauf, zu erfahren, wie lange er noch zu leben hat und wie schlimm es wirklich ist.
Die Frage ist doch auch, was bekommt der Patient alleine von dem noch mit und wie weit ist der noch in der Lage, solche Dinge zu begreifen. Denn dann kann man als Angehöriger viel sagen wenn der Tag lang ist und sich damit nicht abfinden möchte, es ist im Endeffekt nur ein selbst belügen. Andere meinen, dass sie damit den Patienten die unangenehme Wahrheit ersparen möchten oder auch sich selbst und demnach dann nicht die Wahrheit sagen. Da kannst du stehen und reden was du möchtest, man glaubt dir nicht.
Ich habe das schon selbst erlebt, das Menschen die eigentlich klaren Verstandes sein sollten es nicht begreifen wollten, dass wir den Angehörigen nicht mehr reanimieren konnten und diesen soeben für Tod erklärt haben formell. Da kamen dann so Dinge "er war doch gesund, machen Sie was" oder "da muss noch was gehen" einfach da sie bereits in der Phase der Trauer sind, dass man es abstreitet und das kann durchaus schon eintreten und Anfangen bevor ein Angehöriger verstorben ist. Gerade bei den Fällen bei denen es offensichtlich ist und der Countdown noch läuft, fängt bei den Angehörigen diese Phase bereits an. Nicht wahr haben wollen, alles ablehnen was Fakt ist und nach jedem Hoffnungsschimmer suchen und sei es noch so Merkwürdig Skurril.
Ich stand als Rettungsassistent mit Notarzt vor den Angehörigen und habe mir das anhören dürfen, und dann meinst du, dass das Ärzte hätten besser kommunizieren müssen wenn diese Phase eingetreten ist? Da sprichst du mit einer Wand, die Menschen hören das was sie hören wollen oder drehen es entsprechend in diese Richtung. Zudem auch ein Arzt auf einer Station noch anderes zu tun hat außer sich Tagelang nun an das Bett zu stellen und es wie einen Monolog immer und immer wieder zu sagen, damit es dann auch mal jemand begreift, der es eigentlich gar nicht begreifen möchte.
Fair ist es ehrlich gesagt von allen Seiten, wenn man einem Patienten die Wahrheit über seinen Zustand sagt und nicht die Verantwortung dafür hin und her schiebt. Hat er es von den Ärzten her nicht verstanden oder diese haben nur mit dem Sohn gesprochen, dann ist es sehr wohl seine Aufgabe es dem Vater verständlich zu machen. Aber das sind Themen über die keiner gerne spricht und es auch nicht jeder kann, von daher halte ich das aus der Verantwortung ziehen hier eher für einen Schutzmechanismus vom Sohn her. Dann sollte diese Aufgabe dennoch jemand anderes übernehmen der sich dem gewachsen fühlt, sei es nun ein weiterer Verwandter oder das man nochmals die Ärzte bittet für das Gespräch wenn man das nicht kann, aber es ist nur Fair wenn derjenige darüber auch Bescheid weiß und nicht angelogen wird von A bis Z.
Die Frage ist bei Patienten ja auch immer, was kriegen sie selber schon von ganz alleine mit. Einige sind der Meinung, dass man es ihnen sagen muss und andere eben nicht. Man darf eben auch nicht vergessen, dass trotz vieler Medikamente die Patienten nicht blöd sind und durchaus um sich herum einiges mitkriegen. Sie wissen auch sehr gut, was die Blicke auf Fragen zum Arzt auf sich haben und das habe ich an meinen Verwandten, die beide bei vollem Bewusstsein waren schnell gemerkt.
Ich denke, dass man auch ehrlich sein sollte, aber man muss hier auch etwas differenzieren. Wir reden hier von Menschen, die unter Umständen die kommenden Tage, Wochen oder maximal Monate das Zeitliche segnen. Will man auf Fragen „werde ich sterben?“ wirklich plump antworten, „ja“ oder in „Tränen“ ausbrechen, weil meist die Hinterbliebenen sowieso mehr daran zu knacken haben?
Oder will man auf derartige Fragen dreist lügen? Ich denke wirklich, dass es frech gesagt kaum eine richtige oder falsche Reaktion geben kann. Es ist schwierig sich als nicht Betroffener in solch eine Lage zu versetzten und umso schwerer für Menschen, die niemals jemanden beim Sterben begleiten mussten. Das kann manchmal die Hölle sein, dem Menschen zu begegnen und jeden Abend sich zu verabschieden im Wissen, vielleicht bist du gleich schon nicht mehr da.
Wenn man dann noch einen sterbenden Patienten da liegen hat, der eigentlich leben will, aber es einfach nicht mehr geht, dann ist das umso bitterer, wie in meinem Fall gewesen. Es wurde von der Person immer wieder gesagt, dass sie nicht sterben will, aber 2 Krebsdiagnosen in 1 ½ Jahren und dann so brutal heftige, das hat sie einfach nicht mehr verpacken können. Genauso wie eine andere Person, wo es schon zu spät war.
Ich wüsste also nicht, wie ich reagieren soll oder wie ich mit der Person sprechen würde. Ich müsste im Augenblick sogar wirklich annehmen, dass ich glücklicher wäre, wenn ich dieses Gespräch nie führen muss, weil das einfach viel zu heftig sein kann. Aber einige können das auch ohne Weiteres ab, muss man also für sich selbst entscheiden und beurteilen.
Wenn der Patient erfährt, dass er sterben muss, durchläuft er mehrere Stufen, verleugnen gehört da dazu, ebenso wie die Hoffnung. Begreifen und akzeptieren kommt erst zum Schluss. Ärzte und Schwestern können da nur bedingt helfen. Es gibt sogar Menschen, die sagen sie wären nicht aufgeklärt wurden und dabei hatten sie vorher lange Erklärungen. Da spielt eben auch die Psyche eine Rolle.
Sensibel sind die meisten Ärzte da schon und sagen auch was los ist, aber sie haben eben auch nicht nur einen Patienten und jeden Tag sagen, dass es nun endgültig keine Rettung mehr gibt ist auch bescheuert, da es diese psychische Phasen gibt und denen das auch bewusst ist. Vielleicht ist der Tod aber auch weniger schlimm für die betreffende Person, wenn sie noch Hoffnung hat. Vielleicht bekommt man es selber dadurch nicht so mit, wer weiß das schon?
Es gibt natürlich die Stationen, die dafür besser geeignet sind als eine normale Station, bei der man dann auch besser individuell umsorgt wird, aber erzwingen kann man sich das nicht und wenn er psychisch nicht akzeptiert was Fakt ist, dann kann man ihn auch nicht zu so einer Station bewegen, denn für ihn wäre es an dem Punkt aufgeben, da er für sich selber noch Hoffnung sieht. Das klingt absurd, aber so ist es nunmal. Die Stufen dauern bei jedem Menschen unterschiedlich lange, aber man durchlebt sie.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Auf amerikanische Rezepte wegen Umrechnung verzichten? 342mal aufgerufen · 4 Antworten · Autor: Crispin · Letzter Beitrag von Wibbeldribbel
Forum: Essen & Trinken
- Auf amerikanische Rezepte wegen Umrechnung verzichten?
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung 1080mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Triops · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern? 1134mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: ZappHamZ · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern?
- Intimrasur - Bekomme immer Pickel! 1511mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Wifey · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Fingernägel, Haut & Haare
- Intimrasur - Bekomme immer Pickel!
- Anleitung für Star Frisur 1135mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Osterhasi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Fingernägel, Haut & Haare
- Anleitung für Star Frisur