Wenn Charakter einer Serie stirbt oder krank wird heulen
Im Moment ist es in einer Serie, die ich schaue sehr emotional. Ein Seriendarsteller liegt im Krankenhaus und hatte einen Schlaganfall. Im sozialen Netzwerk kann man Kommentare lesen, wie "Ich habe Rotz und Wasser geheult" oder "Ich bete, dass er wieder gesund wird" und ein heulender Smiley dahinter. Für mich klingt das eher so, dass viele Realität mit einer Rolle nicht auseinander halten können und ich sitze ganz selten mal vor dem Fernseher und bin emotional. Denn ich weiß, dass es nur eine Serie oder ein Film ist.
Habt ihr schon geheult, wenn ein Charakter in einer Serie sehr krank wird oder gar stirbt? Denkt ihr, dass unser Gehirn oft nicht die Realität unterscheiden kann? Wie oft heult ihr vor dem Fernseher, wenn sowas passiert?
Ich sehe heute noch meine junge Kollegin vor mir, die mir gleich nach der morgendlichen Begrüßung sagte "Armin ist tot!" Ich musste erst einmal sortieren, wer Armin war. Allerdings dachte ich gleich daran, dass er keine reale Person war. Warum ich mir da ziemlich sicher war, weiß ich heute nicht mehr. Armin war das Sahneschnittchen aus "Unter uns" vor vielen Jahren. Und die junge Kollegin war halt ein treuer Fan. Ich tröstete sie dann und irgendwann war es dann auch wieder gut.
Dass sie traurig war, hatte aber nichts damit zu tun, dass sie Realität nicht von Fiktion unterscheiden konnte. Denn das konnte sie und hatte mit der Realität nie Probleme. Sie war halt sensibel und sah eben auch den Schauspieler gern in der Serie. Mehr war da einfach nicht. Mit zwölf Jahren las ich ein Jugendbuch. Es ging dort um einen besonderen Lehrer, der sowohl Autorität, wie auch Menschlichkeit ausstrahlte.
Und ganz plötzlich starb der Lehrer und seine Schüler waren total entsetzt und betroffen. Und ratet mal, wer noch? Meine Mutter, die mir Gute Nacht wünschen wollte, fand nun ein schniefendes in Tränen aufgelöstes Kind vor. Sie nahm das aber ernst und dachte nicht, dass ich den Bezug zur Realität verloren hatte. Sie äußerte sich positiv über mein Mitgefühl und tröstete mich entsprechend.
Man guckt ja eine Serie oder konsumiert sonstige Fiktion wie einen Film oder ein Buch nicht, weil man einen intellektuellen Diskurs darüber führen möchte, sondern um Emotionen zu fühlen und weil man eine Verbindung zu der Geschichte und ihren Figuren hat. Alles andere ist im weiteren Sinne nichts anderes als stumpfes Berieseln lassen. Dann kann man seine Geräte auch gleich ausschalten oder etwas Sinnvolles wie eine Reportage gucken.
Heulen ist nichts anderes als die Äußerung einer starken Emotion, nicht jeder, der so eine Gefühlsaufwallung hat, heult auch gleich. Dass ich wirklich richtig Rotz und Wasser heule kommt nur selten vor, aber tiefe Betroffenheit oder Traurigkeit oder Schock fühle ich auch. Hast du mal auf YouTube die Reaktionen aus der Burlington Bar gesehen, wenn Menschen Game of thrones zusammen schauen? Da stehen gestandene Männer, denen die Unterlippe zittert oder die kreidebleich gebannt auf den Monitor schauen, manchen stehen Tränen in den Augen. So muss gute Fiktion sein, sie muss tiefe Gefühle wecken.
Ich wette, dass ich in den nächsten und letzten beiden Folgen von Game of thrones auch mal wieder heulen könnte, keine Serie hat so berührende Charaktertode, die einen dann in dem Moment schon fertig machen können. Da gab es in den vergangenen sieben Staffeln schon so einige Charaktere, deren Tod mich tief berührt hat.
Gerade, wenn es um eine Serie geht und man wirklich schon lange Zeit mit den Hauptcharakteren in deren Welt verbracht hat, kann es schon sehr berührend sein, wenn diese Person dann stirbt oder sehr krank wird, aber so ist es ja auch gedacht, dass man sich in gewisser Weise mit den Personen verbündet fühlt. So richtig schlimm geweint habe ich noch nicht, aber ich habe mich, wenn es gut gemacht war, schon ergriffen gefühlt, weil ich mich einfach so sehr hineinversetzen konnte.
Ist es nicht normal, dass man mitfiebert wenn man in einer Serie richtig drin ist? Die hoffen halt, dass ihr Lieblingscharakter weiter dabei bleibt und nicht stirbt, andere hoffen darauf, dass ihr Lieblingscharakter den Eisernen Thron besteigen wird oder, dass zwei Charaktere endlich ein Paar werden.
Ich gehöre nicht zu den Leuten, die im Kino oder vor dem Fernseher leicht heulen, aber ich war schon oft erschrocken oder betroffen wenn etwas wirklich gut geschrieben war. Und nein, ich leide nicht an Realitätsverlust. Ich weiß, dass die Rote Hochzeit nicht echt war und, dass es allen Beteiligten gut geht. Trotzdem ist das einer der Momente, bei dem wohl viele "Game of Thrones" Fans mit offenem Mund dasaßen und erst mal verstehen mussten, was sie da gerade erlebt haben.
Ich kann schon verstehen, dass man in gewisser Weise mitfiebert, wenn man die Charaktere aus Serie oder Buch schon länger kennt und ihre Entwicklung mitbekommen hat. Aber deswegen direkt zu weinen finde ich maßlos übertrieben. Es handelt sich hierbei schließlich um keine echte Person, die man zu betrauern hätte, da diese fiktive Figur ja eh nicht Teil des eigenen, echten Lebens war.
Das ist so etwas, was ich gar nicht verstehen kann. Sicher finde ich es auch schon mal schade, wenn ein Charakter eine Serie verlässt, den ich sehr gemocht habe. Aber trotzdem würde ich dann nicht weinen, wenn ein Seriencharakter stirbt oder auch krank wird.
Auch wenn man eine Serie schon lange schaut und sie zum Alltag gehört, ist es doch trotzdem nicht die Realität. Deswegen könnte ich in dem Moment eben auch nicht weinen, auch wenn ich es vielleicht schade finde, dass ich den Charakter in der Serie nicht mehr sehen werde.
Ich kenne das auch von mir so und empfinde das als völlig normal. Zwar muss ich nicht unbedingt heulen, allerdings kommt es schon vor, dass ich richtig geschockt oder traurig bin, wenn einer Figur etwas passiert. Wenn man eine Serie mag und sie über viele Staffeln, also viele Monate oder Jahre schaut, dann wachsen einem die Charaktere eben ans Herz, wie es bei einem guten Buch auch so ist. Da kommt es dann auch vor, dass man Emotionen in Bezug auf die Serie verspürt.
Das hat ja auch rein gar nichts damit zu tun, dass man Serie und Realität nicht auseinander halten kann. Man fiebert eben in der Serie mit und freut sich für die Charaktere oder ist eben auch traurig. Es würde doch auch gar keinen Spaß machen, Serien zu schauen, wenn man dabei keinerlei Emotionen hätte. Da würde doch auch der Reiz der Serie verlorengehen - zumindest für mich.
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