Welche Warteschleife bei Notrufen akzeptabel und angemessen?
Ich habe gelesen, dass man als Anrufer bei Notrufen in Berlin mit immer größeren Wartezeiten zu rechnen hätte. So hätte sich innerhalb von 4 Jahren die Wartezeit zwischen Anruf und Kontakt mit einem Mitarbeiter der Leitzentrale der Polizei von 7 Sekunden auf 13 Sekunden bis 2017 erhöht. Beim Feuerwehr-Notruf hätte sich die Zeit innerhalb der Warteschleife im selben Zeitraum von 9 auf fast 21 Sekunden erhöht.
Der Rekordwert bei der 110 soll bei insgesamt 11 Minuten gelegen haben, bei der Feuerwehr sogar 19 Minuten. Allerdings waren für diese Warteschleifen ursächlich extreme Unwetter verantwortlich, sodass man hier von Ausnahmesituationen sprechen kann.
Ich weiß nun nicht, wie das in anderen Großstädten ist, aber meint ihr, dass sich die Wartezeit bei einem Notruf grundsätzlich erhöht? Hängt das mit der zunehmenden Bevölkerung zusammen oder meint ihr, dass die Notrufzentralen einfach nur schlecht organisiert sind? Welche Wartezeit haltet ihr in so einer Situation für akzeptabel und angemessen und warum?
Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Bevölkerung meint, jede noch so unwichtige Kleinigkeit beim Notruf loswerden zu müssen.
Ein Auto steht in meiner Einfahrt? Da rufe ich mal die 110 an und sage denen, die sollen sich drum kümmern. Ich wache auf, habe Kopfschmerzen, schwupps...mal schnell den Rettungsdienst anrufen, die müssen mit RTW und Notarzt kommen und mir helfen.
Da gibt es noch zig andere Beispiele, die man nennen könnte. Ist aber auch egal. Diese Geschichten kosten Zeit, die die Leitstelle dann an anderer Stelle nicht hat. Meistens sind die hilfsbedürftigen Bürger am anderen Ende der Leitung dann noch begriffsstutzig, beratungsresistent oder ignorant oder auch irgendeine Kombination aus den drei Eigenschaften, was dann aus einem Gespräch von 45 Sekunden ein Gespräch mit 2 Minuten macht.
Im Eingangspost ist von einer Ausnahmesituation die Rede. Kann natürlich sein, dass aufgrund eines Unwetters deutlich mehr Notrufe in den Leitstellen zusammenlaufen, weil die Leute auch nicht weiterwissen. Bei Unwettern häuft sich halt vermutlich die Anzahl an umgestürzten Bäumen oder Überschwemmung, was bei Einigen auch eine Notsituation darstellt.
Ich kann mich hier über die Warteschleife nicht beschweren. Ich habe ja das Problem, dass ich hochgradiger Allergiker bin und wenn ich im Restaurant war und man mich mal wieder nicht ernstgenommen hat, dass es zu einer entsprechenden Reaktion kommt.
Letztens war ich essen und habe explizit gesagt, dass ich keine Sojasoße und wünsche, weil ich allergisch darauf bin und dieser Wunsch wurde ignoriert. Tja, 15 Minuten später musste ich einen Notruf absetzen, weil meine Atemwege angeschwollen sind, ich mich erbrochen habe und bin sofort durchgekommen.
Ich finde es auch immer leicht gesagt, dass dann Leute mit Kopfschmerzen oder Ähnliches den Notruf ewig blockieren. Kopfschmerzen können sich verschlimmern oder auf eine schwere Erkrankung hinweisen. Selbst wochenlange Kopfschmerzen können zum bitteren Ernst werden. Es wird immer Ausreißer geben, die ein Rettungstaxi rufen, aber viele Dinge sollte man auch ernst nehmen.
Dass man bei Schnupfen nicht den Rettungsdienst anruft, sollte auch klar sein, aber viele wissen sich manchmal nicht anders zu helfen oder sind sich unsicher, gerade was ältere, alleinstehende Menschen angeht. Wie oft war ich in Haushalten, in denen eine Person nur Redebedarf hatte, weil sie einsam ist? Ja, da denke ich mir auch öfters, warum der Notruf gewählt wurde, aber am Ende wurde diese Person auch versorgt und etwas betreut und war in dem entsprechenden Moment nicht mehr ganz so einsam.
Wenn es wirklich um Leib und Leben geht, ist keine Warteschleife "akzeptabel und angemessen". Und auch wenn ich mir nur den Oberschenkel gebrochen habe oder Blut spucke, ist sicher mein einziger Wunsch, beim Notruf sofort durchzukommen und nicht die Kleine Nachtmusik anhören zu müssen oder schlimmstenfalls aus der Leitung zu fliegen, und es später noch mal probieren zu müssen.
Die Infrastruktur stößt bekanntlich schon seit Längerem an so ziemlich allen Fronten an ihre Grenzen. Der Fachkräftemangel macht auch vor lebensrettenden Institutionen nicht Halt und die alternde Bevölkerung spielt sicher auch eine Rolle. Wenn bald 30 Prozent der Menschen über 60 sind, hat das Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, im Akutfall ebenso wie im Alltag. Sieht man in jedem Wartezimmer eines Hausarztes, gerade auf dem Lande.
Angesichts der Gesamtsituation fallen die "begriffsstutzigen, beratungsresistenen oder ignoranten" Anrufer gar nicht so sehr ins Gewicht. Würde das System an sich besser funktionieren, könnte man den einen eingewachsenen Zehennagel pro Schicht locker mit durchschleppen.
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