Welche technischen Lehren sind Eures Wissens empfehlenswert?
@fragdenapotheker Warum ist es absurd, sich vor Beginn der Ausbildung für einen Beruf zu entscheiden? In Österreich gibt es doch auch ein duales Ausbildungssystem. Wenn du deinen Beruf in Kombination von einem Ausbildungsbetrieb und der Berufsschule erlernst, kannst du dich ja nicht im Verlauf für etwas anderes entscheiden. Also wenn du beispielsweise Medizinischer Fachangestellter werden möchtest, dann kann dein Ausbildungsbetrieb ja nicht plötzlich zur Zahnarzt- oder Tierarztpraxis mutieren. Und die Inhalte der theoretischen Ausbildung sind auch ganz anders. Das gilt insbesondere für Fachkunde und Labor.
Die schulischen mittleren und höheren Angebote sind ja wieder sehr theoretisch. Da ist man zwar weniger festgelegt, aber dafür ist man danach eben auch nicht voll ausgebildet und kann sofort eigenständig losarbeiten. Da ist die Einarbeitung viel aufwendiger und darauf hat auch nicht jeder junge Mensch Lust.
@EmilaByz: Ich muss gestehen, dass ich nicht wusste, dass es Miederwarenhersteller gibt. Dann habe ich gegoogelt und herausgefunden, dass es Miederkorsetts gibt. Da ich zugegebenermaßen noch nie ein Korsett getragen habe, wusste ich gar nicht, dass es Miederkorsetts und infolgedessen Miederkorsetthersteller gibt. Gibt es eine Ausbildung zum Korsettmacher? Oder bringe ich da etwas durcheinander? Das mit der Spezialisierung ist genau das, worauf ich hinaus will... Man beginnt zuerst die Ausbildung und entscheidet sich dann für eine Spezialisierung bzw. dementsprechend für einen Beruf.
@cooper75: Was den medizinischen Bereich und die Zahnarzt- und Tierarztpraxen angeht, stimme ich dir zu. Das hätte ich nicht verallgemeinern sollen. Aber wenn jemand eine Ausbildung mit einer Reihe von Spezialisierungsmöglichkeiten wählt, kann er sich erst danach für einen bestimmten Beruf entscheiden. Oder nicht?
Die klassischen Ausbildungsberufe beinhalten bereits verschiedene Bereiche. Zum Beispiel gehört zur Ausbildung zum Elektriker die Metallausbildung. Und so ähnlich wird sich das bei anderen Berufen auch ausmachen. Die Berufsbezeichnungen sind zwar ein wenig differenzierter geworden, beinhalten aber zum größten Teil die Lehrinhalte, die auch zu den "älteren" Berufen gehörten, sozusagen als Basis.
Wollte aber auf etwas anderes hinaus: Dass man bei einer Entscheidung für theoriebelastete Ausbildungs- und Studiengänge Gefahr läuft, am Ende ohne anerkannten Berufsabschluss dazustehen. Mit den sich daraus ergebenden finanziellen und sozialen Problemen. "Lasst die Leute erst alle Abitur machen, lasst sie im Bildungssystem ihre Warteschleifen drehen, damit sie anderen keine Konkurrenz machen können." Gerade zu Zeiten hoher Arbeitslosigkeit bekam man sowas öfter zu hören.
Also, man könnte den Vorschlag in Erwägung ziehen, das Bildungs- und Ausbildungssystem so zu reformieren, dass es modular aufgebaut ist. Jede Stufe beinhaltet bereits anerkannte Abschlüsse. Und jemand, der es bis da geschafft hat, bekommt gleich eine Anstellung und verdient sein Geld. Will jemand mehr, kann er den nächsten Kurs absolvieren.
Das stößt aber gerade bei den Akademikereltern, die sich als Repräsentanten der Oberschicht sehen, auf massiven Widerstand. Sie wollen ihren Sprösslingen einen möglichst direkten, klassengerechten Sprung in die besseren Kreise ermöglichen.
Wie nun ein sozial gerechtes und den Fähigkeiten und Neigungen der jüngeren Leute nahe kommendes System aussehen könnte, wäre eine echte Reform wert.
Das deutsche Ausbildungssystem ist doch bereits modular aufgebaut. Es gibt genügend ein- und zweijährige Berufsausbildungen, mit denen du beginnen kannst. Möchtest du mehr, machst du die Dreijährige, dabei wird die bisherige Zeit angerechnet.
Und soll es danach mehr sein, machst du eine Aufstiegsweiterbildung. Im Handwerk ist das der Meister, im technischen Bereich wird es der Techniker, Kaufleute machen den Fachwirt oder den Betriebswirt und im gestaltenden Bereich wirst du Gestalter. In der Pflege kannst du dich spezialisieren oder für höhere Positionen qualifizieren.
Das sollte doch wohl reichen. Zumal du hier bereits das Problem mit der Finanzierung hast. Viele Menschen können sich den gewünschten Aufstieg nicht leisten. Wenn der Arbeitgeber das nicht unterstützt und man nicht für eine Förderung infrage kommt, ist das nämlich ziemlich schwierig.
@fragdenapotheker: Ja die Ausbildung gibt es, habe sie ja von einer Liste, kannte ich ja auch nicht. Worauf ich da hinaus möchte ist, wenn diese Ausbildung bzw. Beruf niemand kennt, wie kann man sich dann dafür entscheiden? Da sollte man schon viel früher die Jugendlichen aufklären. Man muss ja nicht jeden Beruf einen Tag behandeln aber man sollte zumindest mal von jedem Berufszweig gehört haben. Dasselbe gilt für mich auch für die Studien.
@Gorgen_ : Ja ich bin auch dagegen, dass ich einen Handwerkerabschluss mit einem Uniabschluss gleichsetze. Das sind ganz unterschiedliche Dinge. Das will man ja nur machen, weil einem sonst nichts einfällt wie man einen Lehrberuf aufwerten kann. Das funktioniert aber nicht damit, dass ich sie dann auch zu Akademikern mache sondern ich den Stellenwert in der Gesellschaft herausstreiche. Sollte sich aber weiterhin bessern weil man jetzt sieht was es bedeutet wenn es Fachkräftemangel gibt. Da bin ich dann gespannt ob der studierte Herr Psychologe auch die Photovoltaikanlage installieren kann.
Ob jetzt Professor oder Meister, das zeigt ganz unterschiedliche Dinge an, jedes für seinen Bereich ein Zeichen für eine Ausbildung und einen Wissensvorsprung. Nicht mehr und nicht weniger. Bei Akademikern gibt es Menschen, die sich etwas auf ihren Titel einbilden, dass gibt es aber auch bei Handwerkern oder Fachkräften. Oder hast du noch nie gesehen wie ein Polier herumstolziert auf der Baustelle und glaubt er weiß alles und kann alles?
@Gorgen_, @cooper75: Die Befürchtungen der Akademikereltern überraschen mich nicht sonderlich. Eine breitere Anerkennung würde die Wahrnehmung der anderen Berufe verändern. In Bezug auf die Aufstiegsweiterbildung stimme ich zu. Das funktioniert aber häufig nur, wenn ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Oder wenn Arbeitgeber die Weiterbildungen fördern. Wie steht es um staatliche Förderprogramme? Diese könnten vielen Talenten helfen.
@EmilaByz: Natürlich würde dies eine zusätzliche Herausforderung für die Schulen darstellen. Aber eine intensivierte Berufsorientierung ist essenziell. Jugendliche sollten zumindest einmal einen umfassenden Überblick über die breite Palette an Ausbildungsberufen und Studienmöglichkeiten erhalten.
fragdenapotheker hat geschrieben:@EmilaByz: Natürlich würde dies eine zusätzliche Herausforderung für die Schulen darstellen. Aber eine intensivierte Berufsorientierung ist essenziell. Jugendliche sollten zumindest einmal einen umfassenden Überblick über die breite Palette an Ausbildungsberufen und Studienmöglichkeiten erhalten.
Warum will man das gleich wieder den Schulen umhängen? Wäre auch nicht verkehrt wenn man die Eltern mehr in die Verantwortung nimmt. Soll ja doch erlaubt sein, seinem Kind näher zu bringen welche Bereiche es gibt und einige Jobs näher zu beleuchten. Wenn man mit dem Kind redet und es beobachtet, wird man ja hoffentlich einige Talente erkennen können. Dementsprechend könnte man dann schon die Richtung erkennen können, wo es hingeht. Die eigenen Interessen des Kindes wird man auch besser kennen als eine Lehrerin, die zwei oder drei Std pro Woche mit dem Kind verbringt.
Ja das ist meine Rede. Ich finde man sollte generell die Schule anders aufstellen. Wieso muss ich heute noch Wissen in die Menschen hinein prügeln, was man nicht mehr braucht. Das ist eine Lernmethode die ist veraltet und hat nur dazu gedient das ganze Wissen weiter zu haben wenn mal alle Bücher (0Wissen) in einer Bibliothek verbrennen. Das braucht heutzutage keiner mehr. Vielmehr sollte man hier so viel wie möglich kennenlernen um dann sein Interesse finden zu können. Dann kann man selbstständig in diese Richtung gehen und sich weiterbilden.
EmilaByz hat geschrieben:fragdenapotheker hat geschrieben:seinem Kind
Hmm. Es sind doch in dem Sinne keine Kinder mehr, die daumenlutschend mit verklärtem Blick an Mamas Rockschlappen kleben, sondern Jugendliche, wenn schon, denn schon. Fast Erwachsene, die finanziell nur noch nicht auf eigenen Füßen stehen, um sich vom Elternhaus abzunabeln, um schlussendlich eine Familie gründen zu können. Zumindest ist der klassische Lebensentwurf so gestaltet.
Und die wenigsten werden nach einer Phase, wo irgendetwas "Alternatives" ausprobiert wurde, nicht wieder von sich aus auf mehr oder weniger althergebrachte gesellschaftliche Vorstellungen zurückgreifen wollen. Kenne das von den Alt68-ern. Erst groß einen auf "Kommune I" machen, erste Drogenerfahrungen, und heute sind das Ärzte, Hochschullehrer, jedenfalls die meisten haben den Sprung ins vorher so niedergeknüppelte, verhasste "bürgerliche" Leben geschafft.
Was den Jugendlichen so quer geht, ist diese mehr oder weniger subtile Gängelei. Wenn, dann sollte bei der Auswahl der Berufschancen den Jugendlichen freie Hand gelassen werden. Und schon gar nicht das Übernehmen zum Beispiel des väterlichen Bäckereibetriebes aufgedrückt werden.
Klar sollten die Eltern hier eine wichtige Rolle bei der Berufsorientierung der Jugendlichen spielen. Ich sehe aber auch, dass Eltern nicht alle Angebote auf dem Radar haben. Bei uns war es so, dass sie zwar über eine technische Lehre einig waren / sind, aber die Mechatronik nicht kannten. Und wenn dann hätten sie nicht alles Wichtige darüber gewusst. Die Umsetzung ist schwierig bis unmöglich, aber Workshops für interessierte Eltern wären hilfreich. Vor allem in Kombination mit Berufsorientierungstagen in den Schulen.
Gorgen_ hat geschrieben:Wenn, dann sollte bei der Auswahl der Berufschancen den Jugendlichen freie Hand gelassen werden. Und schon gar nicht das Übernehmen zum Beispiel des väterlichen Bäckereibetriebes aufgedrückt werden.
Ja, da bin ich schon bei dir. Nur wie sollte der Jugendliche auswählen können, wenn er das Angebot gar nicht kennt? Hier finde ich sollte man ansetzen. Man muss den Jugendlichen auch eine Auswahl bieten und das beinhaltet für mich, man sollte viele verschiedene Bereiche und Berufe vorstellen. Es hat schon einen Grund, wieso sich die Mehrzahl der Jugendlichen für immer dieselben Ausbildungen "interessiert" oder zumindest meldet.
Sie kennen diese Berufe eben, kennen Menschen, die dort arbeiten und haben schon selbst mit diesen Menschen zu tun gehabt. Aber die restlichen Bereiche bleiben da vollkommen im dunkeln - dann wählt man so einen Job oder Bereich ja auch gar nicht. Ist ja auch klar, wie denn wenn man den Job gar nicht kennt und nicht weiß um was es bei dieser Arbeit eigentlich geht.
Hier müsste man meiner Meinung nach ansetzen, man muss den Jugendlichen mehr Bereiche zeigen - und zwar nicht nur in einer Berufsorientierungswoche kurz vor dem Abschluss. Die Jugendlichen müssen wissen was man in den Berufen zu tun hat, welche Voraussetzungen es braucht, wie das Arbeitsumfeld aussieht,... Dann kann man mal von einer echten Wahl sprechen.
Das würde ich auch gar nicht nur den Schulen umhängen, da müssen schon auch die Eltern einen großen Teil beitragen. Wenn ich bemerke, mein Kind hat eine soziale Ader, dann werde ich auch diesen Bereich abdecken. Sehe ich, mein Kind ist technisch interessiert und begabt, na dann stelle ich eben mal berufe wie Mechatroniker, Informatiker, usw. vor oder suche mir jemanden, der es besser kann al sich. Für mich kommt das etwas zu kurz.
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