Welche Tabus sollte es in Büchern für junge Leser geben?

vom 02.06.2019, 23:33 Uhr

Natürlich entscheiden immer die Eltern, welche Literatur sie ihrem Nachwuchs zugänglich machen. Aber wenn Bücher konkret für Kinder und Jugendliche veröffentlicht und geschrieben werden, gibt es ja einige Übereinkünfte, was in einem Kinderbuch oder Jugendbuch vorkommen sollte oder auch nicht. Allerdings sind viele dieser Übereinkünfte schon etwas älter.

Wenn ihr an eure eigenen Kinder oder Schüler und so weiter denkt, was würdet ihr in einem Buch für junge Leser nicht haben wollen? Was haltet ihr als Themen für ungeeignet und wo würdet ihr die Grenze ziehen und warum? Was finde ihr, hat sich in den letzten Jahren verändert? Was findet ihr, sollte verändert werden, wenn es um die Inhalte von Kinder- und Jugendliteratur geht? Und ab welchem Alter der jungen Leser würdet ihr die Grenzen fest machen?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich denke, dass es klar auf die Altersklasse ankommt. Für kleine Kinder kann so etwas wie Harry Potter schon sehr gruselig sein. Ich würde danach gehen, wie alt das Kind ist und wie ich es eben einschätze. Wenn es sich schnell gruselt würde sich solche Bücher generell eher für Untauglich empfinden. Ich wüsste auf Anhieb keine Tabus und denke, dass es eben einfach kindgerecht und dem Alter entsprechend angepasst sein sollte.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Es muss altersgerecht geschrieben sein. Zum Beispiel würde ich es nicht gut finden, wenn in einem Kinderbuch detailliert Sexszenen beschrieben werden oder übermäßige Gewalt eine Rolle im Buch spielen. Es muss einfach so sein, dass das Kind beim Lesen seinen Spaß hat und nicht verstört wird vom Gelesenen. Außerdem kennt man ja auch sein Kind und sollte einschätzen können, was gut für das Kind ist und was eher schlecht ist. Mit welchen Themen es schon gut umgehen kann und mit was nicht weiß man auch schon.

So habe ich beispielsweise einen Neffen, der sich sehr gut mit wissenschaftlichen Dingen auskennt und da wirklich seinem Alter einiges voraus ist, er kommt eben sehr nach dem Papa und da kann man ihm auch schon Bücher in die Hand drücken, die für ältere Kinder gedacht sind. Kommt man ihm allerdings mit irgendwelchen Freundschaftsgeschichten und so weiter, dann findet er das eher unschön und so etwas liest er auch nicht gerne, weil es für ihn einfach langweilig ist. Eine Altersangabe ist also auch nicht alles.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich weiß es nicht, wie es anderen geht, wenn sie die Antworten lesen. Aber so richtig konkret kann ich da nichts raus lesen. Es soll alles kindgerecht sein und nicht verstören. Ja, gut, aber was genau meint ihr damit? Klar ist das bei jedem Kind anders. Manche sehen von Klein auf fern uns es verstört sie fast nichts und andere sind viel sensibler und reagieren schon auf den kleinsten Vorfall gestresst. Aber wie würdet ihr denn entscheiden, wenn es um eure Kinder ginge? Was würdet ihr euren Kindern verbieten oder würdet ihr keine Bücher verbieten?

» Neandertaler » Beiträge: 103 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich bin nicht der Meinung, dass es in Kinder- und Jugendbüchern automatisch Tabuthemen geben sollte. Es kommt auf die Aufbereitung an. Aber bevor jetzt jemand aufschreit - ich bin auch nicht der Meinung, dass alle Genres und Themenbereiche für Kinder und Jugendliche automatisch geeignet sind. Die gute, alte Pornographie, aber auch plumpe Horror- und Gewaltschinken, wo es nur um den Schock- und Gruselfaktor geht, haben natürlich in Kinderhänden nichts verloren!

Andererseits bin ich aber durchaus der Meinung, dass Kinder oft schon in jungen Jahren alle möglichen Erlebnisse ab- und mitbekommen, die nicht immer mit Ferien auf dem Ponyhof zu vergleichen sind. Bücher können allen Altersstufen dabei helfen, auch schlimme Erlebnisse zu verarbeiten. Nicht umsonst gibt es sogar schon Bilderbücher über an sich sehr "erwachsene" Themen wie Ausgrenzung, Scheidung, Krankheiten, Behinderungen, sogar den Tod.

Ich würde mein hypothetisches Kind also nicht zwangsläufig nur mit schwer verdaulichen literarischen Themen zuschütten, aber auch nicht nur die locker-fluffigen Prinzessinnen-Geschichten dulden, in denen es nur um Schwachsinn geht. Und wie gesagt, die Aufmachung und Qualität muss auch stimmen. Nicht jeder stümperhaft in die Feder diktierte Erfahrungsbericht eines minderjährigen Junkies stellt gleich lesenswerte Literatur dar.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Abgesehen von grafischen Gewalt- und Sexszenen - also eigentlich genau das, was auch dazu führt, dass ein Film nicht für Kinder und Jugendliche freigegeben wird - fällt mir nichts ein. Es kommt ja vor allem darauf an, wie etwas geschrieben wird und es gibt genug Jungendbücher, die sich mit eher erwachsenen Themen beschäftigen. Aber eben aus Sicht der jugendlichen Protagonisten.

Kinder bekommen im Alltag doch so viele Dinge mit, die "nicht kindgerecht" sind. Sei es, weil die Oma gestorben ist oder weil die Eltern einfach Nachrichten geschaut haben als das Kind im Raum war und mal wieder über Krieg und Gewalt die Rede war. Ich denke es ist vor allem wichtig, dass die Kinder mit den Eltern reden können, denn vor der Realität kann man sie nicht beschützen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Das finde ich spannend, dass ihr da so offen seid. Ich habe als Teenager auch lieber alles mögliche aus dem Regal für Erwachsene gelesen, weil mir das moralinsaure Geschreibsel vieler Autoren aus der Zeit auf den Nerv ging. Da sind heutige Jugendbücher viel angenehmer.

Ich hatte ursprünglich deshalb gefragt, weil eine der Kinder und Jugendbuchautoren die derzeit gut verkaufen böse Mails von Eltern bekommen hat, dass sie angeblich Tabus überschreiten würde. So kommen in ihrem Werk für Jugendliche auch mal Charaktere vor, die sich ins gleiche Geschlecht verlieben. Es geht da zwar nie zur Sache, aber die Charaktere sind halt selbstverständlich dabei.

Dann tauchen in einem ihrer Kinderbücher zwei homosexuelle Pinguine auf, die erfolglos versuchen ein Ei zu brüten um ein Kind zu bekommen. Also auch da keine Details, die Kinder verstören könnten. Trotzdem geht das wohl manchen Eltern zu weit, dass überhaupt Homosexualität in einem Kinderbuch erwähnt wird. Klar, wenn man bisher dem Kind das verheimlicht hat, dass es das gibt, wirft das Fragen auf.

Ich war da etwas verstört, dass es so viel Engstirnigkeit tatsächlich hier in der Gegend gibt. Also dass man sich auch noch wutschnaubend die Mühe macht eine Autoren damit zu behelligen. In einem Staat mit Meinungsfreiheit, wo Homosexualität völlig legal ist. Wie seht ihr das? Würdet ihr euch da auch aufregen, wenn eure Kinder solche Texte lesen, oder wäre euch das egal und ihr versteht auch nicht, warum man deshalb Autoren belästigt?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich finde es ja fast drollig, dass Eltern tatsächlich glauben, sie könnten ihre Kinder in einer Blase aufwachsen lassen, in der Sexualität nicht existiert. Das hat doch schon früher nicht funktioniert. Als es noch kein Internet gab haben sich Kinder heimlich die Bravos der älteren Geschwister angeschaut oder die Playboy Sammlung des Vaters und heute ist man eh mit zwei Klicks auf einer Pornoseite.

Man sollte meinen, dass es da eigentlich sehr sinnvoll ist wenn Kinder durch ein schwules Pinguinpärchen zumindest in Ansätzen auf das vorbereitet werden, was sie vielleicht nach zwei falschen Klicks in einem Video zu sehen bekommen. Aber Homophobie war bekanntlich noch nie rational.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich würde hier schon zwischen Pornoseiten im Internet und einem Bilderbuch über ein Pinguinpärchen, sprich zwischen detailliert gefilmten Geschlechtsakten und der fiktionalen Darstellung unterschiedlicher Familienmodelle unterscheiden, was den Grad der Jugendgefährdung angeht. :wink:

Aber stimmt schon, wir hatten damals schon in der Grundschule die "Bravo" und wer Details wissen wollte, hatte auch seine Möglichkeiten. Es ist Schwachsinn, mit Gewalt sein Bild von Kindern als Unschuldsengeln hochzuhalten, gerade heutzutage, wo einem der Sex von jeder Plakatwand entgegentropft und die lieben Kleinen früher denn je in die Pubertät kommen.

Davon abgesehen bleibe ich bei meiner Ansicht, dass alle Themen, die Kinder im wirklichen Leben begegnen können, ihren Platz, entsprechend aufbereitet, in Kinder- und Jugendliteratur haben und haben müssen. Das geht für mich ganz selbstverständlich von "Oma hat Demenz" über "Mein Nachbar ist geflüchtet" bis hin zu "Mein Klassenkamerad hat zwei Papas/Mamas" oder "Meine Lehrerin kommt mit ihrer Ehefrau zum Schulfest". Wobei ich letzteres noch als mit das Harmloseste ansehe, was man in Kinderbüchern thematisieren kann verglichen mit den ganzen Schattenseiten des Lebens, die auch vor Kindern nicht Halt machen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Das Problem beginnt für mich dann, wenn die Blase platzt. Wenn Kinder schon vorher einfühlsam aufbereitet mit einem Thema konfrontiert wurden und es sie noch nicht persönlich betraf, dann können sie doch in der Regel besser damit umgehen, wenn es in ihrem tatsächlichen Lebensumfeld in der Realität auftaucht.

Drollig finde ich das nicht mehr, wenn Eltern ihren Kindern so derart die Realität verleugnen wollen. Ich werden den Eindruck nicht los, dass da ganz oft auch solche Eltern drunter sind, die alles daran setzen, nicht nur die Kinder zu verblenden, sondern gleich die Gesellschaft wieder ins Kaiserreich zurück zu katapultieren.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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