Welche Rolle spielt das eigene Alter bei Tod von Eltern?

Ich treffe mich regelmäßig mit einer Freundin, die in jungen Jahren auch schon Halbwaise ist. Uns hilft der Austausch sehr, da sie ihre Mutter mit neunzehn Jahren verloren hat. Ich habe meinen Vater leider mit einundzwanzig Jahren verloren. Das ist noch viel zu früh, denn wir haben irgendwie bemerkt, dass wir unsere Eltern noch brauchen.

Natürlich haben wir einen Abschluss und eine Ausbildung, wir können auch für uns selbst sorgen und wissen grob, wie das Leben so funktioniert. Aber irgendwie fehlt einfach was, wenn man so jung ist. Meine ältere Schwester komm mit dreißig Jahren wohl viel besser über den Tod hinweg, glaube ich. Wenn ich ein paar Jahre älter wäre, dann könnte ich dieses Ereignis vielleicht auch besser verarbeiten.

Oder bilde ich mir das nur ein? Spielt das eigene Alter bei dem Tod der Eltern wirklich eine Rolle? Wenn man seine Eltern mit sechzig Jahren verliert und mit beiden Beinen voll im Leben steht, dann kommt man über so etwas doch bestimmt viel schneller hinweg, oder liege ich damit komplett falsch?

Ich glaube, dass das immer sehr belastend ist und natürlich ist es gut, wenn man schon eine gewisse Zeit zusammen hatte, aber das macht es emotional ja auch nicht leichter. Ich denke, dass man in jedem Alter nach dem Tod der eigenen Eltern Probleme haben wird. Immerhin erledigen Eltern ja nicht nur die Aufgabe einen bestimmte Dinge zu lernen, sondern stehen einem auch bei und geben einem Liebe, deswegen belastet es einen immer und reißt einen auch immer die Beine weg.

Wenn man selber 60 Jahre alt ist, bedeutet das, dass die Eltern mindestens um die 80 rum sind. Man kann also nicht mehr behaupten, dass sie früh sterben. Es war abzusehen und man konnte sich schon länger mit dem Gedanken auseinandersetzen.

Mit Anfang 20, wenn die Eltern 40, 50 Jahre alt sind, macht man sich diese Gedanken nicht, wenn sie gesund sind. Man ist mit sich selbst beschäftigt, mit dem Erwachsenwerden. Natürlich trifft es einen dann härter.

Eine Freundin von mit hat ihre Mutter verloren, als sie 13 war und ihren Vater als sie 19 Jahre alt war. Sie hat ihr Studium komplett ohne diesen Rückhalt gemeistert. Im Gegenteil, sie musste ihrem älteren Bruder immer wieder Geld leihen. Das fand ich total krass. Ich habe so oft auf meine Mutter zurückgegriffen und auch wenn nicht, hatte ich dennoch die Gewissheit, dass ich es könnte.

Allerdings kenne ich auch zwei Mädchen, die ihre Mutter im Alter von 8 und 11 Jahren verloren haben. Die Ältere kam da gerade in die Pubertät. Ein sehr heikler Zeitpunkt.

Wirklich einfach ist es wohl nie. Wobei man sagen muss, dass wir irgendwie immer darauf vorbereitet sind. Es ist normal, dass die Eltern vor ihren Kindern sterben. Wenn die Kinder zu erst sterben, ist es viel schlimmer, auch weil es sozusagen unnatürlich ist. Aber natürlich setzt man sich mit dieser Möglichkeit erst ab einem gewissen Alter auseinander.

Ich glaube nicht, dass das in erster Linie am Alter liegt, sondern eher daran, welche (enge) Beziehung man zu dem jeweiligen Elternteil hatte. Um es mal überspitzt auszudrücken: mit 30 wird man viel länger einen eigenen selbstständigen Haushalt führen als mit 21 und da ist es doch logisch, dass die Bindung zu den Eltern eine andere ist.

Du schreibst ja auch in einem anderen Thread, dass du mehr im Haushalt machst um deine Mutter zu entlasten, die zu fertig ist, um irgendetwas zu schaffen und zu tun. Mit 30 wohnt man in der Regel nicht mehr im Elternhaus, sodass du ihre Trauer kaum mitbekommen wirst. Deine Schwester versteckt das vielleicht auch nur besser, wenn sie dich sieht.