Wegen Sprachkenntnissen nicht für Job geeignet sein?

vom 13.12.2016, 16:27 Uhr

Ein Bekannter von mir kommt aus Aserbaidschan und ist seit knapp einem Jahr in Deutschland und studiert hier Medizin. Er ist auf eine sehr interessante Stelle als Werkstudent aufmerksam geworden in der örtlichen Uniklinik und meiner Meinung nach wäre er schon für den Job geeignet. Er interessiert sich auch sehr für den Job und würde ihn gerne machen, aber ich habe den Eindruck, dass er sich einfach unter Wert verkauft und sein Licht unter einen Scheffel stellt.

Er argumentiert nämlich damit, dass sein Deutsch einfach viel zu schlecht wäre und er deswegen nicht geeignet wäre für den Job. Es wäre aber ein Job ohne Patientenkontakt und in der medizinischen Forschung und Forscher können ja in der Regel sehr gut Englisch, also das wäre nicht das Problem. Man könnte sich also verständigen selbst ohne perfekte Deutschkenntnisse. Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass er sehr sehr gut Deutsch kann. Schriftlich ist seine Sprache einfach perfekt.

Sehr selten entdecke ich mal einen grammatischen Fehler. Verbal braucht er manchmal etwas um zu überlegen, aber schlimm finde ich das nicht. Schriftlich hat man ja auch meist mehr Zeit zum überlegen. Daher denke ich, dass er den Job trotzdem gut machen würde und selbst wenn sein Deutsch nicht so gut wäre: Übung macht den Meister. Die Sprache ist für mich kein Hindernis für einen Job, jedenfalls hier nicht. Was meint ihr? Ist die Sprache für Ausländer wirklich ein Grund, sich für Jobs ungeeignet zu fühlen?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich habe schon in mehreren Krankenhäusern gearbeitet und in der Regel gibt es mittlerweile fast überall ausländische Ärzte, oft ist es sogar der Großteil. Einige davon sprechen wirklich sehr schlecht deutsch, so dass man mehrmals nachfragen muss, also absolut nicht so gut wie du es über deinen Bekannten schilderst. Selbst das ist aber nicht unbedingt ein Nachteil für die Patienten, natürlich kann es hinderlich sein, wenn es um das Patientengespräch geht aber da können auch mal andere Ärzte aushelfen. Die fachliche Behandlung, zum Beispiel wenn es ums Operieren geht, behindert das allerdings selten.

Dass dein Bekannter sich so schlecht einschätzt und keinen Patientenkontakt möchte, zeugt eigentlich schon davon, dass er sehr kritisch mit sich selbst ist, denn ich glaube nicht, dass er Probleme hätte einen solchen Job zu finden, da in Deutschland ja überall Ärzte gesucht werden. Zudem verbessert sich die Sprache ja dann erst richtig im privaten und beruflichen Alltag, deshalb muss man den ersten Schritt in meinen Augen einfach wagen.

Natürlich gibt es bestimmte Berufe in denen man perfekte deutsche Sprachkenntnisse haben sollte, das sind beispielsweise sehr hohe behördliche Berufe oder selbstverständlich auch Deutschlehrer an öffentlichen Schulen. Doch auch dann ist es in meinen Augen kein unerreichbares Berufsziel wenn man sich über kleine Umwege konsequent steigert dann beherrscht man die jeweilige Sprache auch irgendwann perfekt.

» bambi7 » Beiträge: 1248 » Talkpoints: 16,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Vor meiner Seite aus muss ich leider sagen, dass es schon so ist, dass es nicht so gut ist, wenn Jemand die Deutsche Sprache nicht ausreichend beherrscht. Ich arbeite auch ohne Kundenkontakt, und wir führen eher wissenschaftliche Aufgaben aus. Wir hatten einmal einen wirklich sehr guten Ingenieur aus Sri Lanka.

Der war auch Doktor in seinem Fach, aber so freundlich und bemüht er auch war, die Arbeit mit ihm war unheimlich schwer, weil er zwar ein wenig Englisch konnte, aber das reichte einfach nicht. Man muss sich schon perfekt miteinander unterhalten können, um ein gutes Arbeitsteam zu bilden. Sicherlich hängt es vom Beruf und der Tätigkeit ab, aber generell bin ich der Meinung, dass gute Deutschkenntnisse unerlässlich sind, um in unserem Berufsleben sich bereichernd einbringend zu können.

Sicherlich gibt es auch Bereiche, in denen die Sprachkenntnisse nicht eminent wichtig sind. Aber generell zu sagen, dass jemand eine Koryphäe ist, und die Sprachkenntnisse weniger wichtig sind, halte ich für schlichtweg falsch. Dein Bekannter scheint es ja auch selbst eingesehen zu haben, und vielleicht arbeitet er ja an seinen Deutschkenntnissen und wird bald seinen Traumjob finden.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Also ich tue mich da immer etwas schwer. Natürlich ist Englisch die "Weltsprache", obwohl Mandarin durch die Überbevölkerung in Asien am meisten gesprochen wird. Das heißt aber doch nicht, dass man sich hier als Ausländer, Asylbewerber, Zuwanderer, Student & Co ständig auf Englisch verlassen kann und sollte. Ob nun Kontakt zu Patienten oder nicht.

Ich bin auch viel mit Ärzten in Kontakt gekommen, weil ich ja regelmäßige Arzttermine hatte. Auch gehe ich regelmäßiger als früher meine Gesundheit abchecken, um Krebsdiagnosen rechtzeitig erhalten zu können. Regelmäßig spüle ich mittlerweile meine Ohren beim Ohrenarzt aus usw.

Da sind mir immer mehr ausländische Ärzte aufgefallen und mein Ohrenarzt ist ein Beispiel, wo mir eigentlich die Kotze hoch kommt. Den versteht man überhaupt nicht, weil der so schlechtes Deutsch spricht. Ob er mich versteht? Ja, keine Ahnung. Hab ihn auch deswegen gewechselt und die Ärztekammer kontaktiert. Seit geraumer Zeit ist die Praxis auch weg und ein anderer Ohrenarzt ist da. Lag es an meiner Beschwerde? Ich weiß es nicht.

Letztens waren wir im Klinikum, weil meine Nichte einen Blinddarmdurchbruch hatte. Der Arzt, der sie operiert, war auch eher im mäßigen Deutsch unterwegs. Das war so schlecht, dass der Papa, der US-Soldat des Mädchen ist, meinte " wie wäre es Mal mit Deutschkursen, wenn sie als Arzt arbeiten?". Der ist so ausgeflippt der Papa, weil er sagt, wer hier arbeitet, soll gutes und verständliches Deutsch können. Es muss nicht akzentfrei sein, aber verständlich und gut.

Ich sehe das leider sehr ähnlich. Medizinische Begriffe mögen oftmals auch Englisch und Latein beinhalten, aber es gibt vielleicht Arbeitskollegen, die sich mit einem Unterhalten. Das Ärzte im Übrigen gut Englisch können, halte ich für faktisch "nicht richtig". Man sollte davon ausgehen, das stimmt. Doch die Realität sieht längst anders aus.

ich finde, dass Deutsch ein muss ist, einfach um hier arbeiten zu können. Akzentfrei, davon spricht niemand. Doch es muss zu verstehen sein und bei besonderen Berufen eben auch gut sein. Ob man nun mit Patienten zu tun hat oder im Lage arbeitet - spielt ja keine Rolle. Können doch Fragen aufkommen, Kollegen usw. Da muss man sich ja verstehen können.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich sehe es ebenfalls so, dass es durchaus Job gibt die die Sprachkenntnisse einfach erfordern und es grauenhaft ist wenn diese dann nicht oder nur schlecht beherrscht wird. Gerade im Krankenhaus kommen einem immer mehr ausländische Ärzte entgegen die man kaum bis gar nicht versteht und wir sind hier in Deutschland, sprich Deutsch ist die Amtssprache und nicht Englisch. Darauf verlassen und immer zu sagen, dass man mit Englisch weiter kommt und sich unterhalten kann ist halt nicht der Fall. Erkläre das mal einer Omi die Patientin im Krankenhaus ist, denn diese wird kein Englisch verstehen wenn ihr der Arzt versucht zu sagen was sie hat.

Ich stand auch schon häufiger da und musste mit dem Kopf schütteln als ich Übergaben an Ärzte gemacht habe. Manches war einfach nur traurig und peinlich und ich frage mich ernsthaft, wer diese eingestellt hat und auf die Patienten los lässt. Diese haben nicht einmal verstanden was man ihnen gesagt hat, hatte der Patient Bauchschmerzen fragte der Arzt "Kopf weh?" und zeigte mit dem Finger auf den Kopf. Peinlich wenn man dann eine medizinische Übergabe mit Händen und Füßen machen muss anstatt sich auf einem Niveau zu unterhalten und nicht nur einmal war mir das zu blöd und ich habe einen Arzt ausrufen lassen der der deutschen Sprache mächtig war.

Selbst wenn es sich nicht um Kunden- bzw. Patientenkontakt handelt ist es albern auf Englisch seine Ausflüchte zu finden. Wir sind hier in Deutschland und Deutsch ist die Amtssprache. Wer hier arbeiten möchte, der hat sich anzupassen und auch die Sprache zu erlernen. Es geht nicht darum wenn ein Artikel mal falsch verwendet wird oder ein Komma an der falschen Stelle sitzt, aber die Artikulation sollte verständlich sein für beide Seiten in der hiesigen Landessprache und nicht in einer Sprache aus einem anderen Land, auch wenn sie als Weltsprache abgetan wird. Wenn man das schon selbst einsieht und erst das verbessern möchte, Hut ab, darüber machen sich die wenigsten Gedanken.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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