Wegen ehrenamtlichen Engagements Aufmerksamkeit erwarten?

vom 12.12.2015, 02:28 Uhr

Eine Cousine meines Freundes engagiert sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich für Flüchtlinge. Dafür hat sie auch mehr als ausreichend Zeit, denn sie arbeitet nur sehr wenig und wartet derzeit auf einen Master-Studienplatz. Dennoch erwartet sie bei Familienfeiern immer, dass man sie darauf anspricht und sie natürlich auch für ihr Engagement lobt.

Das finde ich inzwischen sehr nervig. Ich kenne sehr viele Menschen die sich engagieren und viele machen es auch, obwohl sie deutlich weniger Zeit haben und es sich nicht unbedingt erlauben könnten. Sie sind sehr erschöpft und arbeiten hart. Und die Cousine macht das nur einige Stunden in der Woche und hat dadurch kaum eine Belastung.

Ist es bei euch auch so, dass ihr immer Aufmerksamkeit und Lob für eine ehrenamtliche Arbeit erwartet? Oder macht ihr es einfach und behaltet es auch mal für euch, weil man mit sowas nicht unbedingt prahlen muss und sollte? Findet ihr es peinlich, wenn andere Menschen Lob für sowas erwarten?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich habe länger ehrenamtlich mit Aufwandsentschädigung gearbeitet und habe dafür eigentlich keine Aufmerksamkeit erwartet. Für mich war es wichtig, dass ich helfe. Letztendlich bringt es ja auch nichts, wenn man dann Aufmerksamkeit der Familie dafür einfordert.

Man sollte das aus anderen Gründen machen. Mir war es beispielsweise wichtig auch etwas zurück zu geben. Die Arbeit, in meinem Fall mit alten Leuten, hat mir wirklich etwas gebracht und das war mir wichtig.

Es ist ja auch nichts, mit dem man wirklich angeben kann. Man hilft eben, na und? Sollte das nicht jeder machen? Sicherlich macht das nicht jeder, aber dennoch muss man sich dann ja nicht so hervor tun und es immer wieder erwähnen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Der Herr Serdar Somuncu hat mal vor einiger Zeit gesagt, dass das deutsche Flüchtlingsgetue eher nervig, eigenlöblich und stinkend ist. Also ich habe das jetzt mal aus dem Kontext gerissen. Er nahm andere Wortlaute, aber es ging primär darum, dass die Deutschen sich beklatschen lassen wollen, sich damit brüsten usw. Jetzt auch klatschend an den Bahnhöfen zu stehen, wo Flüchtlinge täglich auch vor der eigentlichen Krise kamen etc.

Ich gebe ihm da auch uneingeschworen Recht und das nicht nur, weil er als Ausländer meiner Meinung nach das Recht hat, das Engagement der Deutschen anzuzweifeln, sondern auch, weil es eben stimmt. Ich beziehe mich jetzt mal eben nur auf die ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Flüchtlingszeit.

Hier sind so viele Menschen, die freiwillig helfen und sich damit alle Nase lang brüsten. So etwas sollte es nicht geben. Wer helfen will, der tut es und macht dies ganz einfach. Man muss sich dafür nicht ständig wortwörtlich auf die Schulter klatschen lassen, weil das zum einen nervig ist und zum anderen schon eher ein dummes Verhalten mit sich bringt.

Abgesehen davon würde ich in dem Fall bei der Cousine deines Freundes schon längst ausgeflippt sein. Beziehungsweise ich glaube, dass meine gesamte Familie längst zu ihr gesagt hätte, dass sie mal nen Gang zurückschalten soll und ihr jetzt niemand am besten den goldenen Teppich ausrollen müsste.

Sie ist, um es sehr salopp zu sagen, eine von vielen. Das wäre schon einmal mein erster Kritikpunkt. Sie macht das, was viele tausende Helfer/-innen in Deutschland auch tun. Abseits von Flüchtlingen in Suppenküchen etc. Man muss sie nicht ständig darauf ansprechen oder gar huldigen. Zumal eben auch vielleicht nicht jeder ihr Engagement nachvollziehen kann, was sie ebenso zu respektieren hat.

Es ist zu viel Mauschelei im Gange. Alle wollen bekräftigt werden nach dem Motto "Ey Person A, das machst Du richtig gut". Muss das sein? Wer hilfreich den Flüchtlingen, Arbeitslosen, Obdachlosen, Kindern & Co helfen möchte, der soll das tun. Natürlich darf das Umfeld es wissen, aber es muss nicht ständig ein Gespräch darüber geführt werden, sondern reicht es, wenn man es weiß. Wer Fragen hat, der wird sich melden.

Das Verhalten von der Cousine Deines Freundes finde ich eher armselig. Wenn Du wirklich jetzt nur meine Meinung wissen magst. Ich finde es arm, wenn man den Leuten etwas aufdrückt, was für sie, wie in Deinem Fall, schon nervig erscheint. Sich mit etwas brüsten zu wollen, die Gespräche darauf hinzulenken und mehr. Auch sich belobigen lassen dafür?

Sie bekommt dankende Gesichter von Flüchtlingskindern, deren Eltern und den anderen ehrenamtlichen Helfern. Das sollte doch reichen, oder? Wieso noch ständig im Verwandten- und Bekanntenkreis danach lüstern? Das verstehe ich nicht.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich finde es allgemein eher nervig, wenn man ständig für etwas, das man macht, ein Lob von anderen einfordert. Das gilt natürlich auch für ehrenamtliche Arbeit. Ich finde es toll, was da manche Menschen noch neben einem Vollzeitjob leisten, aber bei den Menschen, die ich kenne, ist es nicht so, dass ich das ständig zu hören bekomme. Das fände ich auch ziemlich nervig und ich würde dann ganz sicher nicht ständig ein Lob verteilen, wenn dies gewünscht ist, da ich das nicht mag.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



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