Wegen Demonstrationen versetzungsgefährdet sein?

vom 30.05.2019, 07:53 Uhr

Laut Medienberichten sind einige Schüler aus Berlin, die regelmäßig an "Fridays for Future" teilgenommen haben, versetzungsgefährdet, weil sie zu oft im Unterricht gefehlt haben. Das wird natürlich stark diskutiert. Manche Menschen sind der Ansicht, dass man die Schüler dennoch versetzen müsse, da sie ja was sinnvolles getan und eben nicht einfach so geschwänzt hätten.

Andere sind der Ansicht, dass der Grund für die Abwesenheit keine Rolle spielt und es nur auf die schulischen Leistungen ankommt, die durch das Fehlen nicht unbedingt erbracht werden konnten. Wie seht ihr das? Findet ihr, dass man alle streikenden Schüler versetzen sollte? Oder seid ihr anderer Ansicht? Findet ihr es nachvollziehbar, dass man wegen Demonstrationen versetzungsgefährdet ist? Oder sollte die Schulleitung hier ein Auge zudrücken?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Die Frage ist, ob man eine Schulleistung durch Sitzen im Klassenraum erbringen kann. Wenn ansonsten die Leistungen in den schriftlichen und mündlichen Prüfungen ausgereicht haben, fände ich es fragwürdig, die Schüler sitzen bleiben zu lassen. Immerhin geht für die jungen Leute ja ein ganzes Lebensjahr verloren.

Wenn man wirklich den Schülern zeigen will, dass sie mehr für die Schule tun müssten, könnte man ja eine schriftliche Hausarbeit, die sich mit den angeblich verpassten Themen auseinander setzt als Ausgleich verlangen. Das fände ich beispielsweise angemessen. So macht es für mich eher den Eindruck, dass hier ein Exempel statuiert werden soll für das nächste Schuljahr um Schüler mundtot zu machen. Das halte ich für das absolut falsche Signal, dass man Schülern zu verstehen gibt, dass demokratisch politisches Engagement mit Gewalt unterdrückt wird.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Für Fehlzeitenbeurteilung gibt es für Lehrer und Schulleiter:Empfehlungen. Zumindest müssen Erziehungsberechtigte über das Fernbleiben vom Unterricht in Kenntnis gesetzt werden, sollten sich irgendwelche Zweifel an der Begründung des Fehlens ergeben.

Auch sollte eine korrekte Gewichtung der Auswirkung von Fehlzeiten in der Schule in den Klassenkonferenzen, insbesondere, was nun genau Einfluss auf die Benotung hat, auf faire Weise diskutiert werden. Das Fernbleiben als solches kann aber auch auf dem Zeugnis mit entsprechendem Vermerk dokumentiert werden, auch dann, wenn dadurch die Notengebung selbst nicht beeinflusst worden ist.

Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass ein paar wenige Stunden oder Tage Fernbleiben vom Unterricht gleich zum Sitzenbleiben führen müssen. Wenn das so im Einzelfall so sein sollte, dann liegen unter Umständen ganz andere Dinge dafür zugrunde, die Fehlzeit wird dann wahrscheinlich nur als weiteres Disziplinierungsmittel instrumentalisiert.

» Gorgen_ » Beiträge: 1159 » Talkpoints: 414,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



@Gorgen, Berlin hat keine Empfehlungen, Berlin hat klare Regelungen im Schulgesetz. Das steht eindeutig, dass ein Schüler entweder acht Wochen insgesamt oder mindestens sechs Wochen am Stück am Unterricht des zweiten Halbjahres teilgenommen haben muss, um versetzt zu werden.

Da werden dann natürlich schnell die Nebenfächer zur Falle, die nur einmal wöchentlich unterrichtet werden. Und die Verordnung sieht da automatisch ein ungenügend vor. Wer das nicht ausgleichen kann, der hat halt Pech. Ich gehöre ja zu denen, die die Demos der Schüler nicht falsch finden und ich bin der Meinung, dass Demos außerhalb der Schulzeit viel weniger Wirkung haben.

Aber ich erwarte von Schülern in dem Alter auch, dass sie die Regeln kennen. Denn das lässt sich ja organisieren. Ich spreche da aus Erfahrung. Ab der Mittelstufe hatte ich pro Halbjahr immer zwischen 220 und 240 Fehlstunden, weil ich mich einfach nur gelangweilt habe. Allerdings habe ich tunlichst darauf geachtet, dass die Verteilung der Abwesenheit so liegt, dass ich sicher versetzt werde und alle schriftlichen und genug mündliche Leistungen in allen Fächern erbraucht habe. Das ist schließlich keine Kunst und die Freitagsdemonstrationen sind gegen meine Fehlzeiten ein Witz.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Diejenigen, die bei uns in der Oberstufe nicht mehr immer am Unterricht teil nehmen wollten und schon älter als achtzehn Jahre waren haben sich einfach selbst eine Entschuldigung ausgestellt und dann halt so etwas diffuses wie "Bauchweh" aufgeschrieben. Das war allen beteiligten Mitschülern und Lehrern klar, dass kaum jemand so oft solche Gesundheitsprobleme haben wird. Trotzdem wurde es toleriert obwohl wir nicht mal demonstrieren gegangen sind.

Im Endeffekt, wenn die Schüler nicht gesagt hätten, sie gingen demonstrieren sondern eine Migräne vorgeschoben hätten um demonstrieren gehen zu können, würden sie jetzt nicht vor solchen Konsequenzen stehen. Da frage ich mich schon, ob das sinnvoll ist, den Schülern zu vermitteln, dass Betrügen da besser gewesen wäre.

Wenn ich Elternteil von einem Schüler wäre, dem jetzt solche Konsequenzen drohen, dann würde ich allen ernstes mein Kind zu einem Anwalt für Schulrecht mitnehmen und prüfen lassen, ob das alles angemessen und rechtens ist, was da gemacht wird.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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