Was war bisher euer größtes Trauma?

vom 15.02.2015, 20:54 Uhr

Jeder hat sich schon einmal erschrocken, weil etwas passiert ist. Also ich spreche nicht über harmlose Dinge, wie wenn man erschrickt, weil man eine Spinne sieht - sondern wirklich, wenn man Todesangst hat, also beispielsweise vor einem gewalttätigen Mensch davon rennt oder etwas Schlimmes vor euren Augen passiert, gegen das ihr nichts machen könnt?

Hat sich euer Trauma dann schlussendlich zum Positiven oder zum Negativen entwickelt? Wie denkt ihr heute über die Situation? Denkt ihr, dass ihr überreagiert habt oder dass die Situation möglicherweise verhindert hätte werden können? Lernt man aus Traumata? Oder wären sie eigentlich überflüssig?

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich finde, wenn man aus jedem Trauma ein lebenslanges Schicksal macht, dann gewinnt niemand dabei. Deshalb habe ich für mich sehr früh beschlossen, dass ich aus solchen Ereignissen lernen will.

Mein Lebenstrauma liegt sehr viele Jahre zurück. Ich konnte an einem Unfallort einem eingeklemmten jungen Mann, etwa dreißig Jahre alt, nicht helfen. Mit anderen Helfern scheiterten wir auf dem Gebiet der ehemaligen DDR kurz nach dem Mauerfall daran, ihn zusammen mit dem verzweifelten Vater mit bloßen Händen und Bordwerkzeug aus dem Wrack zu befreien. Der Osten war seinerzeit in seiner Infrastruktur recht dürftig.

Bis wir von der Polizei weggeschickt wurden, weil es keinen Sinn mehr machte, war der Krankenwagen immer noch nicht vor Ort, aber der Mann lebte und reagierte noch. Der Krankenwagen kam uns erst fast zwanzig Minuten später an der Autobahnabfahrt entgegen. Der junge Mann hat den Unfall nicht überlebt. Er hatte erst am Parkplatz zuvor mit seinem Vater einen Fahrertausch gemacht, weil der Vater vorher schon lange am Steuer gesessen hatte.

Für mich war das ein schreckliches Ereignis. Für mich und mein Leben habe ich das Bewusstsein mitgenommen, wie schnell das Leben im Straßenverkehr zu Ende sein kann. Ich bin sicher keine übervorsichtige Fahrerin geworden. Aber ich sehe viele Verkehrssituationen ganz anders, als manche Mitmenschen. Und über einen Unfall, bei dem außer viel Blech nichts zu Schaden kam, habe ich tatsächlich schon gelacht.

Hätte ich diese Erfahrung damals nicht gemacht, hätte ich vielleicht vor zwei Jahren bei einem Unfall ebenfalls unter Schock gestanden und hätte deshalb nicht helfen können. So hatte ich die Nerven, zu klären, wer verletzt war, und sofort vor allem den ersten, gefährlichen Schocksymptomen der Unfallfahrerin entgegenzuwirken. Sie, Mutter dreier Kinder, hat alles gut überstanden.

Es gibt Ereignisse, die kann man eben nicht ändern. Aber man kann seine Erkenntnisse daraus ziehen und gewinnt manchmal für seine eigene Lebenshaltung dazu. Und manches Mal kann man in ähnlicher Situation dadurch passend reagieren.

» tok_tumi » Beiträge: 837 » Talkpoints: 1,20 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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