Was tun, um Anflüge von Selbstmitleid zu überwinden?
Es kommt schon einmal vor, dass ich aus irgendwelchen Gründen Selbstmitleid bekomme, wenn ich mich etwa ungerecht behandelt fühle, oder auch einfach nur, weil ich eine bestimmte Musik höre, die mich an etwas erinnert.
Ich mag das gar nicht und habe bestimmte Strategien, um diese Gefühle möglichst schnell zu überwinden. Ich werde dann zum Beispiel körperlich aktiv oder mache Autogenes Training mit bestimmten auf mich zugeschnittenen Suggestionen.
Manche Leute baden sich ja gerne in Selbstmitleid und genießen das Gefühl, von jemandem oder der ganzen Welt ungerecht behandelt zu werden. Was tut ihr gegen Selbstmitleid, wenn ihr aus diesen Emotionen wieder herauskommen wollt? Habt ihr bestimmte Tätigkeiten, die euch ablenken? Redet ihr mit jemandem darüber? Kämpft ihr rein gedanklich dagegen an?
Wenn sich das bei dir sehr auf Musik bezieht, dann würde ich versuchen gezielt dieses Lied zu hören bei Dingen, die dir Spaß machen, dich abzulenken und das Ganze neu zu beschreiben. Ansonsten hilft es mir oft einfach mal ruhig durchzuatmen und darüber nachzudenken, wie unfair das nun tatsächlich ist und wenn ich dann Unrecht erfahren habe und mir keiner glaubt macht mich das eher wütend und das wandele ich dann in Energie für Sport um.
Mein Problem mit Selbstmitleid ist in den letzten Jahren echt besser geworden. Irgendwie habe ich mit zunehmendem Alter nicht mehr so den Drang, mich mit anderen zu vergleichen und nur darauf zu schauen, was bei mir alles nicht so toll läuft. Anscheinend ist die Lektion doch allmählich eingesickert, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat, und dass es die Welt nicht auf mich speziell abgesehen hat.
Zudem hilft mir auch noch, so abgedroschen es klingt, mich darauf zu konzentrieren, was alles gut läuft. Auch unter dem Thema "Dankbarkeit" bekannt ist es schon seit Jahren auch ein Dauerbrenner in der Selbsthilfeliteratur. Aber allem Anschein nach ist wohl tatsächlich was dran. Wenn man darauf schaut, was man alles hat und kann und worum dich andere beneiden würden, bleibt zumindest schon mal weniger Energie dafür übrig, das zu bejammern, was dir verwehrt bleibt.
In der Psychotherapie wird als Strategie für den Umgang mit negativen Gefühlen generell oftmals das Prinzip des „entgegengesetzten Handelns“ vermittelt. Das lässt sich auch prima auf Selbstmitleid anwenden. Wer sich selbst bemitleidet, der hat nicht nur die entsprechenden selbstabwertenden und hoffnungslosen Gedanken im Kopf, sondern neigt auch dazu, eine passende Körperhaltung, Mimik und Stimmlage anzunehmen. Man macht sich also tendenziell eher klein, kauert sich zusammen, senkt den Kopf, spricht leise und macht ein trauriges Gesicht.
Ein erster Schritt könnte es also sein, diese Verhaltensmuster ganz bewusst zu durchbrechen und sich aufrecht mit erhobenem Kopf hinzustellen, laut und deutlich zu sprechen und zu versuchen, ein überzeugtes Lächeln aufzusetzen. Das löst die Gedanken und Gefühle zwar nicht in Luft auf, verstärkt sie aber immerhin auch nicht. Zusätzlich kann man positive Selbstinstruktion ausüben, also sich beispielsweise motivierende Sätze wie „Ich schaffe das!“ aufsagen oder sich seiner Stärken und Talente bewusst werden, indem man diese aufschreibt oder etwas tut, was man besonders gut kann. Ablenkung mit positiven Aktivitäten und körperliche Betätigung ist natürlich auch sowieso immer gut und empfehlenswert.
Einiges wurde ja hier schon genannt, wobei manches bei mir selbst keine Wirkung zeigen würde. So gefällt mir generell eine der letztgenannten Übungen mit der veränderten Körperhaltung und Mimik persönlich überhaupt nicht, auch wenn mir klar ist, dass sie ein physiologisches Korrelat hat und Sinn ergeben sollte. Aber es ist ja jeder anders, sodass sich auch jeder von anderen Möglichkeiten angesprochen sieht.
Mal davon abgesehen, dass nicht jeder Anflug von Traurigkeit oder Melancholie immer gleich im Keim erstickt werden muss, aber das nur am Rande. Vor einigen Tagen hatte ich auch so einen Blick in den Abgrund, wo ich merkte, dass mir ein Weiterverfolgen der Gedanken und damit verbundenen Gefühle nicht gut tun wird. Nun bin ich alles andere als ein Verfechter der beständigen Glückseligkeit oder Selbstoptimierung und bin für das Recht auf Traurigkeit oder ein Zulassen auch von unangenehmen Gefühlen, aber manchmal muss man sich ja auch selbst wieder zur Räson rufen.
Mir persönlich hilft ein Gedanke oder eine Übung, die nicht bei jedem gutankommt, ich nenne sie für mich die innerliche Besinnungsohrfeige. So habe ich beim Aufräumen von Fotos wehmütige Gefühle an bessere Zeiten bekommen und mich nicht sehr gut gefühlt. Irgendwann fiel mir dann aber ein, dass auf genau jenen Fotos ein alter Bekannter abgebildet war, der schon vor einigen Jahren in noch jungem Alter tragisch verstarb. Ad hoc war in meinem Kopf der Gedanke präsent, dass alles, was man jetzt an Negativem erlebt, aber genau das beinhaltet: Leben. Was ihm nicht mehr vergönnt ist.
Das ist dann bei mir schon so ein Gedanke, der mich wieder innerlich einnordet und zurück auf den Teppich holt. Ich weiß, dass die Übung sich mit Leuten zu vergleichen, denen es noch schlechter geht, auch von manchen mal als amoralisch empfunden werden kann, aber ich sehe das für mich anders. Vielleicht so ein bisschen in die Richtung Demut fühlen.
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