Was bedeutet "zeitnah" bei Abmahnung nach Pflichtverstoß

vom 04.10.2017, 21:51 Uhr

Durch einen Streit mit einer Arbeitskollegin hat Frau A im Mai von ihrem Vorgesetzten gesagt bekommen, dass sie dafür eine Abmahnung erhält. Der Streit wurde auf dem Firmengelände ausgetragen und das ist nicht im Sinne der Firma und dem Vorgesetzten. Die Kollegin, die den Streit angezettelt hat, ist freiwillig gegangen und hat gekündigt. Da Frau A nichts mehr von einer Abmahnung gehört hat, dachte sie, dass es vom Tisch ist, weil die Kollegin gekündigt hat. Nun hat Frau A am 2. Oktober die Abmahnung per Einschreiben bekommen.

Frau A hat nun schon oft gehört, dass eine Abmahnung zeitnah nach Pflichtverstoß kommen muss. Was aber bedeutet "zeitnah"? In welcher Zeit muss die Abmahnung ausgesprochen werden? Es steht in der Abmahnung das Datum des Pflichtverstoßes drin. Das war Mitte Mai. Sollte A einen Anwalt aufsuchen oder kann sie einfach davon ausgehen, dass die Abmahnung ungültig ist, weil es so lange gedauert hat bis sie ausgehändigt wurde? Wie sollte Frau A sich nun verhalten?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Eine Abmahnung muss nicht zeitnah erfolgen. Der Arbeitgeber ist an keine Frist gebunden. Natürlich wird es mit zunehmendem Zeitablauf unter Umständen schwieriger und manche Verhaltensweisen schließen eine spätere Abmahnung aus. Aber generell kann der Arbeitgeber damit auch nach zwei Jahren noch kommen.

Es funktioniert nur nicht, wenn der Arbeitgeber den Verstoß offensichtlich hingenommen hat. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn es nach dem Vorfall eine Beförderung oder eine Gehaltserhöhung gegeben hat. Dann kann der Arbeitnehmer nämlich davon ausgehen, dass der Arbeitgeber den Vorfall verwunden hat.

Es funktioniert auch nicht, wenn es nach dem ersten Vorfall zu weiteren Vorfällen dieser Art gekommen und der Arbeitgeber reagiert nicht. Schließlich kann es dann den Arbeitgeber nicht so sehr stören, dass eine Abmahnung gerechtfertigt ist. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich über den Vorfall ausgetauscht und der Arbeitnehmer kann davon ausgehen, dass die Differenzen beigelegt sind, verstößt es gegen Treu und Glauben, nachträglich eine Abmahnung auszusprechen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Cooper hat im Prinzip schon alles notwendige und richtige genannt, insbesondere zu den Fristen. Eine Abmahnung muss nicht zeitnah erfolgen, das ist ein allgemeiner Irrglaube der sich hartnäckig hält, warum auch immer. Sie sollte zwar zeitnah erfolgen, damit der Vorfall auch noch im Gedächtnis ist, da das Gesetz aber keine Fristen benennt, gibt es keine. Deshalb ist die Abmahnung die A jetzt erhalten hat für den Zeitpunkt Mai, definitiv nicht ungültig Das gute daran ist, das es auch keine Fristen gibt, um gegen eine Abmahnung vorzugehen.

Das einzige was A jetzt überlegen kann, ob sie zum einen eine Gegendarstellung zu der Abmahnung schreibt, sprich ihre Sicht der Dinge darlegt oder ob sie zum anderen eine Klage anstrebt für die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Aber bei letzterem sollte man sich überlegen, ob man wirklich gegen seinen eigenen Arbeitgeber klagen will. Für beides hat sie aber ausreichend Zeit, sich das zu überlegen, denn wie oben schon gesagt, gibt es auch hierfür keine Fristen.

» StarChild » Beiträge: 1405 » Talkpoints: 36,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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