Warum wollen ältere Leute häufig in ihrem Zuhause bleiben?

vom 26.01.2016, 09:54 Uhr

Mit meiner Mutter unterhalte ich mich öfter mal, wie sie sich das Wohnen im Alter vorstellt. Wir reden seit ungefähr zehn Jahren immer mal wieder darüber. Damals sagte sie, dass sie in vielleicht fünf bis zehn Jahren mit meinem Vater das Haus verkaufen werde, um dann in eine seniorengerechte Wohnung zu ziehen. Mittlerweile ist sind zehn Jahre um und sie möchte gar nicht mehr darüber nachdenken, ihr Haus zu verlassen.

Meine Eltern haben in über 30 Jahren kaum etwas an und in ihrem Haus gemacht. Dementsprechend sieht es auch mittlerweile so aus. Derzeit fangen sie plötzlich an, sehr viel zu planen, was gemacht werden soll: ein neuer Belag für die Treppe, ein neuer Fußboden für den Flur, eine neue Küche und auf jeden Fall die Auffahrt. Die Auffahrt soll komplett neu gemacht werden und es soll ein Weg zur Haustür geschaffen werden, damit meine Mutter mit einem Rollator dort hinkommen kann. Derzeit befindet sich dort noch eine Treppe.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie danach dann weiterplanen und versuchen, ihr Haus noch so zu gestalten, dass sie aus dem Erdgeschoss in das Obergeschoss kommen und auch, dass es im Badezimmer dann eine ebenerdige Dusche ohne hohen Einstieg gibt.

Ist es normal, dass man im Alter alles Mögliche tut, damit man sein zuhause nicht verliert? Meine Oma hat sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, ihr Haus zu verlassen. Ist das seniorengerechte Wohnen schlecht? Man hat da auch seine eigenen vier Wände und nur bei Bedarf kommt jemand von der Pflege und schaut nach dem Rechten.

» Liana » Beiträge: 816 » Talkpoints: 12,72 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ja, das ist normal und sicherlich auch verständlich. Ich meine so ein Haus bekommt man ja meistens nicht mal eben geschenkt und deswegen sieht man eben auch die Arbeitsleistung und die Erinnerungen, die man da so hat und trennt sich eher ungern vom Eigenheim um in eine unschöne Wohnung zu ziehen, sich dann auch irgendwo pflegen zu lassen und so weiter.

Meine Ur Oma hatte auch ein eigenes Haus und war wirklich nicht dazu bekommen da auszuziehen um altersgerecht zu wohnen. Bei ihr war es auch so, dass sie dann immer mal gestürzt war, weil sie eben nicht mehr fit war und obwohl jeden Tag jemand da war, kann man eben nicht den kompletten Tag da sein. Sie hat dann zwischendurch auch mal davon geredet altersgerecht zu wohnen, aber wollte dann auch nicht mehr, weil es da ihrer Meinung nach zu schnell bergab gegangen wäre.

Aus so einer altersgerechten Geschichte kommt man ja auch nicht mehr zurück. Wenn man nicht mehr in der Wohnung leben kann, wird man dann schneller ins Heim kommen und Altersheim ist eben alles andere als lustig und da hören alte Leute auch immer nur schlechte Dinge von Bekannten, Freunden und so weiter.

Man gibt sich ja auch selber ein bisschen auf, wird unselbstständiger und begibt sich in andere Hände. Auch wenn man nur altersgerecht wohnt, muss man sich vielleicht melden und bekommt vielleicht auch ein bisschen etwas vorgeschrieben. Zudem ist der Wohnraum vielleicht auch kleiner und man muss sich von Dingen trennen, die man lieb gewonnen hat. Ich finde das absolut nachvollziehbar, wenn man das nach hinten schiebt und nicht möchte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Aus dem eigenen Haus auszustehen, wird wahrscheinlich als erster Schritt in Richtung Grab empfunden. Man gibt die Selbständigkeit auf, gesteht ein, dass man es nicht mehr alleine schafft und macht sich abhängig. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Angst macht.

Klar könnte man auch sagen, dass es Angst machen sollte, in den eigenen vier Wänden zu leben und dort dann in der Dusche auszurutschen und niemand ist da. Aber davor kann man eher die Augen verschließen. Das ist bisher noch nicht passiert. Also schiebt man das beiseite.

Ich denke, die Entscheidung, im eigenen Haus bleiben zu wollen, ist hochemotional. Rational wäre es, für sich die beste Pflege zu organisieren und jede Gefahrenquelle zu vermeiden. Aber gerade wenn man langsam, ganz langsam den Tod vor Augen sieht, wird es eben sehr emotional.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Sicherheit und Bequemlichkeit sind doch nur ein Aspekt. Wenn man 30 Jahre oder noch mehr in einem Haus oder einer Wohnung verbracht hat, dann gibt es ganz viele Erinnerungen. Die aufzugeben und sich auf etwas neues einzulassen, das fällt schwer.

Außerdem funktionieren ganz viele Dinge nur noch über die Gewohnheit und Routine. Viele Menschen, die im gewohnten Umfeld nur altersgerecht vergesslich sind, rutschen in einem neuen Umfeld komplett in eine Demenz. Vom selbstbestimmten Leben zum Pflegefall ist es bei einem Umzug oft ein kurzer Weg.

Außerdem sterben viele Menschen sehr bald, wenn sie in hohem Alter die Umgebung wechseln. Das erlebt man sehr oft. Ich kenne das aus meinem Umfeld bei mehr als 10 Senioren. Einen alten Baum verpflanzt man nicht. Dieses Sprichwort gibt es nicht ohne Grund.

» cooper75 » Beiträge: 13412 » Talkpoints: 516,00 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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