Warum wird Kaninchenbraten immer seltener?
Früher haben wir einmal im Jahr unseren Onkel in der ehemaligen sogenannten DDR besucht. Einmal während unseres zweiwöchigen Aufenthalts gab es dort leckeren Kaninchenbraten aus der eigenen Haltung. Mein Onkel hatte in seinem großen Garten viele Kaninchenställe. Über artgerechte Haltung habe ich mir damals nicht viele Gedanken gemacht. Wir liebten es, die Kaninchen in den engen, dunklen Käfigen von außen durch das Gitternetz mit Löwenzahn zu füttern.
Ich habe seitdem nie mehr Kaninchenbraten gegessen, nicht bewusst, sondern weil er einfach aus meinen Augen verschwunden ist. Er fällt mir beim Metzger nicht ins Auge und auf Speisekarten in den Restaurants, die ich besuche, steht er auch nicht.
Ist Kaninchenbraten in eurem Speiserepertoire noch vorhanden? Gibt es in Deutschland überhaupt Großbetriebe, die Kaninchen zum Schlachten züchten? Lohnt sich eine solche Zucht nicht, weil die Anforderungen an eine artgerechte Haltung vielleicht zu groß sind? Ich kann mir vorstellen, dass eine enge Käfighaltung nicht erlaubt ist. Eigentlich müsste sich eine Kaninchenhaltung doch lohnen, weil sich diese Tiere sprichwörtlich wie die Karnickel vermehren.
Ich habe selber noch nie in meinem Leben Kaninchenbraten gegessen. Als Kind bin ich ein paar Mal noch damit in Berührung gekommen und habe dieses Essen aber verweigert, da ich die Langohren so niedlich fand und sie zu meinen Lieblingstieren gezählt haben. Später, als ich älter wurde und mich davon besser abgrenzen konnte, ging es mir allerdings wie dir, denn ich habe einfach nirgendwo mehr Kaninchenbraten auf Speisekarten oder in Geschäften gesehen oder aber einfach nicht bewusst wahrgenommen. Für den Privateinkauf wäre dieses Fleisch sowieso nicht meine erste Wahl gewesen, eben weil ich es vom Geschmack her gar nicht einsortieren kann und keine Ahnung von der Zubereitung habe, aber im Restaurant hätte ich mich prinzipiell schon einmal daran gewagt, hatte aber nun mal nicht mehr die Gelegenheit dazu.
Tatsächlich denke ich, dass es verschiedene Gründe sind, die den Kaninchenbraten so „unbeliebt“ machen. Zum einen sind Kaninchen hierzulande als Haus- und Schmusetiere weitaus verbreiteter als als Nutzvieh, sodass meine kindlichen Hemmungen wohl von vielen Menschen geteilt werden. Auch ist die Züchtung wohl weniger lukrativ als bei manch anderen Tieren, bei denen man zusätzlich zum Fleisch noch verwertbare Produkte wie Milch, Schmalz und Co gewinnt, was sich beim Hasen höchstens noch auf das Fell ausweitet. Noch dazu sind Kaninchen eben auch einfach sehr klein und ein Tier gibt normalerweise genau einen Braten her, während man von einem Schlachtrind locker eine ganze hungrige Meute versorgen kann. Aber das sind lediglich meine Überlegungen zu dem Thema.
Ich könnte mir vorstellen, dass Karnickel ein typisches Arme-Leute-Essen war. Ein paar Quadratmeter Schrebergarten und eine Kiste mit Drahtgitter reichen schließlich, um die Viecher zumindest am Leben zu halten, bis sie schlachtreif sind, und mehr als die Zufuhr von Heu, Gras und Grünzeug war nicht nötig, um zumindest eine bescheidene Fleischportion zu erhalten.
Ich vermute, dass Kaninchenbraten nie ein "Trend" war, sondern eher "aus der Not geboren". Meine Oma ist damals aus Schlesien geflüchtet und hat auch jahrelang alles mögliche an Kleingetier gehalten, um ihre Familie zu versorgen und sich ein Zubrot zu verdienen. Und die jahrzehntelange Versorgungslage in der DDR ist ja bekannt.
Aber diese Zeiten sind ja glücklicherweise schon seit Ewigkeiten vorbei. Wer schlachtet heute schon noch selber? Oder betreibt tatsächlich Subsistenzwirtschaft, um sich von seiner Hände Landarbeit zu ernähren? Deswegen ist Kaninchen wohl aus den Ernährungsgewohnheiten der breiten Mehrheit zum Großteil verschwunden. Hartgesottenene Fans züchten und schlachten wahrscheinlich immer noch selbst, aber ich könne mir einfach vorstellen, dass es an der Nachfrage der breiten Masse fehlt.
Und wie soll sich die kommerzielle Massentierhaltung dann lohnen, die sowieso immer kritischer gesehen wird? Zumal da es nicht genügt, dass sich die Tiere "vermehren wie die Karnickel". Moderne Tierzucht ist genauso der Marktwirtschaft unterworfen wie alles andere auch.
Meine Großeltern haben auch Kaninchen gehalten und die geschlachtet. Als Kind habe ich mich immer geweigert, das zu essen, weil ich es furchtbar fand, wie man seine eigene Tier essen kann. Die Tiere sind doch so niedlich und für mich sind das eher Haustiere und keine Nutztiere. Das wäre so, als würde jemand seine Katze braten.
Im Supermarkt gibt es hier schon, etwa zu Ostern, Kaninchenbraten in der Tiefkühltruhe. Das kann ich mir gar nicht ansehen, da denke ich mir, dass mein Haustier hier tiefgekühlt in der Truhe liegt - absolut widerwärtig. Ich will keinen Kaninchenbraten essen, das braucht man echt nicht. Mir sind im weiteren Bekanntenkreis schon Leute begegnet, die Kaninchen halten, um die dann irgendwann zu schlachten. Verstehen kann ich es nicht, wie man erst ein Tier groß zieht und es dann brät.
Ich persönlich kenne Kaninchengerichte hauptsächlich aus dem spanischen Kulturkreis. "Conejo al ajillo" ist dort recht verbreitet und findet sich auch auf vielen Speisekarten in den Restaurants. Auch in den originalen Paella-Rezepten wird übrigens oft Kaninchenfleisch hinzugefügt, sodass ich in Spanien schon häufiger Kaninchen gegessen habe. In der deutschen Küche hingegen trifft man tatsächlich nur selten Kaninchenbraten an.
Wenn ich daran denke, versetzt es mich direkt zurück zu meinem Opa. Gerade zu Feiertagen wie Weihnachten wurde nicht selten auch Kaninchen mit Rotkraut und Knödel serviert. Das habe ich ganz zu Beginn auch gegessen, aber ich fand schon immer die Art der Präsentation des Kaninchens widerlich. Ich konnte eben direkt erkennen, was es ist und mag es auch nicht, wenn man Fleisch wo runterpulen muss. Das war bei uns immer der Fall.
Ich kenne allerdings sehr viele Menschen, die noch nie Kaninchen gegessen haben und sich dies auch nicht vorstellen können. Immerhin ist das ein süßes Tier. Das dieselben Leute aber mit Kalb ein kleines „Baby“ als Kuh verspeisen, das ist dann wieder vollkommen egal. Daran merkt man nicht selten, wie mit zweierlei Maß beim Verspeisen von Tieren eigentlich argumentiert wird. Darf natürlich auch jeder machen, wie er/sie möchte, aber es ergibt oft auch einfach keinen Sinn.
Kaninchen halten und diese dann schlachten, das wäre für mich wiederum ein anderes Thema. Ich würde das dann wohl weniger können. Dasselbe gelte für eine Kuh, ein Schwein usw. Fische selber fangen und töten, das ist wieder etwas ganz anderes für mich. Doch Tiere, die ich aufziehen, füttern, pflegen usw. muss, da wäre ich sehr skeptisch, ob ich da wirklich das Tier entsprechend verarbeiten könnte.
Doch gerade die spanische Küche besitzt eben auch viele Alternativen, wo Kaninchen statt in der Paella Meeresfrüchte reinkommen. Es kommt auf die Regionen an, die sind da ganz flexibel und da kann es dann auch passieren, dass es mal Kaninchen als Zutat mit auf dem Teller gibt.
Wenn ich mal Fleisch kaufe dann in einer regionalen Metzgerei und da sehe ich öfter mal, dass Kaninchen angeboten wird. Das ist aber eines von den Produkten, die nicht ständig im Sortiment sind, genau wie Wild, und teilweise muss man diese Sachen auch vorbestellen, glaube ich.
Da diese Metzgerei nur regionale Produkte anbietet muss es hier in der Gegend schon jemanden geben, der die Kaninchen züchtet, aber ich habe mich damit noch nie näher befasst. Ist aber gar nicht so billig so ein Kaninchenbraten, von daher ist das mit dem Essen für arme Leute heute definitiv nicht mehr der Fall. Da kommt wohl er das Discounter Schweinefleisch auf den Tisch.
Weil es sonst keine Osterhasen mehr geben würde, die den Kindern Eier und Geschenke wie die neueste Playstation bringen. Nein im ernst Kaninchenbraten war früher wie eine Tradition. Diese Tradition stirbt mit dem nach und nach Ableben älterer Generationen immer mehr aus. Wird kein Kaninchenbraten mehr zu Festlichkeiten serviert, so weiß auch die jeweilige jüngere Generation nicht mehr, wie Kaninchenfleisch schmeckt. Demzufolge kauft man sowas dann auch weniger. Hinzu kommt, dass es in manchen Regionen weniger Jäger gibt, die sowas jagen als früher. Demzufolge ist das regionale Angebot dann auch nicht mehr in der Breite gegeben.
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