Warum sind viele Kleiderschränke so übervoll?
Bei Diskussionen über die menschenunwürdigen und umweltschädlichen Produktionsbedingungen in der Textilbranche kommt auch immer wieder die Thematik auf, dass die Endverbraucher an der Situation mit ihrem Konsumverhalten nicht unschuldig sind. Unter anderem wird dem Endverbraucher eine gewisse Unbekümmertheit und Textilverschwendung „vorgeworfen“.
Ich selbst würde mich eher als atypische Frau bezeichnen da ich lediglich einen kleinen Kleiderschrank habe und dieser auch nicht komplett überfüllt ist. Ähnlich verhält es sich in meinem Schuhschrank. Im Grunde genommen habe ich dort je ein Paar Schuhe für jede Wetterlage in einer neutralen Farbe. An meiner Garderobe hängt auch nur das an Jacken/Mäntel, was die verschiedenen Wetterlagen erfordert. Mein Partner ist da ähnlich gestrickt und wir kommen mit dieser Lebensweise in Bezug auf Bekleidung sehr gut zurecht. Soll heißen, dass es uns gefühlt an nichts fehlt und wir auch nichts vermissen. Wir fühlen uns Wohl.
Ich kann mich deshalb nur sehr schwer in Menschen einfühlen, die ein ganzes Einkleidezimmer brauchen bzw. 3-4 Kleiderschränke - bis zum Rand mit Kleidung gefüllt - besitzen. Logisch betrachtet würde es doch reichen wenn man für jede Wetterlage so viel Kleidung hat, dass man 2-3 Wochen klar kommt. Sprich circa 15 Teile pro Kleidungsart. Ich denke mir oft, dass manche Menschen mit besonders großem Bestand doch gar nicht dazu kommen, ihre Kleidung an einem der 365 Tage anzuziehen. Ausgenommen hiervon sind natürlich Kleiderschränke von Kindern. Aber die wechseln ja auch oft mehrmals am Tag ihre Bekleidung.
Wie steht ihr zu dem Thema? Habt ihr das Gefühl euch fehlen Kombinationsmöglichkeiten wenn ihr euren Kleidungsbestand auf einen Schrank beschränkt? Ist das für euch ein „Wohlstandsprivileg“? Shoppt ihr einfach zu gerne und könnt euch nicht von „Altem“ trennen?
Übervolle Kleiderschränke - und "nichts" zum anziehen - sind wahrscheinlich oft eine Kombination aus mehreren Faktoren. Natürlich ist Kleidung extrem billig und extrem leicht verfügbar. Man muss ja nicht mal "shoppen" gehen. Es reicht schon wenn man sich auf den Weg von den Nudeln Richtung Gemüse macht. Der Doppelpack T-Shirts kostet nicht viel und T-Shirts kann man ja schließlich immer brauchen.
Dann gibt es natürlich auch Leute, die sich von alten Sachen einfach nicht trennen können. Könnte ja irgendwann wieder passen, kann man ja zu Hause noch anziehen, es könnte ja sein, dass man mal was braucht wenn man eine Wand streichen will, das lasse ich demnächst reparieren und so weiter.
Oder das Phänomen, dass man einfach an seinen Bedürfnissen und seinem Alltag vorbei einkauft. Ich habe eine Freundin, die hat sich vor einiger Zeit von einer ganzen Kleiderstange voller Kleider getrennt. Ich kenne sie seit Jahren und habe sie nie in einem Kleid gesehen. Natürlich macht es mehr Spaß ein interessantes Kleid zu kaufen statt einer Basic Jeans, aber wenn man fast nur Jeans trägt macht die Jeans halt mehr Sinn.
Ich selber hatte mehr Kleidung bevor ich mich mit meiner Farbpalette beschäftigt habe. Wenn man beim Einkaufen nicht daran denkt wie man ein neues Teil in die Garderobe integrieren kann hat man am Ende viele Einzelteile, die jeweils nur zu einem anderen Teil passen. Das wird natürlich schnell langweilig also ist man versucht wieder einkaufen zu gehen.
Fehlen Kombinationsmöglichkeiten sind also nicht zwangsläufig ein Symptom von einer kleinen Garderobe sondern kommen auch bei einem übervollen Schrank vor, dem ein Konzept fehlt und die "langweiligen" Basics.
Ich bin in Sachen Kleidung recht minimalistisch unterwegs, weil ich Shoppen hasse und am liebsten "langweilige" Basics in neutralen Farben trage. Prints gefallen mir gar nicht und als etwas "gedrungenere" Dame finde ich auch viele Schnitte und Schnickschnack recht unkleidsam an mir. Und wenn ich schon weiß, dass ich im Alltag in dunkelblauen Pullovern mit rundem Ausschnitt und Jeans herumlaufe, kaufe ich mir eben keine Blusen mit Blumenprint und Pastell.
Von daher kann ich aber das schon erwähnte Problem, dass man an seinen Bedürfnissen vorbei einkauft, auch nachvollziehen. Es ist nicht immer ganz einfach, sich einzugestehen, dass mir "Fashion" sonstwo vorbeigeht oder dass Kleidungsstücke an Models oder jüngeren/schlankeren Frauen super aussehen und die Ernüchterung eintritt, wenn ich meinen weder jungen noch schlanken Körper in das entzückende Kleid zu pressen versuche und aussehe wie ein Zombie. Und deswegen kaufen bestimmt viele Leute zumindest hin und wieder Kleidung für die Person, die sie gerne wären, und die hängt dann im Schrank. Die Kleidung, nicht die Person.
Bei mir liegt das Problem, dass auch mein Kleiderschrank nicht so minimalistisch aussieht, auch tatsächlich daran, dass ich mir schwer tue, Kleidung wegzuschmeißen. So kommen doch jedes halbe Jahr ein paar Teile dazu, aber die anderen T-Shirts oder Tops "sind ja eigentlich noch gut in Schuss", oder "noch in Ordnung für daheim vor der Glotze". Und mittlerweile habe ich 8 Vor-der-Glotze-Shirts und fasse mir irgendwann ein Herz und schleppe den Kram ins Sozialkaufhaus.
Sicherlich sind es viele verschiedene Einflussfaktoren, die zu Chaos und Überfüllung im Kleiderschrank führen. Das Überangebot an billig produzierter und verkaufter Ware im Bereich der Szenemode - namentlich Primark und Co - leistet sicherlich seinen Beitrag; denn wenn ein Shirt nur 3 Euro kostet, wird eine suboptimale Passform und Qualität bereitwilliger in Kauf genommen als ein deutlich höherer Preis für ein nahezu perfektes Teil. In Kombination mit der regelrechten Verfolgungsjagd an Trends wie Einhörnern, Flamingos und Co übt diese Erschwinglichkeit gerade auf die jüngere Generation eine starke Anziehungskraft aus. Manche verfallen ja angesichts hübscher neuer Klamotten sogar in eine regelrechte Raffsucht und sehen einen vollen Kleiderschrank mit unzähligen Accessoires und Stücken als Statussymbol an.
Zudem glaube ich, dass viele Menschen aus Geiz, Faulheit oder Emotionalität auch das Aussortieren alter Kleidung scheuen. Statt nicht mehr getragene Teile zu entsorgen, wird dann fleißig nachgekauft - und bald verliert man gänzlich den Überblick und ist vielleicht der Überzeugung, keinen passenden Pullover für den nächsten Winter zu besitzen, obwohl zwei oder drei passable Exemplare in Wirklichkeit einfach nur von einer Flut neuerer Anschaffungen verdeckt in der hinterletzten Ecke liegen.
Ich denke jedoch auch, dass viele Menschen sich nicht von Kleidung trennen können. Da wird die Hose in Größe 36 aufbewahrt, man könnte ja irgendwann mal wieder dort hineinpassen. Da wird das süße T-Shirt aufbewahrt, man hat ja bestimmt irgendwann den Busen dafür. So ging es mir zufällig auch. Und gestern habe ich angefangen auszumisten und die Sachen für wenig Geld auf eine Verkaufsplattform eingestellt.
Ich habe mittlerweile 2/3 meiner Kleidung dort eingestellt und einen kleineren Teil entsorgt. Ich habe es nicht mehr ausgehalten und es hat schlichtweg frustriert, dass die Sachen mir eh zu klein waren. Da Kleidung billig ist, wird natürlich auch wieder etwas dazu kommen, ich bin auch nur ein Mensch. Und wenn mir was gefällt, dann werde ich es wahrscheinlich kaufen und mein Schrank wird sich erneut mit neuer Kleidung füllen. Vielleicht mache ich jetzt sozusagen immer mal wieder eine Ausmistaktion und bestücke die Plattform immer mal mit neuen Stücken. So füllt sich der Schrank vielleicht auch langsamer.
Dazu fällt mir meine Mutter ein die von Größe 36 bis mittlerweile 44 alles im Schrank hat. Anfangs meinte sie darauf angesprochen, dass man das ja vielleicht irgendwann wieder tragen kann, immerhin möchte man ja abnehmen und dann irgendwann hieß es, dass das Kleidung ist, mit denen man etwas verbindet. In meinen Augen ist das lächerlich. Mein Schrank beinhaltet sicherlich auch viel Auswahl, aber ich trage meine Sachen bis sie nicht mehr schön ist und man sie entsorgen muss.
Allerdings verlocken wohl auch die Preise zum Mehrkauf. Immerhin gibt es teilweise Shirts schon für 2 Euro und die halten sicherlich auch nicht so lange, dass sich da der Kauf von nur einem Shirt auch wirklich lohnen würde. Daher denke ich, dass man da wohl eher mehr kaufen wird und dann hat man den Schrank schnell gefühlt. Die Anbieter für Billigkleidung werden ja auch nicht weniger und dazu kommen dann noch Trends, bei denen man dann immer wieder ein neues Teil kauft und so weiter. So ein Kleiderschrank kann sich schnell füllen.
Ich habe derzeit zwei Kleiderschränke, was sich mehr oder weniger so ergeben hat. Ich durfte ein paar Möbelstücke meines Vermieters gratis übernehmen und hatte dazu noch eigene Möbel. Und da es in meinem Kleiderschrank ohnehin schon immer sehr eng war, habe ich nun eben zwei Kleiderschränke. In einem befinden sich Jacken und Kleider und eben alles, was aufgehängt ist sowie Bettwäsche, Decken und Unterwäsche, sowie einige Schuhe.
Im anderen Kleiderschrank habe ich hingegen alle meine Oberteile und Hosen sowie meine Socken und Schals. Ich muss sagen, dass es trotzdem recht eng ist. Ich habe tatsächlich sehr viel Kleidung, wobei ich aber verhältnismäßig sehr selten shoppen gehe und mittlerweile und nur wenig Kleidung kaufe.
Bei mir sammelt sich aber trotzdem immer mehr an, obwohl ich so wenig kaufe. Das liegt daran, dass viele meiner Kleidungsstücke schon 15 Jahre alt sind. Gerade Basic-Oberteile von guter Qualität sortiere ich nicht aus, weil ich sie immer tragen kann. Viele meiner Schals sind zeitlos. Meine Kleidergröße hat sich seit meiner Jugend nicht geändert, so dass mir alle Sachen nach wie vor passen.
Wenn mir mal etwas nicht mehr gefällt, völlig aus der Mode ist oder ausgewaschen oder fleckig ist, trage ich es dann meistens noch zu Hause oder zum Schlafen. Von daher sortiere ich wirklich sehr selten etwas aus und wenn, dann sind es auch nur wenige Teile. Und auch wenn ich mir vielleicht alle zwei Monate mal ein Kleidungsstück kaufe, ist das im Endeffekt mehr, als ich ausmiste. Von daher wird mein Schrank eben immer voller. Ich denke, dass es da einigen so gehen dürfte.
Andererseits ist Kleidung nun auch wirklich günstig zu bekommen und da muss man nicht lange sparen. Wenn man dann auch noch jedem neuesten Trend folgen will, der sich ohnehin ständig ändert, kommt man eben nicht drum herum, sich ständig neue Sachen zu kaufen und so wird der Schrank eben immer voller.
Bei mir liegt es vor Allem daran, dass ich mich von alten Sachen schwer trennen kann, auch wenn ich sie schon länger nicht mehr anhatte. Auch Klamotten, die mir nicht mehr passen, schmeiße ich nicht weg, sondern behalte sie, in der Hoffnung eventuell irgendwann wieder rein zu passen.
Von einem luftigen Kleiderschrank bin ich auch weit entfernt. Ich weiß aber auch nicht, ob man ein Zuviel, einen angemessenen Füllstand oder eine minimalistische Garderobe immer an absoluten Zahlen festmachen kann. So sind 15 T-Shirts für meine Bedürfnisse genug, weil ich die gar nicht so oft anziehe. Dieselbe Anzahl Jeanshosen wäre mir aber zu viel, bei Kleidern oder Röcken sogar viel zu viel.
Im Umkehrschluss habe ich sehr viel mehr Tops und ungleich mehr langärmelige Oberteile in allen möglichen Variationen. Aber dort ist dann für jeden Anlass und alle Jahreszeiten etwas dabei, von einem leichten Hänger mit Dreiviertel Arm bis zum groben Oversized-Pullover hin zu schlichten Longsleeves oder blusenartigen Tuniken usw. Wenn man das dann wieder in einzelne Kategorien unterteilt, komme ich auch nicht auf fünfzehn. Zwischen drei Schubladen einer Kommode und einem Ankleidezimmer mit mehreren Schränken liegen noch viele Welten. Mich selbst würde ich irgendwo im Durchschnitt einordnen. Mit den Zahlen ist das so eine Sache, als ich meiner Freundin mal erzählte, wie viele Oberteile ich ungefähr habe, fand sie das überraschend viel.
Dann aber habe ich ihren Kleiderschrank gesehen, sie hat viel mehr als ich, eigentlich hat sie sogar einen Kleiderschrank in groß, einen in klein, eine Kommode und eine Stange. Sie hatte bis dato wohl nur noch nie gezählt. Ich selbst habe nur einen einzigen, sehr zierlichen dreitürigen Schrank, in welchem sich sogar noch Bettwäsche und Jacken befinden. Natürlich ist der nicht leer, sondern einigermaßen voll, aber dafür ist ja auch fast alles dort drin.
Ich sortiere aber auch vieles nicht aus, wenn es mir noch passt und gefällt und habe daher teilweise sogar Kleidungsstücke aus dem vorletzten Jahrzehnt. Dafür kaufe ich gar nicht soviel wie manch andere. Als ich gelesen habe, dass der durchschnittliche Deutsche angeblich 60 Kleidungsstücke pro Jahr kauft, war ich überrascht. Davon bin ich meilenweit entfernt, selbst wenn ich Strümpfe und Unterwäsche mitzähle. Eine minimalistische Garderobe möchte ich aber auch nicht haben. Dieses Jagen nach der perfekten Zahl, die möglichst niedrig ist und dem Maximum an Aussortieren, finde ich genauso wenig erstrebenswert wie eine wöchentliche oder monatliche Shoppingtour.
Den Vorwurf an Verbraucher teile ich nicht. Immer sollen die Konsumenten für alles die Schuld übernehmen, egal ob schlechte Haltungsbedingungen in der Landwirtschaft, zu viel Müll oder nun auch noch schlechte Arbeitsbedingungen in der Textilherstellung. Ich kann doch nichts für irgendwelche Arbeitsbedingungen in anderen Ländern. Dass man Schnäppchen machen möchte, ist ja normal, das kann man keinem vorwerfen.
Mir gefällt es, viel Kleidung zu haben und ich finde das auch nicht verwerflich, wenn man einen vollen Kleiderschrank hat. Es geht ja nicht darum, ob man das braucht, aber es gibt mir beispielsweise die Möglichkeit auch immer mal wieder etwas zu entdecken. Beim Shoppen gefällt mir manchmal ein Teil, was ich dann kaufe, auch wenn es erstmal eine Weile nicht die Gelegenheit geben wird, das anzuprobieren.
Beispielsweise habe ich mir Kleider gekauft, weil ich die tatsächlich schön fand. Aber ich war eher der Jeans-Typ und habe mich nicht getraut, Kleider zu tragen. Dann habe ich es doch mal ausprobiert und fand Gefallen daran. Ebenso habe ich auch Jacken, die mir zu klein waren Aber offen getragen ist das kein Problem und ich finde sogar, dass es bei offen getragenen Jacken besser aussieht, wenn sie etwas zu klein sind, dann wirkt das nicht so sackig.
Genauso kann man auch zu weit gewordene Jeans beispielsweise enger nähen oder man nimmt dann halt einen Gürtel. Es gibt so viele Möglichkeiten, man muss Sachen, die noch gut sin, ja nicht weggeben, nur weil die Größe nicht mehr exakt stimmt.
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