Warum sind Rückenschlusskittel völlig aus der Mode gekommen?

Als ich in der vorigen Woche zur jährlichen Routinezahnuntersuchung war, fand meine Zahnärztin, dass an meiner Prothese etwas korrigiert werden müsste. So rief sie ihre Zahntechnikerin, die die notwendigen Änderungen sofort bewerkstelligen sollte. Die noch junge Zahntechnikerin trug zu meiner großen Verwunderung einen langärmligen weißen Rückenschlusskittel mit Rundhalskragen. Der Kittel reichte ihr bis zum Knie und war mit acht Knöpfen im Rücken sowie einem schmalen Bindegürtel korrekt geschlossen. Die langen Ärmel des Kittels waren mittels Bündchen zugeknöpft.

Während der mehrmaligen Anprobe kamen wir ins Gespräch und ich fragte sie nach ihrer doch etwas unüblichen und nicht mehr ganz zeitgemäßen Arbeitskleidung. Daraufhin erzählte sie mir, dass sie schon viel ausprobiert hat, aber nichts so praktisch für ihre Arbeit ist, wie ein Rückenschlusskittel. Dieser Kittel gewährleistet vorn die volle Arbeitsfreiheit, ist sehr robust und lässt sich durch eine 95°-Wäsche immer hygienisch sauber halten. Den Kittel hat sie übrigens von meiner Zahnärztin erhalten, die noch eine große Anzahl dieser Kittel aus DDR-Zeiten besitzt.

Jetzt frage ich mich, warum sind diese weißen Rückenschlusskittel eigentlich völlig aus der Mode gekommen, obwohl sie doch für bestimmte Tätigkeiten immer noch zweckmäßig und auch praktisch sind?

Vermutlich sind sie aus der Mode gekommen, weil sie sich selbst nicht eigenhändig gut schließen lassen. Alternativ müssten sie groß genug sein, um über den Kopf gezogen zu werden. Und modern wirken sie ja nun wirklich nicht mehr.

Ich habe in niedergelassenen Praxen überhaupt schon lange keine Ärzte oder Personal mehr in Kitteln gesehen. Manche tragen Straßenkleidung, viele haben eher so Hemdblusen-artige Überzieher, die sicher nicht weniger unbequem sind als ein Kittel. Sieht ja auch besser aus als ein Kittel, der immer gleich an Krankenhaus denken lässt.

Komplett aus der Mode sind sie nicht. Zahntechniker benutzen sie noch, das hast du bereits selbst bemerkt. Aber auch in manchen Labor trägt man sie noch. Das RKI beispielsweise hat sie noch in Gebrauch. Für Tätigkeiten mit Kontakt zum Patienten sind sie weniger geeignet, weil man sie nur schwer allein und schnell wechseln kann.

Im Labor findet man diese noch oftmals, gerade wenn man nicht drauf angewiesen ist das diese Kleidung ständig abgelegt wird, bietet sie doch einiges mehre an Komfort als wenn das ganze vorne geschlossen wird.

Ich kann mich jedoch nicht der Meinung anschließen, dass diese wesentlich komplizierter sind anzuziehen als andere Kittel. Auch im OP-Bereich werden Kittel verwendet die hinten verschlossen werden und somit nach vorne ein besseres Arbeiten ermöglichen. Das verschließen ist dabei mit Abstand das leichteste, schwieriger ist es eher das ganze anzuziehen indem man damit nichts anderes berührt. Dabei kommt dann doch gerne eine zweite helfende Hand zum Einsatz, die den Kittel passend hält. Verschlossen wird dieser allerdings selbstständig.

Beim Roten Kreuz hatten wir diese Kittel ebenfalls teilweise noch wenn z.B. Infektionstransporte angestanden haben usw. Diese ermöglichen einfach ein besseres Arbeiten nach vorne und auch während dem Transport gehen diese nicht so einfach auf, als wenn das ganze im vorderen Bereich verschlossen wird. Zudem ist auch der Gurt vom Autositz daran gerne hängen geblieben.

Manche Kollegen haben es dadurch auch schon geschafft das ganze zu zerreißen beim aufstehen während der Gurt sich dort verfangen hatte. Leider wurden sie aus Kostengründen nicht mehr beschafft, obwohl es das ganze auch als Einmalprodukt gibt. Kostet aber direkt das dreifache von den anderen Kitteln, die im Frontbereich verschlossen werden.

Wenn du eine helfende Hand hast, dann geht es gut. Aber oft genug arbeitet man allein. Und dann sind die Knöpfe hinten doch recht kompliziert. Im OP knöpft man schließlich eher nicht, man bindet nur. Daher ist der häufige Wechsel eben doch eher doof.

Noch eine Ergänzung zu meiner Frage. Das Zuknöpfen eines Rückenschlusskittels ist wirklich kein Problem. Eine Arbeitskollegin, die früher derartige weiße Kittel als Berufskleidung tragen musste, hat mir mal erzählt, wie das geht. Man öffnet die ersten drei Knöpfe im Halsbereich des Kittels und zieht dann den Kittel einfach über den Kopf an. Jede Frau kann das! Im Übrigen sieht ein weißer Kittel natürlich sehr viel professioneller aus, als farbige Überzieher (Kasacks), wie man sie jetzt sehr häufig in Arztpraxen sieht.

Wieso kann das jede Frau? Sind Männer in der Beziehung unfähig? Und trotzdem kostet es Zeit im Vergleich zu modernen Varianten. Zumal die Variante mit dem über den Kopf ziehen ausfällt, wenn man steril sein muss. Gleichzeitig sinkt die Wäschemenge, wenn man bei Verschmutzung nur Oberteil oder Hose wechseln muss.

Jede Frau kann das!

Mag ja sein, ich hätte nur weder die Ambitionen, dies auszutesten noch habe ich je in einem Beruf gearbeitet, wo dies notwendig gewesen wäre. Und wenn ich in einem medizinischen Beruf arbeiten würde, wäre ich froh, wenn ich solche Kittel nicht tragen müsste, ich stelle es mir etwas unhandlich vor. Was mich aber am Rande auch noch interessiert: Warum drehen sich in drei Themen 100 Prozent deiner Beiträge um das Thema Kittel?

Bei meiner letzten Arbeitsstelle hatten wir einen Rückenschlusskittel für die Laborarbeit. Aber außerhalb dieser Tätigkeit haben wir doch alle Kittel getragen, die vorne verschlossen werden konnten. So ein Rückenschlusskittel ist in manchen Bereichen sicher sehr praktisch, aber der Verschluss der Kittel ist eben unpraktisch, wenn man niemanden hat, der einem dabei hilft. Darum sind die Kittel für die meisten Bereiche vermutlich aus der Mode gekommen.