Warum schreiben Erwachsene nur noch selten Tagebuch?

Durch einen anderen Thread stellte ich fest, dass ich eigentlich seit Mitte zwanzig nur noch ganz sporadisch Tagebuch geschrieben habe und seit zehn Jahren dann nie wieder. Auch kenne ich niemanden über dreißig, der noch Tagebuch schreibt, aber möglicherweise kenne ich ja auch nicht genug Leute, um da eine fixe Aussage drüber zu treffen. So oder so kommt es mir vor, als wäre das Tagebuch-Schreiben doch eher etwas für Jugendliche oder junge Erwachsene.

Wie ist dieser Umstand, so er denn stimmt, wovon ich fast ausgehe, zu erklären? Ist es wirklich allein die mangelnde Zeit? Das denke ich nicht, weil die meisten doch die Zeit hätten, alle paar Tage eine halbe Seite zu schreiben oder zu tippen. Nimmt man sich selbst und seine Malaisen vielleicht nicht mehr zu ernst? Ich könnte mir jetzt überhaupt nicht vorstellen, noch mal ein Tagebuch zu schreiben. Vieles ist mir zu banal und alltäglich und die schlimmeren Dinge möchte ich nun wirklich lieber vergessen und verarbeiten, aber nicht noch in Schriftform auswälzen.

Habt ihr Tagebuch geschrieben und irgendwann damit aufgehört? Wenn ja, wie alt wart ihr da und warum habt ihr es gelassen? Oder schreibt ihr immer noch? Haben sich die Inhalte oder die Form geändert? Glaubt ihr auch, dass Erwachsene nur noch wenig Tagebuch schreiben? Und wenn ja, warum könnte das so sein?

Ich selbst habe noch nie in meinem Leben Tagebuch geschrieben. Ich habe es zwar öfters mal versucht, aber ich habe es einfach nie durchgehalten. Wenn schon, dann wollte ich auch wirklich alle wichtigen Ereignisse dort festhalten und nicht, dass irgendwelche wirklich wichtigen Sachen fehlen ( und im Teenager Alter ist doch so ziemlich alles wichtig!). Jedoch fehlte mir einfach die Zeit dafür, dass ich wirklich täglich oder alle zwei Tage etwas reinschreibe, weshalb ich dann immer keine Lust hatte den Rest nachzutragen, das war mir zu doof. Deshalb habe ich es irgendwann ganz gelassen, weil ich weder die Lust noch die Zeit dafür hatte.

Viele Menschen schreiben ja überhaupt erst Tagebuch, damit sie ihren Kopf frei kriegen können. Frei kriegen von all den Sorgen und Nöten des Alltages, aber auch von den freudigen Ereignissen - Sachen, die vielleicht noch keiner wissen darf. Leider kann man sich in der heutigen Zeit nur noch auf wenige Menschen verlassen, da man oft Angst haben muss, dass diese die Gefühle von einem nicht beachten und die Geheimnisse dann doch anderen Leuten anvertrauen. Dann hat man ein großes Problem! Um das Risiko nicht eingehen zu können, aber ihre Anliegen trotzdem irgendwo "los zu werden" schreiben viele Leute ein Tagebuch - das Tagebuch erzählt nämlich nicht dem heimlichen Schwarm, dass man in ihn verliebt ist.

Ich denke auch, dass viele Erwachsene keine Tagebücher führen, weil ihnen einfach die Zeit dafür fehlt. Sie haben meist mit Haushalt, Arbeit und eventuell noch Kindern und Hobbys so viel um die Ohren, dass ihnen nicht mehr die Zeit bleibt ein Tagebuch zu führen. Dementsprechend gibt es sehr wahrscheinlich weniger Erwachsene als Kinder beziehungsweise Jugendliche, die ein Tagebuch führen.

Ich habe früher als Kind Tagebuch geschrieben aber das habe ich überwiegend dann gemacht, um Gefühle zu verarbeiten zum Beispiel. Als Kind möchte man nicht alles mit seinen Eltern besprechen und wenn die Geschwister nicht im selben Alter sind, kann man sich auch nicht wirklich an die wenden. Mit Freunden spielt man ja eher bis zu einem bestimmten Alter und spricht nicht unbedingt über Probleme.

Ich denke, dass sich das Interesse, Tagebuch zu führen, einfach erledigt wenn man in ein Alter kommt, wo man lernt, sich über Probleme mit den engsten Freunden oder dem Partner auszutauschen und dass man eben nicht alleine ist. So war das zum Beispiel bei mir. Ich teile meinen Kummer und meine Sorgen, aber auch meine Freude lieber mit den engsten Freunden und meinem Partner, sodass ich es als überflüssig erachte, es für ein Tagebuch niederzuschreiben.