Warum scheitern die meisten Abnehmversuche?
Viele Menschen unternehmen Abnehmversuche, aber die meisten davon werden bestimmt auch scheitern. Kennt ihr solche Misserfolge auch und was sind denn eurer Meinung nach, die häufigsten Ursachen dafür? Liegt es oftmals an der mangelnden Disziplin oder Ausdauer, sind die Abnehmziele zu unrealistisch oder war vielleicht auch der Abnehmwille ungenügend ausgeprägt? Welche Erfahrungen habt ihr denn und welche Gründe würden euch denn noch einfallen?
Das liegt einfach daran, dass die meisten Menschen eine Diät machen. Denken wir das doch mal logisch durch. Du bist übergewichtig weil du dich falsch ernährt hast. Jetzt machst du eine Diät, nimmst natürlich Gewicht ab, und kehrst dann zu deiner alten Ernährungsweise zurück. Wir erinnern uns, das war die Ernährungsweise, die dich dick gemacht hat. Aus welchem Grund sollte das gleiche Verhalten jetzt zu einem anderen Ergebnis führen?
Dazu kommt dann natürlich auch noch, dass in vielen Diäten vor allem Muskelmasse abgebaut wird und was zurück bleibt ist das Fettgewebe, das weniger Energie braucht. Dann verlangsamt sich noch der Stoffwechsel wenn man das Diätspiel oft genug durchgespielt hat. Sprich, du nimmst noch schneller wieder zu nach der Diät und die Diäten sind irgendwann auch nicht mehr so erfolgreich.
Eigentlich sollten diese Zusammenhänge inzwischen jedem klar sein, weil sie ja nicht wirklich schwer zu verstehen sind, aber das ist natürlich nicht im Sinne der Diätindustrie. Diäten funktionieren dann für die Industrie wenn sie für die Kunden nicht funktionieren. An Menschen, die ihre Ernährung und Gewohnheiten dauerhaft umstellen verdient man nichts. Und an Menschen, die nicht mehrere Kilogramm pro Woche abnehmen wollen sondern mit einem kontinuierlichen aber geringen Gewichtsverlust über Monate hinweg zufrieden sind verdient man auch nichts.
Ich mache primär zwei Faktoren dafür verantwortlich, dass Diäten so oft scheitern - und das sind einerseits unrealistische Vorstellungen bezüglich der Möglichkeiten und Grenzen der Einflussnahme auf den eigenen Körper und zum anderen das Denken in zu kurzen zeitlichen Dimensionen.
Punkt zwei ist sicher schnell erklärt. Allein schon der Anblick von Fitness-DVDs mit Titeln wie „Schlank in 30 Tagen“ lässt mich die Augen verdrehen. Wer 25 Jahre lang übergewichtig war und keinerlei Sport getrieben hat, kann nicht erwarten, nach 30 Tagen die gleiche Figur zu haben wie das Instagram-Fitnessidol auf dem Cover - selbst, wenn er alle Tipps berücksichtigt und sich gewissenhaft täglich zum Training motiviert. Ich habe auch mal ein tägliches 30-Minuten-Workout begonnen, das ursprünglich als 30-Tages-Challenge angedacht war, und die ersten marginal sichtbaren Erfolge nach etwa 90 Tagen verzeichnet. Gut Ding braucht nunmal Weile, und wer sich zu schnell durch diesen Umstand frustrieren lässt, der bricht sein Vorhaben nunmal auch vorschnell wieder ab. Das gleiche gilt für Nahrungsrestriktionen aller Art. Crash-Diäten führen zwar kurzfristig zu einem Knick in der Gewichtskurve, aber sind anfällig für den Jo-Jo-Effekt. Langfristige Erfolge hingegen sind stabiler, wenn die Abnahme über einen langen Zeitraum Stück für Stück um einige 100 g pro Woche passiert.
Hier kommt dann auch der Übergang zu Punkt eins, denn der überwiegende Teil der Menschen, die eine Diät beginnen, haben schlichtweg unzureichendes Wissen über die menschliche Physiologie, den Stoffwechsel und die Nährstoffverarbeitung. Viele folgen dem Irrglauben, man müsste nur radikal die „bösen Fette“ und „bösen Kohlenhydrate“ aus seinem Speiseplan streichen und wäre dann ruckzuck schlank und rank, ignorieren aber völlig, dass jede der Nährstoffkategorien ihre eigenen wichtigen Funktionen für den Körper erfüllt und ein absoluter Mangel daran das genaue Gegenteil dessen bewirkt, was erreicht werden soll - nämlich ein Zurückfahren des Stoffwechsels auf Sparflamme mit der Konsequenz, dass Kalorien weniger statt mehr verbrannt werden. Auch ein zu schneller Absturz des Gewichts wirft den Körper in diesen „Hungerstoffwechsel“ hinein und provoziert damit Essattacken, Einlagerungen und andere ungünstige Nebeneffekte.
So schön es auch wäre, die absolute Kontrolle über unsere Biologie zu haben, so unrealistisch ist es auch. Man muss daher für eine effektive Diät auf seinen persönlichen Körper und Stoffwechsel achten und sich nach diesem ausrichten, anstatt irgendwelche Vorgaben und Trainingspläne von Schlankheitsidolen oder Fitness-Gurus zu adaptieren, die möglicherweise völlig ungeeignet für einen selber sind.
Rein gefühlsmäßig würde ich sagen, dass es letzten Endes auf das Durchhaltevermögen ankommt. Wie schon erwähnt, ist es mit einer "Diät" eben nicht getan, bei der man sich x kg herunterhungert und dann wieder weitermacht wie bisher. Ohne eine grundlegende Ernährungsumstellung und Bewegung kann es gar nicht funktionieren, dauerhaft abzunehmen und das Gewicht auch zu halten. Damit sind also nicht Wochen gemeint, sondern - im Prinzip - Jahrzehnte.
Dazu kommt noch, dass wir als Spezies uns schon lange nicht mehr "artgerecht" halten. Unsere Biologie schreit verständlicherweise immer noch nach Fett und Zucker, weil wir im Großen und Ganzen noch so funktionieren wie zu Zeiten, als es schon ein Highlight war, wenn ein Kaninchen in die Falle gegangen ist, und Zucker gab es in Form von Beeren oder Honig ein paar Mal im Jahr. Wenn man das mit dem absoluten Überangebot aller nur denkbaren Lebensmittel und einer gut funktionierenden Werbeindustrie kombiniert, kann ich völlig verstehen, dass es sehr hart ist, wirklich dauerhaft den ganzen Leckereien mehr oder weniger zu "entsagen". Und 20 km zum Wasser- oder Holzholen läuft hierzulande auch keiner mehr.
Und zusätzlich bin ich noch der Meinung, dass der immense gesellschaftliche Druck und die völlig unerreichbaren Schönheitsideale das Problem sogar noch schlimmer machen. Wer einem Ideal hinterherrennt, das vor nicht allzu langer Zeit als "schwindsüchtig" galt oder versucht, einen mittelalten Körper wieder in das Ideal eines kaum pubertären Mädchens zu pressen, "scheitert" natürlich mit seinen Abnehmversuchen, weil sie schlicht unrealistisch sind. Und viele Leute resignieren wohl auch einfach, weil sie in den Augen der Welt nie schlank und schön genug waren, egal, wie sehr sie sich kasteien.
Ich selbst neige ja auch immer eher zur Gewichtszunahme, habe es aber vor Corona eigentlich immer gut geschafft, mein Gewicht zu kontrollieren. Meine Strategie beruht normalerweise nicht auf Diäten, sondern auf dauerhaftem maßvollen Essen in Kombination mit regelmäßigem Sport im Fitness-Studio mit moderatem Krafttraining. Der Muskelaufbau hilft mir normalerweise dabei, den Grundumsatz meines Körper etwas hochzudrehen, was dazu führt, dass ich nicht zunehme.
Wenn man andererseits versucht, sein Gewicht nur mit womöglich strengen Diäten zu reduzieren, ohne gleichzeitig sportlich aktiv zu sein, dann sind diese Versuche meiner Meinung nach meistens zu kurzfristig geplant. Echte Gewichtsreduktion ist ein langfristiges und dauerhaftes Projekt, bei dem es sich lohnt, geduldig zu bleiben und nicht alle paar Tage auf die Waage zu steigen, um hinterher enttäuscht zu sein. Das Gewicht reduziert sich sehr langsam und nicht von einer Woche zur nächsten. Und ich finde, dass körperliche Bewegung keinesfalls fehlen sollte.
Man muss so etwas auch durchziehen und wenn man so an Diäten denkt, dann sind diese oft sehr einseitig gestaltet, mit Verzicht auf Zucker oder was auch immer. Das ist natürlich auch nicht das Wahre und man bekommt schnell Appetit auf bestimmte Lebensmittel. Vor allem ist aber die Umstellung von jetzt auf gleich das, was wohl an den Nerven nagt. Immerhin macht das Gefühl niemand langsam und entwöhnt sich von den ganzen Lebensmitteln, sondern setzt sich einen Tag und dann muss es passieren, sonst hat man versagt und kann eigentlich alles so weiter machen wie bisher. So kann das aber auch nicht funktionieren oder nur, wenn man absolut willensstark ist, das ist man aber nicht, sonst müsste man nicht abnehmen.
Außerdem muss man sich auch mal damit auseinandersetzen wann man solche Dinge isst und sich dann für solche Situationen Alternativen suchen. Wenn ich beispielsweise bei Stress esse, dann muss da ein Ausgleich her und mache ich mir das nicht bewusst, dann scheitert es. Unrealistisch gesetzte Ziele ist aber auch so ein Thema für sich. Wenn ich mir vornehme an einem Tag am besten 10 Kilo abzunehmen, dann ist das nichts, was funktionieren kann und egal wer dafür dann Werbung macht, es geht nun mal nicht und dann ist man wieder frustriert.
Letztendlich müsste man sich als Süchtigen ansehen und sich selber nicht so unter Druck setzen. Langsam eine komplette Umstellung macht doch mehr Sinn, als etwas, was man nicht durchziehen kann, weil man alles sofort will. Man muss sich ganz klar auch mal Gedanken machen und Veränderungen sind nie leicht, das muss man sich vor Augen führen. Die meisten Menschen wollen aber nur und sind nicht bereit auch mal etwas zu ändern im Leben.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass ein Zuviel an Kilos eben nicht immer nur an zu viel oder zu ungesundem Essen liegt, das ist zu einfach gedacht. Es kann auch sein, dass man eine ungünstige Veranlagung hat und dann einfach bei einem ganz normalen und eigentlich gesundem Essverhalten ein paar Kilo mehr hat als man laut BMI haben sollte. dann müsste man, um schlank zu sein, wirklich recht reduziert essen und hätte dann bestimmt irgendwie einen Kampf auszufechten. Ja, es gibt Menschen, die essen wirklich ungesund und bewegen sich zu wenig, aber das erklärt nicht alles.
Auf der anderen Seite frage ich mich auch, ob man nicht ein bisschen Übergewicht akzeptieren sollte, anstatt da nun immer dagegen anzugehen und sich ein schlechtes Gewissen einreden zu müssen. Ich habe den Eindruck, da hat es in unserer Gesellschaft inzwischen einen Sinneswandel gegeben. In den 90ern war es noch schick wirklich schlank zu sein und es galt das dünne Ideal. Wer da Übergewicht hatte, konnte sich gar nicht trauen, mal engere Klamotten zu tragen.
Aber heutzutage kommt mir das anders vor. Ich sehe viele junge Frauen, die auch trotz sichtbarem Übergewicht körperbetont gekleidet sind und sich modisch kleiden. Und da guckt keiner mehr doof und ehrlich gesagt sieht es auch gar nicht schlecht aus. Es gibt zudem "Stars", die Rollenvorbilder sind, wie Adele, Rhianna, Christina Aguilera, Jessica Simpson usw. - gerade die letztgenannten waren ja früher sehr schlank und haben dann zugenommen, sehen aber trotzdem toll aus und zeigen ein neues Selbstbewusstsein von Frauen, die halt nicht mehr in XS passen müssen.
Daher denke ich, man sollte sich auch mal überlegen, ob man sich nicht so akzeptiert wie man ist, anstatt immer einem schlanken Ideal hinterherzurennen, was dann mit lauter Stress verbunden ist, der einen eher fertig mache als im Leben weiter bringt.
Übergewicht ist doch nicht immer die Folge von falscher Ernährung. Da können so viele Faktoren eine Rolle spielen, die erst mal medizinisch abgeklärt werden müssen. Erst danach kann man sagen, dass entsprechende Änderungen im Leben vorgenommen werden können. Zudem gibt es ja auch Medikamente, die eine Gewichtszunahme mit sich bringen. Die darf man ja auch nicht einfach mal so absetzen.
Ansonsten sehe ich vor allem bei einer Ernährungsumstellung, dass Problem, dass sich Ernährung und Job nicht unbedingt vereinbaren lassen. Es liegt also nicht immer im Einflussbereich der Person, die Gewicht verlieren will, ob das wirklich funktioniert oder nicht.
Punktedieb hat geschrieben:Es liegt also nicht immer im Einflussbereich der Person, die Gewicht verlieren will, ob das wirklich funktioniert oder nicht.
Das sehe ich auch so. Deswegen ärgert es mich, wenn ich manchmal höre oder lese, dass übergewichtige Menschen sich das selbst zuzuschreiben hätten und einfach nur weniger essen müssten. Aber es spielen mehrere unterschiedliche Faktoren eine Rolle, die man eben nicht alle selbst unter Kontrolle hat. Es geht ja sogar mir so, der normalerweise mit viel Sport das Gewicht einigermaßen im Zaum hält, dass der "natürliche" Trend meines Körpergewichts immer noch oben geht. Sobald ich mit meiner Aufmerksamkeit nachlasse oder aus anderen Gründen zu wenig Gelegenheit zum Sport habe, nehme ich sofort zu.
In meinen Augen scheitern die meisten Abnehmversuche, da keine Routinen in den Alltag implementiert werden. Die meisten Menschen wollen schnelle Erfolge aber denken wenig darüber nach, ob sie diesem Lebensstil dauerhaft nachgehen wollen und können. Diese Erfolge stellen sich zum Teil ein und gehen dann aber aufgrund des Jojo-Effektes wieder verloren. Zum anderen Teil halten die Personen aber gar nicht erst so lange durch, dass sich Effekte einstellen. Hier fehlt dann oft die Motivation, da die Maßnahmen auch viel zu übertrieben sind. Natürlich ist es möglich, von heute auf morgen täglich Sport zu machen. Allerdings werden die meisten Menschen, die vorher gar keinen Sport gemacht haben, sehr schnell frustriert sein und wieder aufgeben.
Meiner Meinung nach sollte das Ziel zunächst nicht ein gewisses Maß sein, sondern die Integration einer Routine. Beispielsweise kann man sich als Ziel vornehmen, dass man über ein halbes Jahr hinweg täglich 10.000 Schritte geht und zusätzlich 2 Mal pro Woche einer moderaten Sportart nachgeht. Auch kann man sich beispielsweise vornehmen, dass man nur einmal in der Woche Süßigkeiten isst oder man täglich frisch kocht. Das kann man sehr gut tracken, auch wenn sich nicht sofort die Zahl auf der Wage verändert. Studien zufolge dauert es circa 66 Tage, bis sich Gewohnheiten etablieren. Gerade wenn man vorher einen sehr ungesunden Lebensstil hatte, kann sich in dieser Zeit bereits einiges tun.
Die meisten Menschen die ich kenne, die wirklich den Prozess in den Fokus gesetzt haben und nicht so sehr auf eine bestimmte Zahl auf der Waage aus waren, haben es auch geschafft, langfristig etwas zu verändern. Die meisten davon könnten sich heutzutage gar keinen anderen Lebensstil mehr vorstellen, weil man mit der Zeit einfach Spaß daran findet und es eben nicht als qualvolle Diät ansieht. Im ersten Schritt ist es dazu aber wichtig, das eigene Bewegungs- und Essverhalten wirklich einmal reflektiert zu überdenken.
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